Geesthacht. Kompetenzzentrum für Adipositas soll erweitert werden. Jährlich werden 1500 Patienten behandelt. Wovon die Rettung abhängig ist.
Ist die erste Abteilung im insolventen Krankenhaus Geesthacht gerettet? Das Adipositaszentrum für die Behandlung von Menschen mit krankhaftem Übergewicht bleibt am Standort erhalten und soll sein Angebot sogar erweitern. Dadurch würde es die nächsthöhere Zertifizierungsstufe als sogenanntes Referenzzentrum erhalten. Das teilt die vorübergehende Leitung der in Eigenverwaltung befindlichen Klinik mit.
Das klingt allerdings besser als es ist. Die verbindliche Rettung für die Abteilung ist das mitnichten, wie Nachfragen der Redaktion ergeben haben. „Das kann nur ein neuer Träger entscheiden“, so ein Sprecher. Vielmehr sei es Absicht der Sanierungsgeschäftsführung, Stärken im Haus am Runden Berge zu identifizieren, zu fördern und auszubauen.
Geesthacht: Die Rettung für das Adipositaszentrum?
Dies passiere unabhängig vom Investorenprozess, sei aber genauso wie der Einzug des früheren Johanniter-MVZ in das Krankenhausgebäude und die Kooperation zur Besetzung der Notarztfahrzeuge in Boizenburg als Signal für Patienten und mögliche Investoren zu verstehen.
„Wir sind voll betriebs- und funktionsfähig und das Adipositaszentrum ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Wir wollen die Zukunft selbst in die Hand nehmen“, begründet der Sprecher den Schritt.
Kompetenzzentrum bei Behandlung von krankhaftem Übergewicht
Das Adipositaszentrum Geesthacht ist ein regionales Kompetenzzentrum für den Südosten Hamburgs, den Kreis Herzogtum Lauenburg, Westmecklenburg und das angrenzende Niedersachsen. Bislang werden durchschnittlich 1500 Patienten im Jahr vorstellig, die eine professionelle und interdisziplinäre Behandlung für ihre Fettleibigkeit benötigen.
Dazu erklärt der Leiter Dr. Frank Templin: „Wenn die Patienten nach den konservativen Maßnahmen ihr Gewicht nicht reduzieren können, ziehen wir eine Operation in Erwägung. Diese erfolgt minimal-invasiv, mit kleinen Schnitten nach neuster OP-Technik.“
Leitender Arzt: „Die Zahl der Patienten nimmt zu“
Die Klinik in Geesthacht bietet ein ganzheitliches Konzept, bestehend aus konservativer Therapie mit Beratungsgesprächen, Gruppentherapien, Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien sowie der operativen Therapie. Dieses Programm dauert in der Regel drei bis sechs Monate und ist von den Krankenkassen, die die Kosten übernehmen, vorgeschrieben.
In Deutschland sind laut der Adipositas-Gesellschaft ein Viertel aller Erwachsenen stark übergewichtig, das heißt, sie haben einen Body-Mass-Index (BMI) von über 30. „Die Zahl der Patienten nimmt zu“, betont Frank Templin und ergänzt: „Sie haben häufig einen langen Leidensweg hinter sich, bevor sie in unser Zentrum kommen. Adipositas ist eine Erkrankung, die in der Gesellschaft oft nicht anerkannt ist und für die die Patienten nichts können.“
Oft gibt es hormonelle oder genetische Veranlagungen für die Gewichtszunahme, in deren Folgen weitere gesundheitliche Probleme entstehen können wie Diabetes, Bluthochdruck, Gelenkprobleme, Bewegungseinschränkungen und oft auch Depressionen. Die Erfolge in Geesthacht können sich sehen lassen: So konnte die Schwarzenbekerin Nicole Nwaokoro 2023 ihr Gewicht um sagenhafte 136 Kilogramm reduzieren.
Mitarbeiteraktion am 6. Dezember in Fußgängerzone
Derweil haben die Mitarbeiter des Krankenhauses am Freitag, 6. Dezember, von 14 bis 17 Uhr eine Aktion in der Fußgängerzone in der Bergedorfer Straße geplant, bei der Geesthachter und andere Menschen aus der Region schriftlich ihre Unterstützung für den Erhalt der Klinik zum Ausdruck bringen können. Am Dienstag, 10. Dezember, spricht Jennifer Fröhlich als Initiatorin einer Petition vor dem Petitionsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages.
Die Sanierungsgeschäftsführung will Mitte des Monats verkünden, welche Abteilungen im Krankenhaus Geesthacht erhalten bleiben. In ihrem Zukunftskonzept gelten die Psychiatrie und die Geriatrie als wichtige Bestandteile. Letztere womöglich durch Umzug aus Edmundsthal ins Haupthaus am Runden Berge.
Mitte Dezember ist mit Ergebnissen zu rechnen
Als problematisch gilt die Geburtsklinik, deren durchschnittlich etwa 700 Geburten im Jahr als finanziell nicht ausreichend gelten. Ein Geesthachter Problem im bisherigen Gesundheitsmodell: Bei natürlichen Geburten, wie sie in Geesthacht gefördert werden, zahlt ein Krankenhaus dazu, für einen Kaiserschnitt bekommt es Geld.
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Am 23. September hatten die Johanniter sowohl für das Krankenhaus als auch für die Geriatrie und Seniorenzentrum GmbH ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Am 1. Oktober verkündeten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Sanierungsgeschäftsführer Tobias Vaasen den Rückzug der Johanniter aus Geesthacht.