Norderstedt. Der DFB hat den Coach von Eintracht Norderstedt für den Pro-Lizenz-Lehrgang zugelassen. Was das für den Trainingsalltag bedeutet.
Als ihn die Nachricht erreichte, wusste Eintracht Norderstedts Trainer Olufemi Smith, was er zu tun hatte. „Ich habe mich bei der Mannschaft bedankt. Sie hat mir das durch ihre Leistungen erst ermöglicht“, sagt der 44 Jahre alte Coach des Regionalligisten, der seine Ausbildung zum Fußballlehrer – den Pro-Lizenz-Lehrgang am DFB-Campus in Frankfurt am Main, beginnen durfte.
Seit dem 9. April 2019 ist Smith bei der Eintracht. Bis Sommer 2022 als gleichberechtigter Trainer im Gespann mit dem zeitgleich verpflichteten Coach Jens Martens (67), seit etwas über einem halben Jahr als verantwortlicher Chefcoach.
Eintracht Norderstedt: Zwölf Monate Doppelbelastung für den Coach
Den Klassenerhalt 2019 sowie darauffolgend einen fast beständig starken Punkteschnitt in der Regionalliga Nord plus zwei Siegen im Hamburger Lotto-Pokal erreichte das Duo Martens/Smith gemeinsam. Zur starken Hinserie dieser Saison, die das Team mit 30 Punkten aus 19 Spielen auf Rang fünf führte, trug Smith seinen Teil als Cheftrainer bei.
Schon zu Beginn seines Engagements war klar: Olufemi Smith will als Trainer in den Profibereich. Doch wie groß wird die Herausforderung, die nun auf ihn zukommt? Immerhin dauert die Ausbildung für die höchste Trainerlizenz im deutschen Fußball zwölf Monate. Wird Smith noch genügend Zeit für seine Truppe haben? Oder wird die Erfolgsserie von Eintracht Norderstedt durch die Abwesenheit des Chefcoachs gestört?
18 Präsenzphasen von Montag bis Mittwoch in Frankfurt/Main
„Ich kann mich auf mein Trainerteam absolut verlassen, wenn ich nicht da bin. Und die Reform des Lehrgangs ist ein Vorteil“, sagt Smith. In 18 sogenannten Präsenzphasen von Montag bis Mittwoch herrscht für ihn Anwesenheitspflicht in der Mainmetropole; einige davon fallen aber in die spielfreie Zeit.
Das Pauken der Kursinhalte in den vier Modulen „Ich“, „Spiel und Spieler*in“, „Organisation“ und „System Fußball“ sowie die nötigen Praktika bei Proficlubs werden Olufemi Smith im Ligabetrieb im Schnitt nur einmal im Monat für drei Tage von seiner Mannschaft fernhalten. Ein Teil des Lernstoffs wird zeitgemäß online vermittelt.
Smiths Assistenten müssen ein Jahr lang mehr Verantwortung tragen
In Kraft gesetzt wurde das neue Konzept im Jahr 2022. Über die kommenden Belastungen hat Smith gleichwohl mit seinem Trainerteam und der Mannschaft gesprochen. Auf die Assistenten Marius Ebbers und Max Krause kommt in dieser Zeit mehr Verantwortung zu. Der Chefcoach hat alle Beteiligten ermahnt, keinesfalls die Zügel schleifen zu lassen, wenn er nicht vor Ort ist.
