Norderstedt. Eintracht Norderstedt setzt sich zweistellig beim tapferen Glashütter SV durch. Ein Mittelfeldakteur erzielt die Hälfte der Tore.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Nachdem Juri Marxen, der rechte Verteidiger der Regionalliga-Fußballer von Eintracht Norderstedt, zusammen mit seinem Teamkollegen das Lotto-Pokal-Stadtderby beim Bezirksliga-Club Glashütter SV mit 10:1 (2:0) gewonnen und geduscht hatte, genehmigte er sich erst einmal ein kühles Bier. Allerdings nicht etwa mit seinen Mannschaftskameraden, sondern mit GSV-Torhüter Jonas Büch – und das aus guten Grund.

Die Kicker kennen sich seit vielen Jahren, drückten von der 5. bis zur 12. Klasse gemeinsam die Schulbank und machten 2013 auf dem Heidberg-Gymnasium in Langenhorn das Abitur. Sportlich gingen Marxen und Büch sehr unterschiedliche Wege, aber ihre Freundschaft ist geblieben.

Lotto-Pokal: Schulfreunde sind im Stadtderby für 45 Minuten Gegner

Kein Wunder also, dass beide mit einem Kaltgetränk in der Hand munter herumgeflachsten. „Zehn Gegentore, das nennt man dann wohl eine indiskutable Leistung“, sagte der Juri Marxen augenzwinkernd – wohl wissend, dass sein Kumpel trotz des zweistelligen Ergebnisses eine starke Partie abgeliefert hatte.

Jonas Büch („Ich bin mit mir zufrieden“) stand auch eine halbe Stunde nach dem Schlusspfiff sichtlich unter dem Eindruck des Erlebten. „Für mich und den GSV war das ein ganz besonderes Match, ein 90-minütiger Abstecher auf die große Fußball-Bühne. Ordner und Absperrungen auf dem Parkplatz und am Spielfeldrand, der Ball vor dem Anstoß zwischen Außenlinie und Mittelkreis prominent präsentiert – so etwas haben wir hier noch nie erlebt, davon werden wir auch noch in 20 Jahren unseren Kindern erzählen.“

Vereine spenden die Einnahmen an die Norderstedter Werkstätten

Bodo Wittmann, der Vereinsvorsitzende des Glashütter SV, verabschiedete sich derweil mit einem festen und freundschaftlichen Händedruck von Eintracht-Teammanager Olaf Bösselmann; beide hatten sich darauf geeinigt, die rund um die Pokalbegegnung generierten Einnahmen – es kamen 800 Euro zusammen – an die Norderstedter Werkstätten zu spenden; eine tolle Geste.

Mit dem organisatorischen Ablauf auf der Anlage an der Anlage an der Poppenbütteler Straße war Wittmann zufrieden, mit der Besucherzahl nicht ganz. Und mit dem Wetter schon gar nicht: 15 Minuten vor dem Anpfiff begann es zu regnen.

Nur 300 Fans: Glashütter SV ist über die Zuschauerkulisse enttäuscht

„Nimmt man alles zusammen, also die 245 zahlenden Fans, die Kinder und deren Eltern, die kostenlos dabei sein durften, das Umfeld beider Mannschaften, waren es 300 Zuschauer. Da hatte ich mir schon ein bisschen mehr erhofft. Aber es war für uns trotzdem ein tolles Event.“

Sportlich kam im Stadtderby praktisch keine Spannung auf, denn Eintracht Norderstedt ging schon nach 180 Sekunden durch Michael Gries in Führung. Der zumeist in die eigene Hälfte eingeschnürte GSV wehrte sich vor allem in der ersten Halbzeit tapfer, kassierte bis zur Pause ledig ein weiteres Tor, brach nach dem Seitenwechsel jedoch ein.

Nach der Pause ist jeder Schuss von Eintracht Norderstedt ein Treffer

„Da war dann gefühlt jeder Schuss ein Treffer“, sagte Glashüttes Co-Trainer Kevin Strominski, der die Mannschaft für den urlaubenden André Menzel coachte. „Wir hatten uns vorgenommen, solang wie möglich die Null zu halten. Das ist uns zwar nicht gelungen, aber bis zur Pause war ich mit unserer Defensivarbeit sehr zufrieden. Nach dem Seitenwechsel hat sich dann die Qualität unseres Gegner immer mehr durchgesetzt.“

Nicht zuletzt deshalb, weil Eintracht-Übungsleiter Olufemi Smith in der Kabine von seiner Truppe eine konsequentere Chancenverwertung forderte. „Ich musste dabei nicht laut werden“, sagte er, „die Jungs wussten ja selbst ganz genau, dass sie es es versäumt hatten, frühzeitig weitere Tore nachzulegen.“

Mittelfeldspieler Jonas Behounek erzielt fünf Tore für die Gäste

Das holte der Favorit nun nach. Mit gutem Beispiel ging dabei Mittelfeldspieler Jonas Behounek voran. Er stahl den Eintracht-Stürmern die Show und netzte in der 48., 54., 68., 73. und 84. Minute fünfmal ein.

