Kreis Segeberg. Kaltenkirchen, Ellerau und ein Stadtteil Quickborns wollen auch dabei sein. Womit die Kommunen dann rechnen können.

Alle wollen ins Auenland. Bad Bramstedt und die umliegenden Dörfer sind schon drin, Kaltenkirchen, Ellerau und andere wollen folgen. Auenland – das klingt nach dem Reich der Hobbits, Elben und des bösen Sauron. Bramstedts Bürgermeisterin Verena Jeske hat bereits vorgeschlagen, ein Auenlandfest mit den Helden aus „Herr der Ringe“ zu feiern.

Daraus ist zwar bislang nichts geworden, doch die Idee belegt, das Fans des „Herrn der Ringe“ beim Begriff Auenland eher an die Bücher von J.R.R. Tolkien denken, als an EU-Fördermittel denken. Tatsächlich hat die Region nichts märchenhaftes an sich. Die Gegend ist sehr grün, zuweilen auch romantisch und vor allem geeint durch die Aktivregion, die den Zusatz Auenland im Namen trägt. Aber das hat sich noch nicht überall herumgesprochen.

Aktivregion Auenland in Schleswig-Holstein mit 20 echten Auen

Mit ihrem Dorf oder ihrer Stadt können sich die meisten Bürger identifizieren, mit dem Kreis Segeberg schon weniger, und was ist mit einer Aktivregion? Wer sagt schon: Ich komme aus dem Holsteiner Auenland? Im öffentlichen Bewusstsein spielen die Zusammenschlüsse von Kommunen zu den Aktivregionen keine große Rolle, obwohl zum Beispiel das Auenland immer weiter wächst.

Das Verfahren für die Aufnahme Kaltenkirchens, Elleraus und des Quickborner Ortsteils Renzel läuft. Was macht die Aktivregion für diese Kommunen interessant, obwohl es dort keine Geschichten aus der Feder von J.R.R. Tolkien gibt, aber immerhin 20 echte Auen, die die Region durchziehen?

Aktivregion Auenland verteilt Geld der Europäischen Union

„Aktivregionen sind Ideenschmieden der ländlichen Räume“, heißt es auf der gemeinsamen Webseite aller schleswig-holsteinischen Zusammenschlüsse dieses Genres. Und weiter: „Private und öffentliche Akteure haben sich in 22 Vereinen zusammengeschlossen und gestalten gemeinsam mit den Menschen vor Ort die Zukunft der Dörfer und kleinen Städte in ihrer Region.“

Die Aktivregionen helfen also bei Projekten in der Region. Dafür erhalten sie Geld von der Europäischen Union und entscheiden selbst über die Vergabe von Zuschüssen. Ein Beitritt kann somit sehr nützlich sein. In der laufenden Förderperiode stehen neun Millionen Euro bereit, die für Projekte gezahlt werden. Da die Empfänger auch immer Eigenmittel aufwenden müssen, wurden Investitionen von fast 28 Millionen Euro ausgelöst. Mehr als 140 Projekte konnten seit 2015, dem Beginn der aktuellen Förderperiode, beantragt und umgesetzt werden.

Gandalf ist einer der mächtigsten Zauberer Mittelerdes. Dem Volk der Hobbits, das im friedlichen Auenland lebt, trägt er die größten Aufgaben an.
Gandalf ist einer der mächtigsten Zauberer Mittelerdes. Dem Volk der Hobbits, das im friedlichen Auenland lebt, trägt er die größten Aufgaben an. © Warner Bros. Pictures and MGM

Auenland: Erlebnis in der Natur für den Kindergarten

Davon profitiert zum Beispiel in der auslaufenden Förderperiode die Gemeinde Hitzhusen, die einen einen Nasch- und Naturpfad als Bildungsort und Naturerlebnis für den Kindergarten schaffen möchte. „Der Weg soll den Kindergarten der Gemeinde mit der neu entstehenden Waldgruppe verbinden und zur frühen Umweltbildung dienen“, heißt es in der Projektbeschreibung. „Entlang des Weges finden die Kinder genießbare Früchte an Bäumen und Sträuchern und lernen so die heimische Natur und den Wandel der Jahreszeiten kennen.“

In Barmstedt (Kreis Pinneberg) sollen gleich zwei Projekte vom Holsteiner Auenland gefördert werden: Der Barmstedter MTV errichtet in Zusammenarbeit mit der Stadt eine Outdoor-Fitnessanlage, die von Vereinen, Schulklassen und Sportinteressierten aller Altersgruppen genutzt werden kann. Zusätzlich plant die Stadt Barmstedt, den Bauhof energetisch zu sanieren und mit Solarthermie- und Photovoltaikanlagen auszustatten, um den eigenen Betrieb möglichst autark zu versorgen.

