Norderstedt. Die Nullnummer des Regionalligisten im Heimspiel gegen Schlusslicht Kickers Emden macht eine verkorkste Woche perfekt.

In der 50. Spielminute fasste eine misslungene Aktion von Trainer Olufemi Smith das torlose Remis von Eintracht Norderstedt gegen den Tabellenletzten der Regionalliga Nord, Aufsteiger Kickers Emden, perfekt zusammen. Smith wollte aus der Coaching-Zone heraus einen dort liegenden Ball einem seiner Schützlinge zur Ausführung einer Ecke zuspielen. Er traf nur den Verbandskasten. Die Kugel rollte wieder zurück. Zu diesem Zeitpunkt ahnten viele der 360 Fans im Edmund-Plambeck-Stadion längst: Hier geht heute nichts. Einige davon waren durchaus sauer. Wie ein Anhänger nahe der Interviewzone, der unmittelbar nach dem Abpfiff wütend auf einen Ordner einredete: „Wie kann man nur gegen einen solchen Gegner fünf Großchancen zulassen?“

Eintracht Norderstedt: 0:0 – Tristesse statt Spielfreude

Goutiert hätte er vermutlich zumindest, hätte er das Stadion nicht fluchtartig verlassen, die sehr selbstkritische Aufarbeitung dieser wenig ansehnlichen Leistung als Höhepunkt einer verkorksten Woche. „Wir haben nicht geliefert, was wir liefern müssen. Das war heute nichts“, ärgerte sich Torwart Lars Huxsohl nach seinem 100. Regionalligaspiel. Für ihn persönlich galt das nicht. In der ersten Hälfte entschärfte der Keeper drei Eins-gegen-Eins-Situationen gegen Emdens Ilyas Bircan (20., 28.) und Marc Augé (38.) mit überragenden Paraden.

„Mehr als einen Punkt hatten wir heute nicht verdient“, fasste Rico Bork die Begegnung zusammen. Der Linksverteidiger hatte wenigstens ab und an seine Füße im Spiel, wenn die Eintracht – selten genug – gefährlich wurde. So auch beim besten Spielzug der Gastgeber, als Marc Bölter zentral aus 16 Metern den Pfosten traf (31.). „Der Punkt für uns war eher glücklich. Wir strotzen momentan nicht gerade vor Selbstvertrauen“, gab der an diesem Tag wirkungslos gebliebene Angreifer Jan Lüneburg zu.

Trainer Olufemi Smith sieht eine „gewisse Verunsicherung“ nach dem Pokal-Aus

Die psychische Ebene griff auch Smith in seiner Analyse auf. „Wenn man sich die Entstehung der Szenen ansieht, die zu den Emdener Großchancen führten, so sieht man, dass eine gewisse Verunsicherung da ist. Das Pokal-Aus beim HEBC war nun einmal seit Dienstagabend Thema, und wir haben es noch nicht so abschütteln können. Deshalb haben wir heute den Turnaround nicht geschafft.“

Dieser fehlende Turnaround schlägt sich somit nieder im vierten sieglosen Spiel in Serie des gleichfalls noch sieglosen Pflichtspieljahres 2023. Die Bilanz dieser Woche: Ein unglückliches, aber verdientes 2:3 beim Hamburger SV II in der Regionalliga Nord, ein sehr schwaches 2:5 nach Elfmeterschießen im Lotto-Pokal-Achtelfinale beim Oberligisten HEBC – und nun mit dem 0:0 gegen das Liga-Schlusslicht Kickers Emden das gleiche Ergebnis wie zum Auftakt in die Regionalliga Nord am 29. Januar daheim gegen den SV Werder Bremen II.

Trainer Olufemi Smith sah eine offensiv weitestgehend sehr harmlose Vorstellung seiner Mannschaft.
Trainer Olufemi Smith sah eine offensiv weitestgehend sehr harmlose Vorstellung seiner Mannschaft. © Unbekannt | noveski.com

Der Eintracht unterlaufen zahlreiche ungewohnte Fehler

„Uns fehlt momentan das positive Selbstverständnis“, fügte Smith noch an. Das Geschehen auf dem Platz hatte er damit treffend beschrieben. Einfache Stock- und merkwürdige Stellungsfehler, wenig Körperspannung, unpassende Laufwege, kaum Passsicherheit und Gefahr im letzten Drittel – die Eintracht kam nicht an ihr vorhandenes spielerisches Potenzial heran. „Die Frische und die Wachheit im Kopf waren nicht da. Gerade die zweiten Bälle gingen häufig an Emden“, hatte Smith erkannt. Was zur Ehrenrettung der Eintracht gesagt werden muss: Emden, in der Winterpause mit mehreren Neuzugängen verstärkt, präsentierte sich zu keinem Zeitpunkt wie ein sicherer Absteiger.

Dazu ist das Fehlen von Elias Saad (jetzt FC St. Pauli) deutlich zu spüren. Seine überraschenden Tore, Vorlagen und Tricks fehlen den Garstedtern. Gleichwohl will sich die Eintracht ab der nächsten Partie beim Bremer SV wieder wie ein Team mit höheren Ambitionen präsentieren. „Unser Anspruch muss ein Platz unter den Top fünf sein. Da standen wir in der Winterpause. Da wollen wir wieder hin“, sagte Bork.

Eintracht Norderstedt: Gegen Bremer SV soll jetzt eine Trendwende her

Seine Kollegen Huxsohl und Lüneburg forderten, als Team müsse man nun „schnell wieder in die Spur kommen“. Chefcoach Smith, der in den nächsten Tagen anders als in der vergangenen Woche nicht beim Trainer-Lehrgang in Frankfurt, sondern komplett bei seinem Team ist, ist da optimistisch. „Es gibt auch Positives. Wir haben in zwei Heimspielen in der Regionalliga kein Tor kassiert. Und haben jetzt eine ganze Woche Zeit, um uns durch gute Aktionen im Training wieder ein gutes Gefühl zu holen, um im Auswärtsspiel beim Bremer SV wieder unser gewohntes Gesicht zu zeigen.“

Die Trendwende soll dort geschafft werden. Zwei kleine Sieglos-Serien in der Regionalliga Nord (einmal vier und einmal fünf Spiele) überwand die Eintracht in dieser Saison bereits. Das Potenzial für eine dritte Wende und eine ebenso starke Rück- wie Hinrunde ist jedenfalls vorhanden. Es muss nur abgerufen werden.

Eintracht Norderstedt: Huxsohl – Marxen, Hildebrandt, Grau, Bork – Bölter – Williams (63. Behounek), Hoppe (63. Dreca) – Choi (69. Brendel), Brüning – Lüneburg. Tore: Fehlanzeige. Zuschauer: 360.