Bad Bramstedt. Gegner des Neubaugebiets „Quartier Auenland“ haben bald genug Unterschriften zusammen. Kippt das Projekt für 1000 neue Einwohner?
Ein Bürgerentscheid über das umstrittene Neubaugebiet „Quartier Auenland“ in Bad Bramstedt rückt näher. Die Aktionsgruppe „Unser Auenland“ hat so viele Stimmen gesammelt, dass eine Abstimmung der Bürger über das Millionenprojekt immer wahrscheinlicher wird. Noch will die Sprecherin der Gruppe, Antje Linden, die genaue Zahl der Unterschriften nicht nennen. „Aber wir sind sehr zuversichtlich“, sagte sie.
Seit drei Wochen sammelt die etwa 20-köpfige Gruppe beim Bürgerbegehren Unterschriften in Bad Bramstedt, damit es zum Entscheid kommen kann. Theoretisch hat die Gruppe sechs Monate Zeit, um die erforderlichen 1030 Unterschriften zu erreichen, die neun Prozent der Wahlberechtigten repräsentieren. Nicht nur die direkt betroffenen Bramstedter im Osten Bad Bramstedts unterstützten die Initiative, sagt Antje Linden und fügt hinzu: „Es unterschreiben Menschen aus der ganzen Stadt.“ Selbst Bewohner des Umlands hätte großes Interesse gezeigt, den Bürgerentscheid durchzusetzen, doch unterschreiben dürfen nur Bürger aus Bad Bramstedt.
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Kommen genügend Unterschriften zusammen, muss sich die Stadtverordnetenversammlung erneut mit dem Projekt befassen und prüfen, ob sie die Pläne für das Quartier weiter verfolgt oder sie stoppt. Bleibt es bei der Beschlussfassung für das Wohngebiet, müssen die Bürger beim Entscheid darüber abstimmen. Das wäre voraussichtlich im November der Fall.
Die Aktion richtet sich gegen die Pläne des Investors Deutsche Habitat, der an der Segeberger Straße ein Wohngebiet für bis zu 1000 Menschen bauen will. Das 20 Hektar Grundstück hat das Unternehmen der Stadt bereits abgekauft. Die Planungen für die 750 Wohneinheiten inklusive Kita sind im vollen Gang. Rückendeckung aus dem politischen Raum erhalten Antje Linden und ihre Mitstreiter aus der örtlichen CDU, der das Projekt „zu massiv“ ist. Die anderen Parteien haben dagegen ihre Zustimmung signalisiert.
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Der Ausschuss für Planungs- und Umweltangelegenheiten hat der notwendigen Änderung des Flächennutzungsplanes bereits zugestimmt. Das „Quartier Auenland“ wird, wenn es beschlossen ist, eines der größten Bauprojekte Schleswig-Holsteins.
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Vor-Ort-Termin an der Segeberger Straße: Früher herrschte hier dichter Verkehr. Bevor die Ortsumgehung gebaut wurde, gehörte der Anschnitt zur Bundesstraße 206, die Bad Segeberg mit Itzehoe verbindet. Heute endet die Fahrt in einer Sackgasse, deren Verlängerung nur von Spaziergängern und Radfahrern genutzt wird. Während sich die Mitglieder von „Unser Auenland“ im Schatten der alten Alleebäume treffen, streifen zwei Rehe durch das hohe Gras einer Wiese. Ein Storch kreist über das Gelände.
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- Die Fläche für das Bauprojekt sei zu 40 Prozent als Biotop ausgewiesen
- Schon jetzt hat die Stadt regelmäßig mit Überflutungen zu kämpfen. Dort, wo das Wohngebiet entstehen soll, stehen regelmäßig die Wiesen unter Wasser. Inzwischen hat der Kreis Segeberg de Stadt ermahnt, endlich ein seit Jahren überfälliges Entwässerungskonzept vorzulegen. Andernfalls würden keine Bauprojekte mehr genehmigt
- Die Versiegelung großer Flächen könne die Renaturierung der Schmalfelder Au zunichte machen, die mit einem Millionenaufwand betrieben wird. Die Initiative geht davon aus, dass die Stadt bei Starkregen rund 60.000 Kubikmeter Wasser wegleiten muss. Schon jetzt sind die drei Auen im Stadtgebiet mit großen Regenmengen überfordert. „Und es wird nicht besser“, sagte Antje Linden mit Blick auf den Klimawandel
- Der Untergrund besteht in weiten Teil aus Moor und sei daher nicht stabil. Für die Gebäude sind daher aufwändige und teure Pfahlgründungen notwendig. Eine Baugrunduntersuchung habe bislang nicht stattgefunden.
- Für einen Zuwachs von 1000 Menschen im „Quartier Auenland“ und weiteren 750 im Neubaugebiet an der Bimöhler Straße reiche die Infrastruktur der Stadt bei Weitem nicht aus. Schon jetzt seien Schulen und Kitas voll. Es fehlen Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten. Auch der zunehmende Verkehr werde die Stadt vor große Probleme stellen.
„Es platzt jetzt schon aus allen Nähten“, sagt Antje Linden, die ein Bevölkerungswachstum um bis zu 18 Prozent befürchtet. Zunächst müssten die bestehenden Probleme gelöst werden, bevor die Stadt immer neue Bürger anlocke. Gegen neuen Wohnraum habe die Initiative grundsätzlich nichts, aber nicht an diesem Standort im Osten der Stadt und nicht in dieser Dimension.
Bad Bramstedt: War der Immobiliendeal nicht durchdacht?
Bis jetzt wartet Antje Linden auf Antworten auf einen achtseitigen Fragenkatalog, den die Gruppe an Bürgermeisterin Verena Jeske geschickt hat. Sie gilt als entschiedene Befürworterin des neuen Quartiers und hatte im Hintergrund den Kaufvertrag mit der Deutschen Habitat ausgehandelt. „Das sind einfache Fragen, aber wir haben noch keine Antworten“, sagt Antje Linden.
Bad Bramstedt: Informationen zum Wohnungsbau kommen nicht
Sie habe zunehmend den Eindruck, dass die Stadt das Projekt nicht durchdacht angehe. „Wir bekommen überall Informationen, nur nicht aus dem Rathaus“, sagt Antje Linden. Offenbar habe man im Rathaus erst verkauft, um sich dann über die Auflagen für den Investor Gedanken zu machen. „Das ist die falsche Reihenfolge.“
Trotz mehrfacher Anfragen hat Bürgermeisterin Verena Jeske bis Redaktionsschluss nicht zu den Vorwürfen Stellung genommen.