Lauenburg/Geesthacht. Nach nur einem Jahr Bauzeit: Forschungsschiff „Coriolis“ wurde mit viel Prominenz auf der Lauenburger Hitzler-Werft getauft.
Um 12.18 Uhr schritt Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Montag, 18. November, zur Tat. Am Bug des neuen Forschungsschiffes „Coriolis“ stehend zog sie an einer Leine, die eine Champagner-Flasche aus einem Gestell löste. Die Buddel sauste im freien Fall gegen die Bordwand der „Coriolis“ – und zerschellte pflichtgemäß in Tausend Stücke.
Während der Schaumwein in alle Himmelsrichtungen spritzte, ertönten aus der Signalanlage laute Morsezeichen. „Sie bedeuten ,Gute Fahrt‘“, erklärte Kai Klimenko, zusammen mit seinem Vater Marek Chef der Hitzler-Werft in Lauenburg, auf der die „Coriolis“ gebaut wurde. Es ging schnell. Erst im Januar 2023 wurden die ersten Stahlplatten zusammengeschweißt.
Forschungsschiff „Coriolis“: Perfekte Taufe auf der Hitzler-Werft
Die „Coriolis“, die auch mit Wasserstoff fahren kann, gilt nicht als irgendein Schiff, das wurde in den Festansprachen immer wieder hervorgehoben. Da fielen unter anderem Worte wie „technisches Meisterwerk, das einige große Fragen unserer Zeit voranbringen soll“ von Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft.
„Ein Meilenstein für Innovation und Nachhaltigkeit, auf den wir im Kreis Herzogtum Lauenburg besonders stolz sein können“, ergänzte die Landtagsabgeordnete Andrea Tschacher (CDU). „Die Taufe der „Coriolis“ ist ein Meilenstein für regenerative Schiffsantriebe“, befand die Bundestagsabgeordnete Nina Scheer (SPD). „Ein kleines Hereon auf dem Wasser“, sagte Ministerialdirigent Ralf Gebel aus dem Bundesministerium für Bild und Forschung, außerdem Aufsichtsratsvorsitzender des Hereon.
Die Taufpatin erlebte ihre allererste Schiffstaufe
Damit angesichts der hohen symbolischen Bedeutung nichts schiefgeht, hatte man dem erfolgreichen Zerschellen mit einem kleinen Trick nachgeholfen. Der Flasche war eine Sollbruchstelle eingeritzt worden. Der Flaschenhals fiel übrigens nicht ins Wasser, sondern wurde aufgefangen und Karin Prien kurze Zeit später als überraschendes Andenken überreicht. Es sei ihre erste Schiffstaufe gewesen, gestand die offizielle Taufpatin.
In der Werfthalle waren lange Reihen von Bestuhlung aufgebaut worden, zu der Feier waren auch die Werft-Mitarbeiter eingeladen. Rund 400 Gäste waren vor Ort. Aus der lokalen Politik hatte unter anderem Lauenburgs Bürgermeister Thorben Brackmann Platz genommen, wie auch Olaf Schulze, sein Amtskollege aus Geesthacht, sowie Geesthachts Bürgervorsteher Arne Ertelt (CDU). Da Geesthacht Standort des das Schiff betreibenden Helmholtz-Zentrums Hereon ist, wird das Stadtwappen später die Flagge des Schiffes zieren.
Der Liegeplatz wird an der Küste sein – wo, steht noch aus
Wo indes der Liegeplatz sein wird, muss erst noch festgelegt werden. „Es wird ein Seehafen sein“, sagt Projektleiter Jens Meywerk. Der Nachfolger von Volker Dzaak – der ließ es sich natürlich auch als Ruheständler nicht nehmen, ebenfalls dabeizusein – erzählt, wie es weitergeht: Im Januar stehen die ersten Probefahrten vor Lauenburg auf der Elbe an, im Februar geht es dann zur Nordsee.
Die erste Forschungsreise geht im Frühjahr ins Wattenmeer. Geforscht werden soll zu Auswirkungen durch die Klimaveränderung. Wegen eines Tiefganges von 1,6 Metern ist die „Coriolis“ vielseitig einsetzbar, sowohl in Flüssen als auch auf hoher See.
