Norderstedt. Trainer Olufemi Smith bewertet das erste Halbjahr in der Regionalliga. Und nennt zwei Kandidaten, die Elias Saad ersetzen könnten.

Am Ende des Jahres hatten die Regionalliga-Fußballer von Eintracht Norderstedt zweimal Pech – glücklicherweise nicht ergebnistechnisch. Sowohl das Punktspiel gegen die SV Drochtersen/Assel als auch das Lotto-Pokal-Match beim HEBC fielen witterungsbedingt aus.

Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt verrät Trainer Olufemi Smith, warum er trotzdem guter Dinge ist.

Eintracht Norderstedt: Gelassene Reaktion auf kurzfristige Absage

Hamburger Abendblatt: Herr Smith, die letzte Trainingswoche in diesem Jahr war für die Katz. Das Achtelfinale im Hamburger Lotto-Pokal auf dem Reinmüller-Platz HEBC ist Schnee, Eis und Kälte zum Opfer gefallen. Dass die Partie erst einen Tag vor dem angesetzten Termin gecancelt wurde, sorgte allerdings für allgemeine Verwunderung. Wie haben die Spieler auf die kurzfristige Absage reagiert?

Olufemi Smith: Weil wettermäßig keine Besserung in Sicht war, hätten sie sich eine frühere Entscheidung gewünscht, um zwei, drei Tage eher in die Weihnachtspause gehen zu können. Aber auch in dieser Situation hat die Truppe Charakter gezeigt; die Jungs sehen den positiven Effekt der zusätzlichen Übungseinheiten und gehen davon aus, dass so der Substanzverlust geringer ist und es deshalb beim Start der Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte nicht ganz so wehtun wird.

Eintracht Norderstedt hat 19 Punktspiele in der Regionalliga Nord absolviert, ist mit
30 Punkten und 35:27 Toren Tabellenfünfter hinter dem VfB Lübeck, dem Hamburger SV II, Hannover 96 II sowie dem SSV Jeddeloh. Wie bewerten Sie das bisherige Abschneiden?

Wenn es richtig rosarot gelaufen wäre, hätten wir sogar noch fünf Zähler mehr auf dem Konto. Aber wir sind einverstanden, wie es gekommen ist. Was die Ergebnisse betrifft, war der Start in die Saison sicherlich nicht optimal. Die Art, wie wir Fußball gespielt haben, ging jedoch von Beginn an in die Richtung, wie mein Trainerteam und ich uns das vorstellen. Das Team hat in im ersten Halbjahr eine gute Entwicklung genommen. Wenn man generell die Ligaspiele und die Leistungen der anderen Clubs betrachtet, stehen wir zu Recht auf Platz fünf. Ich sage bewusst nicht, dass wir zufrieden sind; wir sind ehrgeizige Sportler und haben uns für die Rückrunde ambitionierte Ziele gesteckt. Und ich bin optimistisch, dass wir diese auch erreichen.

Es könnte sechs Absteiger aus der Regionalliga geben

Was bedeutet das konkret? Spielen Sie damit auf die unglaubliche Leistungsdichte in der 19er-Staffel an? Der fünfte Platz nach der ersten Saisonhälfte ist fraglos mehr als respektabel, allerdings auch ein wenig trügerisch. Sollte am Saisonende der schlimmste Fall eintreten und mit dem VfL Osnabrück, dem SV Meppen und dem VfB Oldenburg drei Vereine aus dem Norden aus der 3. Liga absteigen, müssten sechs Teams die Regionalliga verlassen – und der Vorsprung auf Rang 14 beträgt gerade mal fünf Zähler.

Das stimmt, die Mannschaften liegen ex­trem eng beieinander. Aber das war allen, die sich intensiver mit der Regionalliga Nord beschäftigen, vor Saisonbeginn klar. Bislang hat nur Kickers Emden den Anschluss verloren. Und deshalb dürfen wir den Blick nach unten nie verlieren, uns nicht zu sicher fühlen. Unser oberstes Ziel bleibt, auch wenn das vielleicht langweilig klingen mag, so früh wie möglich die Zugehörigkeit zur Regionalliga Nord unter Dach und Fach bringen. Und da befinden wir uns auf einem guten Weg.

Wie viele Punkte wird man denn brauchen, um das rettende Ufer zu erreichen?

Mit 40 Zählern könnte es – anders als in früheren Jahren – eng werden. 45 Punkte sollten reichen, vielleicht auch 42 oder 43. Aber das hängt vom weiteren Verlauf der Serie ab.

Bisherige Höhepunkte: 3:3 gegen HSV II, 1:0 beim VfB Lübeck

Was waren aus Eintracht-Sicht die Saisonhöhepunkte?

Da fällt mir zunächst einmal das 3:3 zu Hause gegen den Hamburger SV II ein. Das war ein schnelles und intensives Match auf hohem Regionalliga-Niveau. Es hat großen Spaß gemacht, von der Seitenlinie aus zu coachen und zuzuschauen, was beide Mannschaften auf den Platz gebracht haben. So gut wie in der ersten Halbzeit habe ich uns selten gesehen; nach der Pause hat dann der HSV gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt. Zweites Highlight war natürlich unser 1:0-Erfolg gegen den VfB Lübeck auf der Lohmühle – einen Auswärtssieg beim Tabellenführer haben bislang nur wir geschafft. Und auch das 3:1 im Edmund-Plambeck-Stadion gegen den SSV Jeddeloh vor zwei Wochen war eine großartige Leistung über 90 Minuten.

