Eckernförde. Rajas Thiele-Stechemesser hat in Norderstedt die beliebte Brauerei aufgebaut. Nun verwirklicht er das Konzept an einem weiteren Ort.
In Rajas Thiele-Stechemessers (55) Biografie füllt Norderstedt das bislang größte Kapitel. 31 Jahre lang war er hier beruflich unterwegs. Er führte lange die Kneipe Kuckucksei in Friedrichsgabe. Als Deltacom-Agenturchef hob er das Stadtfest „Spektakulum“ aus der Taufe und lockte Zehntausende jährlich zum Feiern in die Stadt. Schließlich wechselte er aus der Wirtschaft ins Rathaus und prägte 14 Jahre lang die Kultur-, Veranstaltungs- und Gastronomie-Szene als Chef der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH, jener städtischen Gesellschaft, die mit der „TriBühne“ und dem Kulturwerk die wichtigsten Spielorte für Kultur und Musik verantwortet.
Hopfenliebe-Brauerei am Rathausmarkt erfolgreich
Schlagzeilen machte Thiele-Stechemesser 2014 in der Stadt, als er nach einem Seminar in der Doemes Genuss-Akademie in München-Gräfeling sein Diplom als damals zweiter Bier-Sommelier in Schleswig-Holstein zurückbrachte und schließlich, mit der tiefen Kenntnis über und der Liebe zum Bier, die Hopfenliebe-Brauerei in der städtischen Theatergastronomie aufbaute – das erste Lokal überhaupt, das in den Räumen am Rathausmarkt wirtschaftlich erfolgreich arbeitete und nicht sang- und klanglos nach wenigen Jahren Pleite ging.
2020 jedoch, plötzlich und unerwartet für die Öffentlichkeit, war plötzlich Schluss für Thiele-Stechemesser in Norderstedt. „Ich möchte neue Projekte entwickeln, deren Umsetzung als Geschäftsführer einer städtischen Gesellschaft nicht machbar sind“, teilte er kurz und knapp mit – und hielt sich ansonsten bedeckt. Erzählte nichts über die Querelen, die im Hintergrund tobten.
Den latenten Vorwurf seitens Teilen der Politik über eine „Wettbewerbsverzerrung“, die eine von der Stadt finanziell gestützte Gastronomie im Rathaus für sie war. Über den Unmut, den Thiele-Stechemessers Pläne für ein Brauhaus am Stadtpark ausgelöst hatten, weil Kritiker auch hier wieder die aus ihrer Sicht fragwürdige Unterstützung durch die Stadt witterten. Und schließlich musste er auch noch Vorwürfe über sich ergehen lassen, angeblich nicht ordentlich Buch geführt zu haben in der Hopfenliebe.
In Eckerförde ist wieder „Land in Sicht“
Doch heute ist die schmutzige Wäsche längst gewaschen und wieder rein. Und geblieben ist am Ende vielleicht nur die Frage, warum Norderstedt seinen erfolgreichsten und kreativsten Veranstaltungs- und Gastronomieprofi offenbar ohne Not vom Hof gejagt hat. Wie auch immer – Rajas Thiele-Stechemesser hält das nicht auf. Er macht jetzt das, was ihm in Norderstedt verwehrt wurde, in Eckernförde an der Ostsee.
Dort ist er gerade dabei, mit seiner Frau Francis Stechemesser die Gastronomie in der Stadthalle von Eckernförde auf Vordermann zu bringen. Spätestens im Juni soll dort direkt an der Strandpromenade das Brauhaus Eckernförde „Land in Sicht“ mit 180 Sitzplätzen eröffnet werden. 750.000 Euro investiert er in dieses Vorhaben, das die Stadt Eckernförde öffentlich ausgeschrieben hat und bei dem sich Thieles Projekt gegen neun Mitbewerber durchgesetzt hat.
Neuer Beachclub an der Ostsee in Eckernförde
Bereits im Mai will er zudem direkt vor der Tür seines neuen Café-Restaurants am Ostseestrand einen Beachclub aufmachen und den Badegästen zwei von ihm selbst gebraute Eckernförder Craft-Biere frisch vom Fass kredenzen. „Mit dem Kapitel Norderstedt habe ich abgeschlossen“, sagt Rajas Thiele-Stechemesser. Obwohl er hier noch viele Freunde hat.