Innovativer Wasserstoffantrieb wird im Juni nachgerüstet
Der innovative Wasserstoffantrieb wird dann wohl ziemlich sicher noch nicht an Bord sein. Er wird, so der Plan, erst im Juni nachgerüstet. Einige Komponenten für den Bau befinden sich noch in der Ausschreibung.
Unter den Gästen war auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann aus Lauenburg, der als Koordinator für die Maritime Wirtschaft maßgeblich die Fördergelder herangeholt hatte. Veranschlagt für den Bau des Schiffes wurden 15 Millionen, rund 13,5 Millionen Euro wurden 2020 als Zuschuss vom Haushaltsausschuss des Bundestages bewilligt. Er bekam als Anerkennung ein Miniaturmodell der „Coriolis“ überreicht. „Das kommt auf meinen Schreibtisch“, verrät er.
„Ludwig Prandtl II“ soll versteigert werden
Dort befindet bereits sein weiteres Andenken an den Bau der „Coriolis“: die Ein-Euro-Münze, die bei der Kiellegung vor einem Jahr aus Tradition unter den Rumpf gelegt worden war. Sie ist komplett plattgedrückt vom 30 Meter langen und acht Meter breiten, tonnenschweren Schiff.
Das Vorgängerschiff, die „Ludwig Prandtl II“, befindet sich übrigens derzeit auf dem Liegeplatz an der Elbe auf Höhe des Oortkaten Sees in Ochsenwerder. Das Schiff soll über das Portal Vebeg versteigert werden, sobald alles „klar Schiff“ ist mit der „Coriolis“.
Zunächst müssen aus der „Ludwig Prandtl II“ noch einige wissenschaftliche Geräte ab- und auf dem neuen Forschungsschiff wieder eingebaut werden. Das Schiff ist 40 Jahre alt, „aber super in Schuss“, sagt Jens Meywerk. „Ein Gutachten bescheinigt einen Wert von 350.000 Euro.“
Gefahren werden Tagesetappen – abends geht es an Land
Auch die drei Kapitäne waren unter den Gästen. Heiko Gerbartsch, Marco Schacht und Lars Engelke bilden die Crew. Soll bei einer Fahrt der Wasserstoffantrieb zum Einsatz kommen, muss ein spezieller Techniker mitreisen. Platz ist für bis zu zwölf Wissenschaftler. Die Fahrten auf der Nord- und Ostsee – die längste Strecke ist von Hamburg nach Stralsund – sind jeweils Tagesetappen. Abends wird in einem Hafen angelegt.
Mit dem Bau der „Coriolis“ setzt das Hereon Maßstäbe in der klimafreundlichen Schifffahrt. Auf einer Fläche von 47 Quadratmetern vereint sie ein Nass-, Trocken- beziehungsweise E-Labor sowie ein Labor für die Wasserstoffforschung. Als weltweit erstes Schiff verfügt das Schiff über ein innovatives Antriebssystem aus einem Elektromotor, der mit Diesel, über eine Batterie oder direkt durch Wasserstoff betrieben werden kann.
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Auf der Hitzler-Werft rollt jetzt das nächste Großprojekt an
Der Wasserstoffantrieb wird während der Fahrt an Bord erprobt. In diesen Phasen fährt das Schiff vollkommen emissionsfrei. Auch der Dieselmotor ist durch eine am Hereon gefertigte spezielle Membran weniger klimaschädlich als übliche Schiffsmotoren. Durch die Gewinnung von Daten und Erfahrungswerten könne langfristig der Weg zu einer grüneren Schifffahrt bereitet werden, so die Hoffnungen.
Der Platz der „Coriolis“ auf der Hitzler-Werft ist bereits wieder verplant. In Kürze beginnt hier der Bau der neuen Elbfähre bei Bleckede. „Die „Coriolis“ wird den Winter draußen verbringen“, kündigte Kai Klimenko an. Eine gute Vorbereitung für den rauen Wind auf den Meeren.