Aumühle/Lübeck. 55 Jahre alter Mann hat in Aumühle seine Ehefrau erwürgt. Im Revisionsverfahren hat das Landgericht Lübeck nun erneut geurteilt.
Acht Jahre und sechs Monate Haft wegen Totschlags: So lautet das Urteil gegen Alexander S. (alle Namen geändert), das am Dienstag, 26. November, vor dem Landgericht Lübeck gefällt worden ist. Die Staatsanwaltschaft und Nebenklägerverteidigung hatten auf acht Jahre und sechs Monate Haft, die Verteidigung auf fünf Jahre Freiheitsstrafe plädiert. Wie berichtet, hat der 55 Jahre alte Mann aus Aumühle seine Ehefrau Olga H. am 8. März 2023 nach einem Streit erwürgt.
Es war nicht das erste Mal, das sich das Gericht mit dem Fall befasste. Bereits vor einem Jahr war Alexander S. nach sechs Verhandlungstagen und mehr als 20 gehörten Zeugen wegen Totschlages zu einer Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er war in Revision gegangen. Im Mai hob der Bundesgerichtshof das Urteil teilweise auf.
Aumühle: Ehefrau erwürgt – Landgericht Lübeck fällt erneut Urteil
Es sollte von einer anderen großen Strafkammer geprüft werden, ob es sich um einen minder schweren Fall von Totschlag handelte. Laut Strafgesetzbuch liegt dieser vor, wenn der Totschläger „ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist“.
Laut Alexander S. habe seine Frau wenige Tage vor der Tat versucht, ihn umzubringen. Die Ehe war schwierig, jahrelange Konflikte hatten sich angestaut. Auch Gewalt hatte es zuvor unter den Eheleuten gegeben. Während des Streits, in dessen Folge Alexander S. seine Frau erwürgte, habe er sich laut eigener Aussage bedroht gefühlt. Am ersten Tag der Revisionsverhandlung war unter anderem jene Psychiaterin vernommen worden, mit der Alexander S. nach Haftantritt über die Tat gesprochen hatte. Wäre ein minder schwerer Fall festgestellt worden, hätte das den Strafrahmen erheblich verschoben. Normalerweise wird Totschlag mit einer Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren bestraft. Bei einem minder schweren Fall sind ein bis zehn Jahre möglich.
Ehefrau erwürgt: 55 Jahre alter Mann aus Aumühle scheitert mit Revision vor Gericht
Doch das sah das Gericht nicht so. Es sei geprüft worden, ob ein minderschwerer Fall von Totschlag vorliege, sagte Richter Jörg Zachariae bei der Urteilsverkündung. „Es wurde festgestellt, dass dieser Fall nicht vorliegt“, so der Richter. Um kurz vor 22 Uhr am Tatabend sei ein Streit zwischen den Eheleuten entbrannt. Olga H. habe ihren Mann gegen eine Tür gedrückt, eine Flasche Likör nach ihm geworfen, dann eine Flasche Sirup. Beide Male habe sie ihren Mann verfehlt. „Sie wusste, dass sie ihm unterlegen war, und er wusste es auch“, so Zachariae.
Schließlich habe Olga H. ihrem Mann ins Gesicht geschlagen, er habe sofort zurückgeschlagen, sie ging zu Boden, er schlug drei weitere Male zu. „Sie schrie vor Angst und versuchte aufzustehen“, so der Richter. Dann würgte Alexander S. seine Frau zu Tode. Laut Einschätzung des Gerichts seien weder ihre Äußerungen vor der Tat noch das Werfen der Flaschen oder die Ohrfeige erheblich genug gewesen, um den Totschlag nachvollziehbar erscheinen zu lassen.
Landgericht Lübeck entscheidet: Der Strafrahmen von fünf bis 15 Jahren blieb bestehen
Es fehle schlicht an Voraussetzungen, um einen minderschweren Fall von Totschlag festzustellen, sodass der Strafrahmen von fünf bis 15 Jahren bestehen blieb. Mit der Strafe von achteinhalb Jahren Gefängnis bestätigte das Gericht das Urteil der ersten Instanz exakt. Für Alexander S. habe gesprochen, dass er nicht vorbestraft sei, dass die Situation sich zumindest in der Nähe einer Affekthandlung bewege und dass der heute 55-Jährige direkt nach der Tat ohne Beistand eines Verteidigers ein Geständnis bei der Polizei abgelegt habe.
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Als strafschärfend wertete das Gericht, dass die Folgen des Todes von Olga H. besonders schwer sind. Sie und Alexander S. haben zwei gemeinsame Söhne, die heute sechs und zwölf Jahre alt sind. Aus erster Ehe hat die Getötete zudem zwei erwachsene Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Alle vier haben durch die Tat ihre Mutter verloren und leiden unter dem Verlust, teilweise schwer.
Der Totschlag in Aumühle hat die Familie komplett zerstört
Die beiden gemeinsamen Söhne sowie die Tochter befinden sich in therapeutischer Behandlung. Der erwachsene Sohn ist psychisch krank, seine Mutter war bis zu ihrem Tod eine wichtige Bezugsperson, die er durch die Tat verloren hat. Die Mutter von Olga H. habe, so Richter Zachariae, nicht nur ihre Tochter verloren, sondern müsse sich nun im fortgeschrittenen Alter auch erneut um kleine Kinder kümmern. Die minderjährigen Söhne leben seit der Tat bei ihr.
Vor der Urteilsverkündung meldete sich Alexander S. vor Gericht zu Wort, bekräftigte abermals, was seine Frau für ein schwieriger Mensch war, dass er vor der Tat aufgrund ihres Verhaltens Angst um das Leben seiner Kinder und sein eigenes gehabt habe. „Sie hat gesagt, dass sie mich umbringt“, so der 55-Jährige. „Ich hätte es sonst nie getan. Ich habe niemals jemandem den Tod gewünscht, auch ihr nicht.“