Wahlstedt. Emanuel Fernando Bento de Lima hat mit 29 Jahren seine Fußballkarriere beendet. Warum er stattdessen Party-Schlager singt.

Als Emanuel Fernando Bento de Lima verkündete, seine Fußballschuhe gegen ein Mikrofon einzutauschen, wurde das von mancher Seite als naiv belächelt. Nur einen Monat später hat der
29 Jahre alte Wahlstedter als Party-Schlagersänger seinen ersten Song veröffentlicht, auf Mallorca seinen ersten Gig vor mitsingenden Urlaubern gegeben, kurzum, die ersten Seiten eines Schlager-Märchens geschrieben. Von „Tofe“ nach „Malle“, vom Joda-Sportpark in den Bierkönig, oder, wie es seine Plattenfirma vermarktet: Vom Bolzplatz zum Ballermann.

Bento, der fast sein gesamtes Leben lang im Kreis Segeberg wohnt und vielen noch als ambitionierter Mittelfeldspieler im semiprofessionellen Bereich bekannt ist, hatte lange Zeit überhaupt keinen Kontakt zur Schlagermusik. Das änderte sich erst in der Umkleidekabine des SV Todesfelde.

Party-Schlager statt Oberliga: Im Sommer 2019 ging’s los

Vor und nach den Oberligaspielen dröhnen dort die Party-Klassiker aus den Boxen. Im Sommer 2019, während der Mannschaftsfahrt nach Mallorca, habe ihn „das Gefühl dann endgültig gecatcht“, erinnert sich Bento. Er verliebte sich in die Musik und in das bunte Treiben am Ballermann.

„Wir Deutschen sind ja so“, sagt der Deutsch-Portugiese, „Arbeit steht über allem, wir sind grimmig. Aber auf Mallorca kam es mir sofort vor wie auf einem Dorf. Jeder hat sich gegrüßt, jeder hat jeden umarmt.“ Das habe ihn motiviert, Musik zu machen, „für Leute, die abschalten und Glücksgefühle wollen.“

Das Komponieren hat sich Bento selbst beigebracht

Also begann er, an Liedern zu arbeiten. Hilfe bekam er von seinem Bruder. Die beiden wuchsen in einem musikalischen Elternhaus in Wahlstedt auf, Emanuel lernte früh Schlagzeug. Schlager zu komponieren musste er sich erst mal selbst beibringen. Dafür genügte zunächst das Handy. Wenn ihm eine Melodie einfiel, öffnete er die Sprachnotizen-App und trällerte einfach drauflos.

Manche Idee kam ihm beim Autofahren. Dann ging alles ganz schnell. Eigeninitiativ schrieb er einem Manager, der täglich Dutzende Mails bekommt. Es war Zufall, dass dieser sich den Fußballer ohne Schlager-Referenzen mal genauer anschaute.

Vertrag beim Major-Label Warner Music

Bento machte mit einem Produzenten in professionellen Tonstudios aus seinen Handy-Aufnahmen echte Lieder, bekam einen Vertrag beim Major-Label Warner Music, einen Social-Media-Auftritt und seine erste Single-Veröffentlichung. Musikalisch sei ihm wichtig, der Schlager-Szene seine eigene Note hinzuzufügen, erzählt Bento. Auch deshalb werde er zumindest zu Beginn seiner Musiker-Laufbahn ausschließlich Lieder veröffentlichen, die „zu 100 Prozent“ aus der eigenen oder der Feder seines Bruders stammen.

Mit Fußball-Oberligist SV Todesfelde gewann der technisch versierte Mittelfeldspieler (l.) alle wichtigen Titel auf Landesebene.
Mit Fußball-Oberligist SV Todesfelde gewann der technisch versierte Mittelfeldspieler (l.) alle wichtigen Titel auf Landesebene. © Unbekannt | Thomas Jaklitsch

„Ich möchte meinen ganz eigenen Style einbringen“, sagte er, poppiger als viele Kollegen will er klingen. In den Strophen auf einer Welle reiten, im Refrain den Höhepunkt erreichen. Tatsächlich ist Emanuel Bentos erster Song ein echter Ohrwurm. Der Text? Nun ja, Mallorca-Schlager eben. Im Refrain heißt es: „Hardcore breit/Scheiß auf die Promille/Unser letzter Wille: Wir kippen noch mal nach.“

„Hardcore Breit“ ist auf Streaming-Portalen verfügbar

Reflektierte Abhandlungen über die Gefahren übermäßigen Alkoholkonsums braucht man auf „Malle“ nicht zu erwarten, folglich auch nicht in Bentos Strophen: „Wir sind hart am Glas, saufen immer schneller/Trinken die ganze Nacht, draußen wird es heller.“ Und damit es auch immer weitergehen kann: „Konterbier zum Sichergehen/Der Rat meines Vaters.“

Das Lied ist auf allen gängigen Streaming-Portalen verfügbar, wurde allein auf Spotify schon 30.000-mal abgespielt. Ein Video soll zeitnah folgen. Seinen ersten Auftritt, und das ist alles andere als selbstverständlich für einen absoluten Newcomer, hat Bento schon hinter sich, und das auf einer prominenten Bühne: Am vergangenen Wochenende durfte er zur Primetime bei der Saisoneröffnung im Bierkönig in Palma de Mallorca performen. Dreimal gab er „Hardcore Breit“ zum Besten, dazu ein Medley aus bekannten Ballermann-Songs. Auf Videos ist zu sehen, wie die Masse direkt mitsingt.

Reich wird man mit Auftritten am Ballermann nicht

„Kurz vor dem Auftritt ging der Puls richtig in den Hals“, schildert der Sänger seine Nervosität, die schnell der Euphorie wich: „Es war ein schönes Gefühl, wie die Leute angenommen haben, was ich selbst zu Hause kreiert habe.“

Reich wird man mit gelegentlichen Auftritten am Ballermann übrigens nicht. Das Geld, erzählt Bento, lässt sich eher in Deutschland verdienen, sofern die Lieder auch unabhängig von der Jahreszeit funktionieren. Daran will er nun arbeiten, um eines Tages von der Musik leben zu können.

Party-Schlager statt Oberliga: Für zwei Hobbys fehlt die Zeit

Aktuell arbeitet er als Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Firma Joda. Kürzlich hat er in Wahlstedt gebaut, lebt dort mit Ehefrau und Tochter. Für zwei große Hobbys reichte die Zeit nicht mehr, weshalb sich Bento während der laufenden Fußballsaison und im besten Alter für das Ende seiner Sportlerlaufbahn entschied – schweren Herzens.

Beim SV Todesfelde gehörte der begnadete Techniker zu den absoluten Leistungsträgern, gewann mit dem Dorfverein alle wichtigen Titel auf Landesebene und schaffte sogar die Qualifikation für den DFB-Pokal. 2020 verpasste der krasse Außenseiter beim 0:1 gegen den VfL Osnabrück nur knapp eine Sensation.

„Es waren sechs tolle Jahre“, sagt Bento über seine Zeit beim SVT. „Im Moment fühlt sich die Entscheidung richtig an, aber im Sommer werde ich es wahrscheinlich schon sehr vermissen, den Sport und das Miteinander.“ Übrigens: Auch wenn er nicht mehr zur Mannschaft gehört, ist Emanuel Fernando Bento de Lima in der Todesfelder Kabine allgegenwärtig. Denn wo Party-Schlager aus den Boxen knallen, darf „Hardcore Breit“ natürlich nicht fehlen...