Geesthacht. Dieses Jahr hat das Ordnungsamt 124 Wagen gezählt und damit doppelt so viele wie 2022. Warum die Jagd nach den Haltern so mühselig ist.

Es gibt in Geesthacht immer mehr am Straßenrand abgestellte Schrottautos. Das ergab der Sachstandsbericht des Ordnungsamtes zum Thema im Ausschuss für Bau, Feuerwehr und Katastrophenschutz. Was CDU-Ratsherr Oliver Pachur bereits im Sommer bei seinen Joggingrunden in der Oberstadt feststellte, ist nun de facto amtlich.

Im Jahr 2022 wurden demnach 60 Fahrzeuge mit einem roten Punkt beklebt, mit der behördlichen Aufforderung, dass der unbekannte Halter seine „Schrottmühle“ doch bitteschön entfernen möge. In diesem Jahr waren es bereits 124 dieser Wagen.

Zahl der Schrottautos am Straßenrand hat sich mehr als verdoppelt

Hinzu kommen jährlich zwischen 20 und 30 Pkw, deren Herumstehen dem Amt bereits gemeldet wurden, die dann vor dem Anbringen des Punktes aber doch wieder verschwanden. Das kommt aber nur selten vor. Meistens bleiben die Blechwracks, wo sie sind.

Immer mehr Schrottautos am Straßenrand in Geesthacht
Immer mehr Autoleichen wie der BMW stehen an Geesthachts Straßenrändern. © Pachur | Pachur

Und das ist nicht nur lästig. Die ausrangierten Fahrzeuge kommen die Stadt zudem teuer zu stehen. Kann der Halter nicht ermittelt werden – und ist in den meisten Fällen so – dann bleibt die Stadt auf den Kosten für Abschleppen und Entsorgung, für die sie ihn Vorleistung geht, sitzen.

Das Amt hat vier Schwerpunkte in der Stadt ausgemacht

Das Amt steht ziemlich auf verlorenem Posten gegen die Flut der Schrottautos da. Besonders viele wurden am Klaus-Groth-Weg und in der Waldstraße abgestellt, am Barmbeker Ring „und ganz besonders in der Charlottenburger Straße“, so Sabine Erdmann von der Fachdienstleitung im Bereich Öffentliche Sicherheit.

Die Zahl der Schrottautos hat sich in Geesthacht innerhalb von zwei Jahren verdoppelt
Die Charlottenburger Straße ist ein Schwerpunkt bei den Autowracks. Ein älterer Golf Variant steht ohne Kennzeichen auf dem Parkstreifen. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Die Vermutung: Es könnte mit den vielen Autowerkstätten zusammenhängen. Möglicherweise werden die Autos dort zum späteren Ausschlachten als Ersatzteillager abgestellt. „Wir wollen den Druck erhöhen, dass dort solche Autos nicht abgestellt werden“, kündigte Sabine Erdmann an.

Teurer Schrott – die Stadt geht beim Entfernen erst mal in Vorleistung

Auf dem roten Aufkleber wird für den Fall des Nichtentfernens auf diese anfallenden Kosten hingewiesen. Reguläres Abschleppen zur Stellfläche am Schleusenkanal und Entsorgen durch das Geesthachter Abschleppunternehmen kostet 442,86 Euro, die Verwahrungsgebühr 16 Euro am Tag und die Ordnungsbehörde möchte mindestens 70 Euro haben.

Die Zahl der Schrottautos hat sich in Geesthacht innerhalb von zwei Jahren verdoppelt
Bringt der Außendienst des Ordnungsamtes einen roten Punkt auf, beginnt die Frist zum Entfernen des Fahrzeugs zu laufen. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

„Das wird aus unserem Budget bezahlt. Wenn wir den Halter ermitteln, läuft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren“, erklärt Sabine Erdmann. Die Einleitung eines Verfahrens gegen den letzten Halter schlägt mit 50 bis 150 Euro zu Buche, für Auslagen und Gebühren werden 28,50 Euro fällig.

Der Fleiß des Außendienstes ist finanziell nachteilig

Das fatale: Der Fleiß des Ordnungsamtes, im Außendienst viele rote Punkte auf den Windschutzscheiben der Wracks zu verteilen, wirkt sich finanziell nachteilig aus für die Stadt. Denn dann beginnt eine Frist zu laufen, für die am Ende – wenn nichts passiert – die Stadt gerade stehen muss.

„Wir bleiben weitestgehend auf den Kosten sitzen. Es kommt nichts bei herum“, meinte Sabine Erdmann. In 95 Prozent aller Fälle seien im Vorwege die Halter nicht zu ermitteln. Und es gebe nach wie vor nur eine einzige Kollegin im Innendienst, die alle Fälle abarbeitet. „Es ist sehr mühselig“, sagt die Leiterin.

Bei rot-weißem Flatterband am Auto darf die Behörde nicht tätig werden

Der Standort eines Fahrzeugs, bei dem die Zulassung abgelaufen ist oder die Plakette entfernt wurde – nur dann ist ein Eingreifen möglich – wird an den Innendienst weitergeleitet. Dann wird der rote Punkt aufgebracht und eine Dokumentation angefertigt.

Überall abgestellte Schrottautos in Geesthacht; der Citroen
Dieser Citroën ohne Kennzeichen parkt vor dem Arbeitsamt. Hier ermittelt die Polizei: Am Seitenspiegel ist rot-weißes Flatterband angebracht. © Pachur | Pachur

Bei manchen Schrottvehikeln darf die Ordnungsbehörde zunächst nicht tätig werden: dann, wenn zum Beispiel rot-weißes Flatterband am Außenspiegel befestigt ist. Das heißt: Finger weg, hier laufen Ermittlungen. Die Kennzeichen würden von der Polizei für weitere Ermittlungen abmontiert und mitgenommen. „Es dauert dann sechs bis acht Wochen, bis wir tätig werden können“, sagt Sabine Erdmann.

Parallel zum Punktkleben wird versucht, den letzten Halter zu ermitteln. Dafür gibt es die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN), sie entspricht der vormaligen Fahrgestellnummer. „Aber bei vielen Fahrzeugen sei sie gar nicht sichtbar“, sagt Sabine Erdmann. Und dann werde es schwierig, so ganz ohne Kennzeichen und FIN.

Halter ermittelt – das muss kein Happy End bedeuten

Bei der Frist zum Entfernen des Autos gibt es einen Spielraum, er hängt gemäß der Straßenverkehrsordnung davon ab, wie schwerwiegend der Grad der Behinderung für andere ist. Bedeutet er eine nur kleine Beeinträchtigung für den fließenden Verkehr, dann muss das Fahrzeug in zwei Wochen weg sein. Sonst ist weniger Zeit bis zu einer Woche. Handelt es sich um „Abfallfahrzeuge“, die kein Hindernis darstellen, dann beträgt die Frist sogar vier Wochen.

Ist eine Ermittlung ausnahmsweise mal erfolgreich, wird der Halter angeschrieben. Das garantiert aber noch lange kein Happy End. „Wenn es gut läuft, entfernt er das Auto. Häufig aber kommt die Mitteilung zurück, dass das Fahrzeug veräußert wurde. Und das Spiel beginnt von neuem“, erklärt Sabine Erdmann.

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Die Zunahme der Schrottautos ist laut Sabine Erdmann übrigens kein Problem, das Geesthacht exklusiv hat. „Ich war auf einer Tagung der örtlichen Ordnungsbehörden, das ist kreisweit so bei den Mittelstädten. Die klagen alle über eine Zunahme, und dass die Verfahren so lange dauern.“