Bad Bramstedt. Wie die Pläne der Deutschen Habitat im „Auenland-Quartier“ in Bad Bramstedt aussehen – und was eine Bürgerinitiative dagegen hat.
Das „Auenland-Quartier“ – es wäre das größte Neubauprojekt seit Jahrzehnten in Bad Bramstedt und eines der größten in ganz Schleswig-Holstein. In dieser Woche hat der Ausschuss für Planungs- und Umweltangelegenheiten der Stadtverordnetenversammlung den Weg freigemacht für die notwendige Änderung des Flächennutzungsplanes. Nördlich und südlich der Segeberger Straße will der Investor Deutsche Habitat aus Berlin auf einer Grünfläche von 20 Hektar 750 Wohneinheiten für über 1000 Bewohnerinnen und Bewohner entstehen lassen. Die politische Entscheidung fiel mit sechs zu fünf Stimmen knapp aus. Die CDU und einer der beiden FDP-Vertreter im Ausschuss stimmten dagegen, SPD und Grüne dafür.
Aber auch in der Bevölkerung regt sich Widerstand gegen das Bauvorhaben. So hat sich spontan die Bürgerinitiative „Unser Auenland“ gegründet, die jetzt ein Bürgerbegehren anstrebt, um das Projekt mit einem Bürgerentscheid zu Fall zu bringen.
Bürgerinitiative „Unser Auenland“ will Immobilienprojekt zu Fall bringen
Am Donnerstag, 2. Juni, wird es im Kurhaus-Theater (Oskar-Alexander-Straße 2) eine öffentliche Vorstellung der Pläne von der Verwaltung und dem Investor geben, kündigt Erich Dorow, der stellvertretende Bauamtsleiter an. Damit soll die Bürgerschaft frühzeitig beteiligt werden. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.
Die Deutsche Habitat hat im Januar das 20 Hektar große Gelände in Bad Bramstedt gekauft, teilt Unternehmenssprecherin Susanne Schneider auf Nachfrage mit. „Das Auenland Quartier in Bad Bramstedt schafft Wohnraum für über 1000 Bewohner“, teilt sie mit. Geplant seien Miet- und Eigentumswohnungen, Reihen- und Doppelhäuser sowie seniorengerechte Wohnungen. Zudem solle ein Bildungscampus mit Schulen und Kitas entstehen. Auch ein Hotel sowie Gastronomie seien im Quartier vorstellbar. „Eine genaue Aussage zur Anzahl der Wohneinheiten können wir in der aktuellen Planungsphase noch nicht treffen.“ Der Baubeginn wird für 2024 angestrebt.
Die Politik ist mehrheitlich für das Immobilienprojekt
Parallel zur F-Plan-Änderung werde nun der städtebauliche Durchführungsvertrag mit dem Investor erarbeitet, kündigt Dorow an. Darin werde es insbesondere auch darum gehen, ob und wie die 30-Prozent-Quote für sozialen Wohnungsbau in dem Wohnquartier Auenland verwirklicht werden soll. Dorow spricht von 700 Wohneinheiten. „Es ist das größte Neubauvorhaben seit dem Quartier Bissenmoor vor 20 Jahren.“ Damals seien südlich der Kurstadt an der Bundesstraße 4 etwa 500 neue Wohnungen errichtet worden.