Der wohl glücklichste Akteur auf dem Kunstrasen war allerdings ein Glashütter Akteur: Moritz Scholz gelang der umjubelte Ehrentreffer der Hausherren zum zwischenzeitlichen 1:9 (83.). Scholz profitierte dabei von einer Unaufmerksamkeit der Norderstedter Hintermannschaft, die ihn nach einem langen Pass aus der GSV-Hälfte frei auf Keeper Arne Exner zulaufen ließ – und der Linksverteidiger nutzte die Möglichkeit zum Tor seines Lebens nervenstark aus. „Nervös war ich beim Abschluss nicht“, sagte er kess, „so ein Ding muss man dann auch mal reinmachen.“

Eintracht-Trainerteam bestimmt Ersin Zehir zum Mannschaftskapitän

Als entscheidungsfreudig erwies sich übrigens auch das Trainerteam von Eintracht Norderstedt: Es bestimmte vor dem ungleichen Pokalduell Neuzugang Ersin Zehir zum Mannschaftskapitän für die Saison 2023/2024. Seine Vertreter als Spielführer sind Juri Marxen und Philipp Koch.

Der Ehrentreffer für den Glashütter SV: Moritz Scholz erzielt in der 83. Minute das umjubelte 1:9.
Der Ehrentreffer für den Glashütter SV: Moritz Scholz erzielt in der 83. Minute das umjubelte 1:9. © Unbekannt | noveski.com

Lotto-Pokal: Die Höhepunkte des Norderstedter Stadtderbys

2. Minute: Schock für den Glashütter SV, Traumstart für Eintracht Norderstedt. Nach einer Ecke von Dane Kummerfeld scheitert Manuel Brendel zunächst per Kopf an GSV-Keeper Jonas Büch, Michael Gries drückt den Ball zum 0:1 über die Linie.

23. Minute: Ein Distanzschuss von Eintracht-Linksverteidger Kummerfeld knallt an den linken Pfosten. Kurz darauf tankt sich Nick Gutmann durch, legt zurück auf Brendel, der jedoch am starken Keeper Büch scheitert.

26./29./30. Minute: Erneut rettet Jonas Büch, diesmal gegen Gries sowie Brendel. Den platzierten Freistoß von Philipp Koch aus 20 Metern pariert er ebenfalls glänzend.

37. Minute: Das wegen der vielen Chancen überfällige 0:2. Eintracht-Rechtsverteidiger Juri Marxen flankt präzise auf Gutmann, der den Ball per Flugkopfball über die Linie befördert.

43. Minute: Die nächste Großtat von Torhüter Büch, der einen 18-Meter-Schuss von Kummerfeld über die Latte lenkt. Der defensiv geschickt agierende Glashütter SV bleibt offensiv harmlos, hat in der ersten Halbzeit keine einzige hochkarätige Möglichkeit.

47. Minute: Ein ähnlicher Auftakt wie zu Beginn der Partie. Michael Gries trifft aus elf Metern, es steht 0:3.

48. Minute: Der Regionalligist nimmt Fahrt auf; Mittelfeldakteur Jonas Behounek erhöht auf 0:4.

54./56. Minute: Das 0:5 und 0:6. Behounek und Mannschaftskapitän Ersin Zehir bauen den Vorsprung der überlegenen Gäste weiter aus.

61. Minute: Jetzt wird es doch sehr deutlich. Eintracht-Innenverteidiger Kevin Kling verlängert einen verunglückten Schuss von Zehir per Kopf zum 0:7.

68./73. Minute: Jonas Behounek markiert mit Hilfe des Pfostens zunächst das 0:8 und drückt den Ball kurz darauf zum 0:9 über die Linie.

79. Minute: Der für Manuel Brendel eingewechselte Kevin von Anhalt köpft die Kugel an die Latte.

83. Minute: Riesenjubel beim Glashütter SV über das 1:9. Linksverteidiger Moritz Scholz steht nach einem langen Pass allein auf weiter Flur, läuft mit dem Ball am Fuß einige Meter und überwindet Eintracht-Schlussmann Arne Exner.

84. Minute: Jonas Behounek trifft mit seinem fünften Tor zum Endstand von 1:10

Glashütter SV: J. Büch – Nasrachvili (52. Bähr), Drescher, Jami (46. Boehden), Schreiber, Scholz – Spincke (65. Behanzin), Sharifzadeh, R. Büch (66. Ramadani), Rataj (46. Hauff) – Haase.Eintracht Norderstedt: Exner – Marxen (46. Musse), Frahm, Kling, Kummerfeld – Koch – Gries (62. Brüning), Behounek, Zehir (62. Bölter), Gutmann (62. Selutin) – Brendel (46. von Anhalt).