100.000 Euro für die Gedenkstätte in Kaltenkirchen

Weitere Projekte in der auslaufenden Periode waren neben anderen der Markttreff in Wiemersdorf, der als Treffpunkt im Dorf dienen soll. Auch die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen-Springhirsch wurde gefördert und erhielt die Höchstsumme von 100.000 Euro für den Einsatz einer Kuratorin, die die Ausstellung überarbeiten wird. Auch der Anbau an das Bramstedter Jugendzentrum wird aus der Aktivregion bezuschusst.

Kaltenkirchen wird aufgenommen, weil es eng mit dem Amt Auenland-Südholstein vernetzt ist. Auch die gesamte Stadt Quickborn wollte Mitglied der Gemeinschaft werden, wurde laut Beschluss der Mitgliederversammlung im vergangenen Sommer jedoch nicht aufgenommen, weil eine weitere große Kommune die Kapazitäten der Fördertöpfe überfordert hätte. Übrig blieb der Ortsteil Renzel mit dem Himmelmoor. Dort steht des Henry-Goldstein-Haus, das als Gedenkstätte an die Zwangsarbeit während der Nazi-Diktatur erinnern soll.

Auenland zahlt Zuschüsse für die Skaterbahn

Kaltenkirchen war bislang nur Gast ohne Stimmrecht bei den Sitzungen der Auenland-Mitglieder und wird ab 2023 mit allen Rechten und Pflichten dabei sein. „Das ist eine supertolle Solidargemeinschaft“, sagt Sabine Ohlrich, Wirtschaftsförderin im Rathaus. Auch sie glaubt, dass die Institution Aktivregion bekannter werden muss; nicht überall seien die Fördermöglichkeiten bekannt. Auch Bürgermeister Hanno Krause glaubt, dass mehr Werbung notwendig ist.

Schon jetzt hat Kaltenkirchen zwei Projekte für die neue Förderperiode angemeldet: Auf dem Spielplatz am Wasserwerk soll ein inklusives Spielgerät im Wert von rund 150.000 Euro installiert werden. Außerdem plant die Stadt für rund 800.000 Euro eine neue Skateranlage am Freizeitpark. Wie hoch die Förderung durch die Aktivregion ausfallen wird, ist noch offen.

Für die neue EU-Förderperiode von 2023 bis 2027 haben sich die Mitglieder der Aktivregion eine neue Strategie ausgedacht, die dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung (MILIG) in Kiel demnächst vorliegen soll. Künftig soll der Schwerpunkt auf „drei Säulen der Nachhaltigkeit“ liegen: Ökologie, Soziokultur und Ökonomie.

Warum die Aktivregion Auenland nichts mit Hobbits zu tun hat

Dass sich immerhin Politik und Verwaltung des 2007 gegründeten Auenlands mit ihrer Region zunehmend identifizieren, zeigen die vielen Einrichtungen, die nach ihr benannt wurden: die Auenland-Gemeinschaftsschule, die Wohn- und Gewerbegebiete namens Auenland und die Umbenennung des Amtes Kaltenkirchen-Land in Auenland-Südholstein.

Dass die Aktivregion nichts mit Hobbits zu tun hat, betont auch der Vorsitzende und Mitbegründer, Bramstedts ehemaliger Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. „Unser Maskottchen ist Rolli, der Maulwurf“, sagt er. „Der hat zwar auch klumpige Füße, aber mehr Ähnlichkeiten sind nicht vorhanden.“ Kütbach gilt als Erfinder des Namens der Aktivregion. Informationen zur Förderperiode sind auf der Homepage www.aktivregion-holsteinerauenland.de zu finden. Bei Fragen ist die Geschäftsstelle unter 04821/949 632 30 und per Mail unter erreichbar.

Weitere Infos zum Holsteiner Auenland:

  • Die Aktivregion Holsteiner Auenland erstreckt über Teile des Kreises Segeberg mit den Ämtern Boostedt-Rickling, Bad Bramstedt-Land, Auenland-Südholstein (ehemals Kaltenkirchen-Land) und der Stadt Bad Bramstedt. Hinzu kommen demnächst Ellerau und Kaltenkirchen. Im Kreis Steinburg gehören das gleichnamige Amt und die Stadt Kellinghusen dazu.
  • Der Kreis Pinneberg ist mit den Ämtern Hörnerkirchen, Rantzau, und der Stadt Barmstedt vertreten. Neuer Kandidat ist die Stadt Quickborn mit dem Ortsteil Renzel. Die Neulinge werden mit dem Beginn der Förderperiode 2023 aufgenommen