Was hat Ihnen nicht so gut gefallen, wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Es gibt in allen Bereichen noch Luft nach oben, um bessere Leistungen zu bringen. Gerade zu Beginn hatten wir Probleme, um uns nach guten Vorstellungen mit entsprechenden Ergebnissen zu belohnen. Sprich: aus den Chancen, die wir kreiert haben, genügend Tore zu machen. Das hat sich später ein wenig in die richtige Richtung entwickelt; die Torausbeute war zwar nicht größer, aber wir waren in der Abwehr stabiler, da haben uns dann auch mal ein oder zwei Tore gereicht, um zu gewinnen. Verbesserungspotenzial sehe ich unter anderem bei Standardsituationen im Offensivbereich. Nach Einwürfen haben wir beispielsweise bislang nur selten gute Lösungen gefunden. Aber es gibt auch noch auf vielen anderen Gebieten Optimierungsbedarf.

Rotationsprinzip von Eintracht Norderstedt hat sich bewährt

Es fällt auf, dass Eintracht Norderstedt bislang fleißig rotiert hat. Immer wieder standen Spieler in der Startformation, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hatte. Was steckt dahinter?

Wir betreiben Leistungssport. Es geht darum, immer diejenigen Jungs aufzustellen, die sich aktuell in der bestmöglichen Verfassung befinden. Mir war gar nicht richtig bewusst, dass wir es nicht geschafft haben, dieselbe Elf zweimal hintereinander aufzubieten. Aber das spielt keine große Rolle. Wir haben einen ausgeglichenen Kader und belohnen grundsätzlich die Spieler, die im Training immer wieder Gas geben und sich anbieten. Es gibt bei uns mehr als elf, zwölf oder 14 Akteure, die gleichwertig sind und um die Stammplätze kämpfen. Bei der Aufstellung müssen außerdem auch noch Sperren, Verletzungen und Formschwankungen berücksichtigt werden. Und zu guter Letzt haben bei einigen personellen Entscheidungen taktische Überlegungen eine Rolle gespielt, um gegnerische Schwächen auszunutzen.

Wie zufrieden sind Sie mit den Neuzugängen?

Wir sind mit jedem Einzelnen, der zu uns gekommen ist, zufrieden. Jeder hat sich auf seine Art ein- und uns als Gruppe weitergebracht. Cemal Sezer und André Wallenborn verfügen über viel Regionalliga-Erfahrung. Und wir haben mit Tjark Hildebrandt, Marc Bölter, Manuel Brendel und Falk Schmidt talentierte Spieler aus der Ober- und sogar der Landesliga geholt, wollen ihnen eine Plattform bieten, um sich weiterzuentwickeln und an die Regionalliga heranzutasten. Es ist aller Ehren wert, wie sich Tjark und Marc ihre ersten Sporen verdient haben. Das ist sehr erfreulich und bestätigt uns auf dem Weg, auf junge Talente zu setzen.

Eintracht Norderstedt: Kommen von Knebel und Gutmann zurück?

Wie will Eintracht Norderstedt den Verlust von Dribbelkünstler Elias Saad kompensieren? Ihr bislang erfolgreichster Torschütze ist ja vor Kurzem vom Zweitligisten FC St. Pauli verpflichtet worden...

Grundsätzlich halten wir Augen und Ohren immer offen, um für den Fall gewappnet zu sein, dass bei uns Leistungsträger länger ausfallen. Klar ist: Wir werden Elias Saad nicht eins zu eins ersetzen können, er ist ja nicht ohne Grund in die 2. Liga gegangen. Aber ich habe vollstes Vertrauen in die Jungs aus unserem aktuellen Kader. Nils Brüning, Kangmin Choi, Jasper Hölscher und auch Juri Marxen haben in der Vergangenheit bewiesen, wie gut sie links und rechts auf den offensiven Außenpositionen spielen können. Außerdem wird der 20 Jahre alte Ayoub Akhber, der in der Bezirksliga zwölf Tore für die
U-23-Mannschaft erzielt und schon bei uns mittrainiert hat, fest zu uns stoßen. Er fühlt sich auf der Außenbahn besonders wohl, ähnelt Elias von der Spielanlage und bringt viel Talent mit.

Was ist mit externen Kandidaten? Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Johann von Knebel und Nick Gutmann, die zuletzt in den USA gekickt haben, an der Ochsenzoller Straße ein Thema sind.

Wir haben in der Tat Kontakt, es laufen Gespräche. Beide haben eine Norderstedter Vergangenheit, und wir haben sie vor eineinhalb Jahren nur ungern ziehen lassen. Am liebsten hätten wir Johann und Nick wieder zurück. Doch ob sich das realisieren lässt, muss abgewartet werden.

Die Weihnachtstage und der Jahreswechsel stehen vor der Tür. Wie sieht die Terminplanung für die kommenden Wochen aus?

Jetzt gibt’s erst einmal komplett frei, unsere erste Trainingseinheit im Jahr 2023 findet am 5. Januar statt. Dann werden wohl auch die Mittelfeldspieler Jonas Behounek und Philipp Koch wieder einsteigen. Bis dahin bekommen die Jungs lediglich Laufpläne mit auf den Weg; sie sollen die Köpfe vom Fußball freibekommen, die Beine ausstrecken, relaxen und gemütlich mit ihren Familien feiern. Dann folgt eine knackige Vorbereitung mit Testspielen gegen den SC Victoria II, den USC Paloma, den Heeslinger SC und den SV Eichede. Am 29. Januar sind wir dann im Nachhol-Heimspiel gegen den SV Werder Bremen II schon wieder in der Regionalliga gefordert.