Andere Trainergenerationen waren schlechter dran. Der heutige Sportchef des schleswig-holsteinischen Oberligisten SV Todesfelde, Jens Martens, machte seine Fußballlehrer-Lizenz im Jahr 1988. „Sieben Monate lang herrschte Anwesenheitspflicht in Köln von Montag um
10 Uhr bis Freitag um 12 Uhr. Ich war damals Spielertrainer beim Itzehoer SV. Es war alles extrem anstrengend und nur mit einem guten Zeitmanagement und einem sehr guten Trainerteam zu bewältigen.“
Auch Jens Martens und Thomas Seeliger sind Fußballlehrer
Auch die Bilder des übernächtigt wirkenden Ex-St.-Pauli-Trainers Holger Stanislawski (53) sind legendär. „Stani“ baute seinen Trainerschein in der Spielzeit 2008/2009 in Köln als Jahrgangsbester, bis zum Donnerstagabend herrschte eine viertägige Anwesenheitspflicht. Parallel trainierte er den FC St. Pauli in der2. Bundesliga mit Erfolg weiter.
Ebenfalls nicht aufhalten ließ sich ein früherer Coach von Eintracht Norderstedt. Thomas Seeliger (56) meisterte in der Saison 2014/2015 die Doppelbelastung seiner zehnmonatigen Ausbildung zum Fußballlehrer in Hennef und etablierte die Eintracht in der Regionalliga Nord.
Die 19.000 Euro für den Kurs muss Smith aus eigener Tasche zahlen
Was manchmal übersehen wird: Wer in Deutschland Profitrainer werden will, muss tief ins Portemonnaie greifen. Martens bezahlte für seine Fußballlehrer-Lizenz 4000 D-Mark, Seeliger 9000 Euro. Smith ist mit 19.000 Euro dabei. Hinzu kommen die Reisekosten.
Für den aktuellen Eintracht-Coach, der 2008 bei der TV-Sendung „Schlag den Raab“ 2,5 Millionen Euro gewann, ist das kein großes Problem. Dennoch sieht er den Punkt reflektiert: „Man könnte auf den Gedanken kommen, dass über den Preis Selektion betrieben wird. Nicht jeder talentierte Trainer kann sich eine solche Summe leisten. Andererseits ist die Ausbildung auch extrem hochwertig, womit sich die hohen Kosten erklären.“
Eintracht Norderstedt: Im Sommer gab’s ein Angebot aus Paderborn
Jens Martens wird deutlicher. „Der DFB rühmt sich stets damit, die Basis und die Amateure zu stärken. Dann darf der Verband aber nicht eine solche Auslese über den Preis der Trainerausbildung möglich machen.“ Immerhin: Wer den Sprung zum Profitrainer im deutschen Fußball schafft, dem winkt ein sehr guter Verdienst.
Olufemi Smith hätte diesen übrigens schon haben können. Wie er auf Abendblatt-Nachfrage bestätigte, lag ihm vor Saisonbeginn ein Angebot des Zweitligisten SC Paderborn vor, dort als Co-Trainer einzusteigen.
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„Es gab einen losen ersten Kontakt mit Coach Lukas Kwasniok. Aber das war leider zu kurzfristig, ich wollte nicht kurz vor Beginn meiner Tätigkeit als Cheftrainer in Norderstedt den Verein wechseln. Lukas und ich sind absolut im Guten auseinandergegangen“, sagt Smith.
Er zog es stattdessen vor, sich erst einmal bei der Eintracht weiterzuentwickeln – und hat vor Kurzem seinen Vertrag bis zum 30. Juni 2024 verlängert.
Die 16 Teilnehmer
Olufemi Smith (Eintracht Norderstedt),Fabian Adelmann
(FC Energie Cottbus), Timm Fahrion (1. FC Heidenheim), Dario Fossi (VfB Oldenburg), Christian Gmünder (1. FC Schweinfurt), Leonhard Haas (RB Salzburg), Miroslav Jagatic (Chemie Leipzig), Oliver Kirch (Hamburger SV), Matthias Mincu (ehemals 1. FC Magdeburg), Eugen Polanski (Borussia Mönchengladbach), Stefan Reisinger (TSV 1860 München), Jonas Scheuermann (FC Augsburg), Julian Schuster (SC Freiburg), Tommy Stroot
(VfL Wolfsburg), Moritz Volz (Galatasaray Istanbul), Willi Weiße (Dynamo Dresden).