Nach seinem plötzlichen Abschied habe er zahlreiche Mails und auch Briefe erhalten von Leuten, die es bedauerten, dass er jetzt weg ist. „Aber das ist nun Schnee von gestern“, sagt Thiele. „Es tut mir leid, dass ich da von einigen vermisst werde.“ Nur so viel will er dann doch noch zu seinen Norderstedter Plänen sagen: Für seine Brauerei in Norderstedt am Stadtpark habe er damals bereits die nötigen zwei Millionen Euro von privaten Geldgebern zusammen gehabt. Geschenkt. Nun trinken eben die Eckernförde sein Bier mit Blick aufs Meer, statt die Norderstedter ein 65er Harksheider mit Blick auf den Stadtparksee.
Eckernförde saniert Stadthalle für sechs Millionen Euro
Die Ostsee-Touristenstadt Eckernförde mit ihren zwei Millionen Tagestouristen und 80.000 Übernachtungsgästen habe es ihm und seiner Frau schon lange angetan, sagt Thiele-Stechemesser. „Das war unser Wunsch-Standort Nummer eins für das Brauhaus-Projekt.“ Eckernförde habe ein enormes Flair, sagt Thiele. Mit seinem schönen Strand, nahe der Innenstadt und den gemütlichen Gaststätten und dem Hafen, wo der Fisch frisch vom Kutter gekauft werden kann.
„Die Stadt strahlt Wohlfühlcharakter aus.“ Darum habe es ihn und seine Frau sehr gefreut, als sie den Zuschlag von der Stadtvertretung Ende 2020 erhielten. Seitdem sind sie fast täglich am Ostseestrand, um die Sanierung der 600 Quadratmeter großen Gasträume und der 400 Quadratmeter Küchen- und Büroflächen zu beaufsichtigen.
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Die Stadt Eckernförde saniert die 40 Jahre alte Stadthalle gerade für sechs Millionen Euro. Eckernfördes Touristikmanager Stefan Borgmann ist voll des Lobes über das Brauhaus. „Das ist ein Super-Konzept, das Thiele-Stechemesser hier vorhat.“ Mit handgemachtem Craft-Bier aus dem Brauhaus, Panorama-Fenstern mit Blick auf den Strand und einer Strandbar mit Beach-Lounge. „Das ist hervorragend und echt cool. Damit hat der voll den Nerv getroffen.“ Bislang sei die Stadthallen-Gastronomie eine Art Imbiss für die Theaterbesucher gewesen, nun werde sie zu einem Restaurant, sagt der Touristik-Chef. „Damit wird der ganze Standort extrem aufgewertet.“
Gebraut wird Eckernförder Pils und Borbyer Bockbier
Wenn’s losgeht im „Land in Sicht“, werden die Thiele-Stechemessers ihre Zelte komplett an der Ostsee aufschlagen. Das Brauhaus soll in den Sommermonaten – von Mai bis September – täglich von 12 bis 22 Uhr geöffnet sein, kündigt Thiele an. 20 Mitarbeiter und Aushilfskräfte sollen dann hier beschäftigt sein. Rajas Thiele-Stechemesser will sich um die Küche und das Essen kümmern, das frische regionale Spezialitäten auf einer kleinen Speisekarte umfassen soll, die viermal im Jahr wechselt. Ehefrau Francis sei für den Service verantwortlich.
Zu trinken gebe es unter anderen 20 verschiedene Biersorten aus aller Welt frisch vom Fass. Darunter ein „frisches, spritziges, hellgelbes und leicht herbes“ Eckernförder Pils und ein „helles, süffiges und kräftiges“ Borbyer Bockbier, benannt nach einem Stadtteil Eckernfördes. Beide Biere will Thiele nach eigenen Rezepten in dem Brauhaus selbst brauen. „Ein eigenes Eckernförder Bier gibt es hier noch nicht“, sagt Thiele.
Der Bier-Sommelier will hier wie seinerzeit in Norderstedt das Biertrinken mit einer Botschaft verbinden. Dass Bier wie der Wein eine lange Geschichte und Tradition besitzt und es umso mehr genossen werden sollte, je besser es gemacht worden ist. „Für uns ist das hier ein absoluter Traum“, sagt Rajas Thiele-Stechemesser.