Norderstedt. Spieler und Verantwortliche sprechen Klartext. Dem Verein entgeht die Chance auf über 200.000 Euro. Warum der Trainer fehlte.
Die Webseite des Fußball-Regionalligisten Eintracht Norderstedt verzichtete am Dienstagabend auf weichgespülte diplomatische Verrenkungen. „Auch mehrere Glühweine, Bier und Caipirinhas machen es irgendwie nicht besser... es fühlt sich scheiße an. Richtig, richtig scheiße“, kommentierte die Social-Media-Abteilung der Garstedter das Ausscheiden im Lotto-Pokal-Achtelfinale beim Oberligisten HEBC. „Das Ergebnis ist für uns der klassische Pokal-Super-GAU“, kommentierte Eintrachts Cheftrainer für einen Abend, Max Krause, das 2:5 nach Elfmeterschießen. „Uns allen tut diese Niederlage sehr weh. Mir auch noch deshalb, weil ich einen Elfmeter verschossen habe, was mir für das Team leidtut“, sagte Kapitän Juri Marxen.
Gar etwas Surreales hatte der Abend für den eigentlichen Chefcoach Olufemi Smith. Im Rahmen einer Präsenzphase seines Trainer-Lehrgangs in Frankfurt besuchte er das DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen Eintracht Frankfurt und dem SV Darmstadt 98. Kurz nachdem im Hessen-Derby vor enthusiastischen 49.500 Zuschauern im Deutsche Bank-Park um 20.45 Uhr der Fight um den Einzug ins Viertelfinale angepfiffen wurde, platzte der Hamburger Pokaltraum der Eintracht vor 400 Fans auf dem Kunstrasen des Reinmüller-Platzes. „Ich war am Ticker dabei, und natürlich hat sich das im Stadion nicht gut angefühlt. Unser Ausscheiden ist tragisch und bitter“, sagte Smith am Tag danach.
Eintracht Norderstedt: So reagiert der Regionalligist auf die Pokal-Pleite
Am heutigen Donnerstag wird er wieder zur Mannschaft stoßen. Eine Diskussion darüber, ob das frühe Verfehlen des größten Saisonziels mit seiner Abwesenheit zu tun hatte, erstickte sein Assistent und Vertreter Max Krause nach dem Abpfiff umgehend. „Daran lag es nicht. Wir im Trainerteam haben uns mit Femi intensiv abgesprochen und die Mannschaft gemeinsam bestmöglich auf die Aufgabe beim HEBC vorbereitet.“
Krause nahm vielmehr das Team in die Pflicht. Zwar führte er die schwierigen Umstände – ein heißer, sehr kampfbereiter, gut vorbereiteter Gegner und ein angefrorener Kunstrasen – als Milderungsgrund an, fügte aber vielsagend an: „Wir haben die Grundtugenden teilweise geliefert.“ In dieselbe Kerbe schlug Spielführer Marxen. „Wir haben zu viele Zweikämpfe und zweite Bälle verloren“, sagte der Außenbahnspieler. Und: „Wir hatten trotzdem die Möglichkeiten, dreckig mit 2:1 zu gewinnen. Wir haben sie aber nicht genutzt.“
Zwei Spieler vergeben ihre Elfmeter – HEBC verwandelt viermal
Im Elfmeterschießen schossen Marxen und Jan-Pelle Hoppe (Parade von HEBC-Keeper Patrick Meins) schließlich nur die Fahrkarten zum Favoritenfriedhof. Zuletzt dermaßen früh gescheitert war die Eintracht im Hamburger Pokalwettbewerb zuletzt am 3. Oktober 2017. Der beim Oberligisten Niendorfer TSV mühsam errungene 6:4-Sieg nach Elfmeterschießen wurde damals wegen eines irregulären Einsatzes von Philipp Koch annulliert. Damals hatte es nach 120 Minuten 2:2 gestanden. Diesmal – durch die Treffer von Eintrachts Cemal Sezer (18.) und HEBC-Akteur Fabian Lemke (38.) – nach nur 90 Minuten 1:1.
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Eine Verlängerung im Pokal, die tendenziell der klassenhöheren Mannschaft zugute kommt, wurde im Zuge der Corona-Pandemie zur Saison 2020/2021 gestrichen. Eine Wiedereinführung ist unwahrscheinlich, da der Spielausschuss des Hamburger Fußball-Verbandes die Entscheidung darüber den Vereinen überlassen will. Die vielen im Pokalfeld vertretenen Außenseiter werden höchstwahrscheinlich für ein Elfmeterschießen nach 90 Minuten plädieren.
Im Lotto-Pokal gibt es keine Verlängerung
Der Weg zum Pokalsieg bleibt künftig also schwer. Dabei ist der Triumph mittlerweile umso begehrenswerter. Neben dem Renommee, Hamburg in der ersten Runde des DFB-Pokals zu vertreten, ist das Startgeld für den bundesweiten Wettbewerb deutlich erhöht worden. In dieser Pokalsaison erhielten alle Erstrundenteilnehmer statt wie in der Vorsaison 128.757 Euro satte 209.247 Euro. Ein riesiger Batzen Geld, den die Garstedter vorzeitig abschreiben müssen.
Nun stellt sich die Aufgabe, die Pleite beim HEBC auf- und die Enttäuschung zu verarbeiten – und die bisher so starke Saison in der Regionalliga Nord nicht ins Trudeln geraten zu lassen. „Wir sind aktuell Sechster und wollen wieder in die Top 5“, sagt Kapitän Marxen.
Eintracht Norderstedt: Am Sonntag kommt Kickers Emden
„Wir sind ein Team und müssen da jetzt gemeinsam durch.“ Ins gleiche Horn stößt Olufemi Smith. „Ich glaube nicht, dass dieses Aus im Pokal Auswirkungen auf den weiteren Saisonverlauf haben wird. Wir haben in der Regionalliga Nord hohe Ziele und wollen diese unverändert erreichen.“
In dieser Situation kommt der nächste Gegner vielleicht genau zur richtigen Zeit. Es ist der abgeschlagene und quasi schon abgestiegene Tabellenletzte Kickers Emden (So., 14 Uhr, Edmund-Plambeck-Stadion). Im Hinspiel siegte die Eintracht souverän mit 3:0. Es war der erste Saisonsieg in der Regionalliga Nord und der Beginn einer überaus starken ersten Halbjahresserie. An zusätzlicher Motivation, ihre wahre Stärke mit einem klaren Sieg unter Beweis zu stellen, dürfte es den Spielern von Eintracht Norderstedt aktuell wahrlich nicht mangeln.