„Uns gefällt daran, dass es ein Projekt aus einem Guss ist“, lobt Gilbert Sieckmann-Joucken, Fraktionschef der Grünen, das Bauvorhaben. Dort sei eine nachhaltige, CO2-freie Wärmeversorgung durch eine Wasserstoff-Elektrolyse geplant. Das Gebiet werde weitgehend autofrei geplant. Die Fahrzeuge müssten in einem Parkhaus am Rande der Bebauung abgestellt werden. Alles sei auf dem „neuesten Stand der Technik“, so Sieckmann-Joucken. „Es wird keine Trabantenstadt, sondern ein Neubaugebiet für alle sein.“
Der SPD-Stadtverordnete Klaus-Dieter Hinck sagt: „Die Stadt muss ein verlässlicher Partner für Investitionen und Investoren sein. Unsere Stadt braucht Arbeitsplätze, ein breites Angebot an Wohnraum und vieles andere mehr, das wir nicht aus eigener Kraft stemmen können.“ Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt aus Norderstedt hält das geplante Wohnquartier Auenland für zukunftsweisend. Das Projekt habe das Potenzial, auf umweltschonende Weise dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Und in dem angrenzenden Gewerbegebiet würden moderne Arbeitsplätze für die Region entstehen. „Aus erneuerbaren Energien soll Wasserstoff produziert werden, bei dessen Produktion Abwärme anfällt, die direkt für das anliegende Wohngebiet zur Verfügung steht“, erklärt Bergt. Das senke die Heiz- und Energiekosten für die Bewohner.
Die FDP-Fraktionsvizechefin Beate Albert ist ebenfalls von dem Vorhaben überzeugt. „Es ist aus einem Guss und nicht gestückelt.“ Zudem gefalle ihr die moderne, klimaneutrale Bauweise. Sicherlich würde hier ein Stück Natur in Bad Bramstedt versiegelt werden. „Aber wir schaffen hier dringend benötigten Wohnraum für junge Familien.“
Die Bürgerinitiative erwartet den Bau von „Luxuswohnungen“
Dem widerspricht Antje Linden von der BI „Unser Auenland“. Hier würden vor allem Wohnungen für Hamburger gebaut, die aufs Land ziehen wollten, glaubt sie. „Es entstehen Luxuswohnungen zu Luxuspreisen, die sich kein normalverdienender Bramstedter leisten kann.“ Es drohe eine „soziale Zersplitterung“ der Kurstadt durch ein „eigenständiges, abgeschottetes neues Wohnviertel.“ Die bis zu fünfgeschossige Bauweise sei auch viel zu hoch, kritisiert BI-Mitstreiter Sönke Meyer. Auf einen Schlag solle die Bevölkerung von Bad Bramstedt um 15 Prozent wachsen. „Wie soll eine Stadt das verkraften?“, fragt sich Michael Bröker. „Hier soll der Lebensraum für Flora und Fauna auf einer Feuchtwiese platt gemacht werden“, ärgert sich Nicole Wanke. Und Anlieger Knut Hamann fürchtet, dass er und viele andere Bürger bei Starkregenfällen schlichtweg „absaufen“ werden, weil durch die geplante Versiegelung der Wiese die entstehenden Wassermassen nicht mehr versickern und kaum noch abfließen könnten.
„Unser Auenland“ ist zuversichtlich, die erforderlichen 1030 Unterschriften (neun Prozent der Wahlberechtigten) für den Bürgerentscheid schnell einsammeln zu können und dann auch die mindestens doppelt so große Anzahl der Stimmen für den erfolgreichen Bürgerentscheid zu erhalten, sagt Florian Schiefer. „Die Bevölkerung steht zu 70 Prozent hinter uns.“ Die CDU tut es auch, sagt Fraktionschef Volker Wrage. „750 Wohneinheiten mit vier Voll- und einem Staffelgeschoss – das ist uns einfach zu massiv“, sagt er.
Susanne Schneider von der Deutschen Habitat sagt, man wolle die Bedenken der Bürger hören und ihre Fragen beantworten. Aber es gebe bereits auch Anfragen aus Bad Bramstedt und Umgebung zu Wohnungen oder Häusern, zum Kauf oder zur Miete. „Uns ist es wichtig, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen.“ Die Deutsche Habitat entwickele großflächige Wohnprojekte im Umland von Wachstumsregionen und schaffe dort „dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum“, so die Sprecherin weiter. Außer in Bad Bramstedt seien in Delmenhorst und in der Metropolregion Berlin ähnliche Wohnbauprojekte zurzeit von der Deutschen Habitat geplant.