Geesthacht. Trotzdem bleibt nach einer Betriebsversammlung Ungewissheit und Hilflosigkeit unter den Mitarbeitern. Notaufnahme stockt Personal auf.
Die Ungewissheit über ihre berufliche Zukunft ist bei den Mitarbeitern des Geesthachter Krankenhauses auch nach einer Mitarbeiterversammlung am Dienstag, 5. November, geblieben. Konkrete Antworten, wie es mit der Klinik am Runden Berge nach dem Ausstieg der Johanniter weitergeht, blieb die Interimsgeschäftsführung schuldig. Bei der Zusammenkunft, bei der über den Stand des laufenden Insolvenzverfahrens informiert wurde, gab es aber zumindest eine positive Nachricht.
„Es haben sich mehr Interessenten gemeldet als erwartet“, berichtete Jens Glasow, der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung des Krankenhauses, auf Anfrage. Wobei dabei sowohl die genaue Zahl der Interessenten als auch an welchen Abteilungen das jeweilige Interesse bestehe, nicht näher erläutert wurde. „Um nicht zu positive Erwartungen zu wecken“, wie Glasow ausführte.
Mehr Interessenten am Geesthachter Krankenhaus als erwartet
Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung geht es um drei Teilbereiche: das Krankenhaus mit der Psychiatrie, die Geriatrie und das Altenheim. Die beiden Letzteren firmieren unter einem Dach als Klinik für Geriatrie und Seniorenzentrum Geesthacht GmbH. Auch dort gab es am Dienstag eine Betriebsversammlung.
Am düstersten sieht es für die Gynäkologie und die Geburtsklinik aus. Hierzu gab es nur die Äußerung, sie solle möglichst erhalten bleiben. Die Krux bei der mehrfach als geburtenfreundlich ausgezeichneten Abteilung: Bei einer natürlichen Geburt zahlt das Krankenhaus dazu, während es für einen Kaiserschnitt verhältnismäßig viel Geld gibt.
Was bei Geburtskliniken falsch läuft
„Das ist ein Frevel unseres Gesundheitssystems. Wir begehen quasi eine Körperverletzung an der Frau, indem wir ihre Bauchdecke aufschneiden, obwohl mitunter eine natürliche Geburt möglich ist. Hier müsste anders abgerechnet werden“, schimpft Glasow.
Apropos Zahlen: Bei der Mitarbeiterversammlung wurden auch Geschäftszahlen – nach Abteilungen aufgeschlüsselt – präsentiert. „Das Defizit im Jahr 2023 lag im mittleren einstelligen Millionenbereich“, so Glasow. Anderen Häusern gehe es deutschlandweit schlechter, fand eine Krankenschwester, die bei der Versammlung war. Anfang Dezember, so hofft die Interimsgeschäftsführung, soll die Insolvenz in Eigenverwaltung weitgehend abgeschlossen zu haben.
Derzeit läuft die zweite Phase des Investorenprozesses, in dem Interessenten einen detaillierten Einblick in die Zahlen erhalten, um entscheiden zu können, ob es für sie wirklich lukrativ ist. Jens Glasow bleibt zumindest optimistisch: „Das Krankenhaus hat eindeutig Potenziale, etwa die Notfallversorgung mit seinem relativ hohen Patientenaufkommen. Jetzt sind wir weiter guter Dinge, dass die Zusagen weiter eingehalten werden.“
Mitarbeiter: „Können sich aufs Krankenhaus verlassen“
In einer bereits vor der Mitarbeiterversammlung verschickten Mitteilung wird derweil betont: „Die Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg können sich wie gewohnt auf die Akut- und Notfallmedizin im Krankenhaus Geesthacht verlassen.“ Die Notaufnahme werde von den Rettungsdiensten gleichberechtigt mit anderen Krankenhäusern der Region angefahren. Dank der Fachabteilungen in Geesthacht können alle notwendigen Untersuchungen in möglichst kurzer Zeit durchgeführt werden.
„Unser engagiertes, spezialisiertes Team ist für die Menschen unseres Landkreises da. Im täglichen Einsatz erleben wir, wie sehr das Krankenhaus Geesthacht in der Region gebraucht und von den Patientinnen und Patienten geschätzt wird“, sagt Dr. med. Rouven-Alexander von Holten, Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie.
Das Pflegepersonal in der zentralen Notaufnahme wurde kürzlich sogar aufgestockt, um die Patientenversorgung weiter zu verbessern. Und erst im Oktober hat das Krankenhaus die externe Qualitätskontrolle zur Versorgung von hüftgelenksnahen Oberschenkelbrüchen bestanden. Ob das nach der Sanierung weiter angeboten wird und welche Behandlungen dann noch in Geesthacht möglich sind, ist derzeit offen.
Am 23. September Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt
Rückblick: Am 23. September hatten die Johanniter sowohl für das Krankenhaus als auch für die Geriatrie und Seniorenzentrum GmbH vorsorglich ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Am 1. Oktober verkündeten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Sanierungsgeschäftsführer Tobias Vaasen den Rückzug der Johanniter aus Geesthacht, die 1982 das vormals städtische Krankenhaus übernommen hatten.
Mittlerweile ist der Namenszusatz Johanniter aus dem Handelsregister gestrichen. Die Klinik firmiert nun unter Krankenhaus Geesthacht GmbH und die Geriatrie unter Klinik für Geriatrie und Seniorenzentrum Geesthacht GmbH. Die Johanniter sind jeweils noch mit 10,1 Prozent beteiligt.
Krankenhaus-Petition bei 7500 Unterschriften
Für den Erhalt des Krankenhauses und insbesondere der Geburtsklinik rief Hebammenstudentin Jennifer Fröhlich eine Petition ins Leben. Schon am zweiten Tag war die erforderliche Zahl von 2000 Unterschriften erreicht, sodass Fröhlich ihr Anliegen persönlich vor dem Petitionsausschuss des Landtages vortragen kann.
Am Dienstag, 5. November, waren es 7500 Unterschriften. In der Regel nimmt die Zahl der Unterschriften rapide ab, sobald die 2000er-Marke geknackt ist. Das unterstreicht einmal mehr, wie stark die Unterstützung in der Bevölkerung zum Erhalt des Krankenhauses ist.
SPD mit Veranstaltung zum Krankenhaus
Mehrere Nachbarstädte, Kommunen und Parteien sowie der Kreistag plädieren in gemeinsamen Erklärungen für den Erhalt des Krankenhauses, das jährlich rund 10.000 stationäre sowie rund 20.000 ambulante Patienten versorgt. Das Seniorenzentrum bietet 76 stationäre Pflegeplätze an, die Klinik für Geriatrie Geesthacht verfügt über 73 stationäre Betten.
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Die SPD-Fraktion Geesthacht lädt am Donnerstag, 14. November, unter dem Titel „Geesthachter Krankenhaus muss bleiben!“ in den Oberstadttreff ein (19 Uhr, Dialogweg 1). Über den aktuellen Stand informieren Bürgermeister Olaf Schulze, Krankenhaus-Geschäftsführer Tobias Vaasen sowie Jens Glasow von der Mitarbeitervertretung.