Geesthacht/Kiel. Petition mit 7800 Unterschriften dem Landtag übergeben. Staatssekretär lässt mit Aussage zum Krankenhaus Geesthacht aufhorchen.

Qualvolle Schreie einer Frau dröhnten am Dienstagmorgen durch Raum 142 im Kieler Landtag. Allerdings kamen die Schreie nur vom Band. Dieses hatten Jennifer Fröhlich und Miriam Jens von der Geburtenhilfe im Geesthachter Krankenhaus mitgebracht. Neben der Tonaufnahme hatten Hebammen Fröhlich und Abteilungsleiterin Jens auch eine Petition mit 7800 Unterschriften im Gepäck. Die zahlreichen Unterzeichner fordern, dass sich die Landesregierung für den Erhalt der Geburtenstation im Speziellen und den Erhalt des Geesthachter Krankenhauses im Allgemeinen einsetzt.

„Möchten Sie verantworten, dass eine Frau wie diese, 30 bis 45 Minuten so im Auto sitzt?“, fragte Jennifer Fröhlich bezüglich der Schreie die Mitglieder des Petitionsausschusses. „Glauben sie, dass der Fahrer konzentriert am Straßenverkehr teilnimmt und nicht sich oder andere gefährdet?“ Fröhlichs rhetorische Fragen zielten darauf ab, dass werdende Eltern künftig lange Strecken auf sich nehmen müssten, wenn die Geburtenstation in Geesthacht wegfällt.

Krankenhaus Geesthacht: Investoren wollen Geburtenstation erhalten

Problematisch sei dies nicht nur wegen den Schmerzen, sondern auch weil die Latenzphase in der Schwangerschaft für die Frauen mit viel Stress verbunden ist. Müssen sie nämlich eine Fahrt von 30 bis 60 Minuten auf sich nehmen, ohne dass am Ende etwas passiert, sei das für die ganze Familie belastend. „Gerade, wenn eine Mutter das zweite, dritte oder vierte Kind bekommt“, sagte Fröhlich. Denn monetär sei es nicht abgebildet, dass die Frauen dann in der Klinik bleiben – sie müssen den langen Weg wieder zurück nach Hause antreten.

Dass Fröhlich, Jens und 7800 Unterzeichner für den Erhalt der Geburtenstation kämpfen, liegt auch daran, dass diese einen sehr guten Ruf genießt. „Wir haben eine gute Personaldecke, hatten nie Probleme, Nachwuchs zu bekommen und bilden Studierende aus“, betonte Miriam Jens. Außerdem würden Mutter und Kind in Geesthacht in aller Regel eine Eins-zu-Eins-Betreuung erfahren. In vielen anderen Krankenhäusern kümmern sich Hebammen um gleich mehrere Mütter. „Wir sind eine babyfreundlich-zertifizierte Klinik, eine der wenigen in Deutschland. Für viele ist das ein Add-On. Für uns ist das ein Minimalkonsens“, sagt Miriam Jens.

Krankenhaus Geesthacht
Die Geesthachter Hebamme Jennifer Fröhlich wurde von einem TV-Team interviewt. © privat | Privat

Zuletzt war die Zahl der Entbindungen in der Geesthachter Klinik leicht zurückgegangen. 2022 erblickten am Runden Berge 714 Babys das Licht der Welt, 2023 waren es noch 673. „Sinkende Geburtenzahlen bedeuten nicht zwingend eine sinkende Relevanz“, sagt Miriam Jens. Schließlich seien bundesweit die Geburtenzahlen zurückgegangen, im schleswig-holsteinischen Vergleich in Geesthacht auch nur moderat. Und: Trotz des laufenden Insolvenzverfahrens gebe es bereits Anmeldungen für das kommende Jahr.

Krankenhaus Geesthacht: Es gibt Interessenten für die Geburtenstation

Jennifer Fröhlich und Miriam Jens fordern von der Landesregierung, dass diese ein Bekenntnis zum Geburtshilfe-Standort in Geesthacht abgibt. Außerdem solle es politisch, finanziell und strukturell Unterstützung für pädiatrische Konzepte und den Aufbau eines Hebammenkreißsaals geben. „Wir wünschen uns, dass sie eine zukunftsfähige, verantwortungsvolle Gesundheitspolitik im Blick behalten.“

Gute Nachrichten konnte Staatssekretär Oliver Grundei (CDU) den Krankenhaus-Angestellten überbringen. Dass es mehrere Interessenten für die Übernahme der Klinik gibt, hatten die Sanierungsgeschäftsführer Tobias Vaasen und Stefan Denkhaus bereits im November bekanntgegeben. „So viel darf ich verraten: Es gibt durchaus Interessenten, die sich auch eine geburtshilfliche Versorgung vorstellen können“, ließ Grundei durchblicken.

Land will keine Betriebskosten übernehmen

Es sei allerdings nicht gesichert, dass eine Geburtenstation mit dem aktuellen Vergütungssystem betriebswirtschaftlich sinnvoll sei. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wolle das Land aber unterstützen. In den vergangenen zwei Jahren hatte das Land knapp 500 Euro aus Bundesmitteln pro Geburt an das Krankenhaus gezahlt. 2022 flossen so rund 275.000 Euro nach Geesthacht, 2023 waren 331.000 Euro.

Dass sich das Land Schleswig-Holstein an den Betriebskosten des Krankenhauses beteiligt, schloss Grundei indes aus. Das habe es vereinzelt in Süddeutschland gegeben, sei hier aber nicht denkbar. Vielmehr sei es Sache des Bundes, den Kliniken dort unter die Arme zu greifen. Vom Land seien nur investive Gelder zu erwarten. Kritik äußerte Grundei an der Krankenhausreform des Bundes, die im Oktober verabschiedet wurde. Die tatsächlichen Kosten, die durch eine Behandlung entstehen, würde dort nicht abgebildet werden.

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Auch wenn die Leistungen der Geesthachter Klinik im bis Ende 2025 gültigen Krankenhausversorgungsplan des Landes festgelegt sind, sei dies keine Garantie, dass alle Fachbereiche nach der Übernahme durch einen Investor erhalten bleiben. Da Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen sind, könne man sie nicht zu einer Leistungserbringung verpflichten. „Das Krankenhaus kann einen Versorgungsauftrag jederzeit zurückgeben“, sagt Grundei. Daher sei jetzt auch nicht absehbar, welche Leistungen am Standort bestehen bleiben. Eine Versorgungsverpflichtung in Sachen Geburtenstation durch den Kreis sieht die Landesregierung nicht.