Schwarzenbek. Schleswig-Holstein will Zahl der Standorte aus Kostengründen verkleinern. Was für den Erhalt des Gerichts in Schwarzenbek spricht.
In Schwarzenbek hat die Nachricht einer möglichen Schließung des Amtsgerichts für große Unruhe gesorgt. Die Landesregierung hatte Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) beauftragt, aus Kostengründen die Struktur der Amtsgerichte in den Blick zu nehmen. Maßgabe: Künftig solle es nur noch ein Amtsgericht pro Landkreis geben. Im Kreis Herzogtum Lauenburg würde dies das Aus für einen der Standorte in Schwarzenbek oder Ratzeburg bedeuten.
Mit einer Resolution will die Schwarzenbeker Kommunalpolitik dem nun entgegenwirken. „Die Stadtverordneten der Stadt Schwarzenbek lehnen eine Schließung des Amtsgerichts Schwarzenbek entschieden ab“, heißt es in der Beschlussvorlage. Der wohnortnahe Zugang zur Justiz sei ein essenzieller Bestandteil des Rechtsstaates. Längere Wege würden ältere, mobilitätseingeschränkte Menschen belasten und auch für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen eine erhebliche Hürde darstellen.
Einsparungen und Nachteile stünden in keinem Verhältnis
„Die Schließung würde nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen in unserer Stadt bedeuten, sondern auch zahlreiche Beschäftigte, darunter Richterinnen, Richter sowie Justizangestellte und ihre Familien, vor große Herausforderungen stellen“, mahnen die Stadtverordneten in dem gemeinsamen Statement. Die Kosten, die durch eine Schließung des Amtsgerichts eingespart würden, stünden in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die daraus entstehen. Die Verlagerung von Gerichten werde voraussichtlich mehr Geld kosten, als durch die Standortschließungen gespart wird.
Dass eine Schließung des Schwarzenbeker Amtsgerichts eine ganze Reihe Nachteile mit sich bringen würde, glaubt auch Jan Philipp Ruppolt. Er ist Fachanwalt für Familienrecht und sitzt für die FDP in der Stadtverordnetenversammlung. Menschen, die im Gefängnis saßen, seien häufig nicht im Besitz eines Autos, sagt er. Für sie sei ein Termin im Gericht mit größerem logistischen und auch finanziellen Aufwand verbunden.
Schließung von Amtsgerichten würde Arbeit ineffektiv machen
Zudem könnte es auch eine psychologische Wirkung haben, meint Ruppolt. „Das ist dann ein bisschen aus den Augen, aus dem Sinn“, sagt er. So sei es gut, wenn die Judikative auch in der Stadt sichtbar bliebe. „In Schwarzenbek haben wir irgendwann 20.000 Einwohner. Da sollten die drei Säulen der Demokratie in der Stadt vorhanden sein“, sagt er.
Sollte die Zahl der Amtsgerichte in Schleswig-Holstein verringert werden, würden Staatsanwälte und Rechtsbeistände künftig mehr im Auto und weniger im Gerichtssaal sitzen. „Das würde die Arbeit deutlich ineffektiver machen und zusätzliche Emissionen verursachen“, sagt Ruppolt.
Auch Sozial- und Arbeitsgerichte von Reform betroffen
Der Familienanwalt weist darauf hin, dass nicht nur die Amtsgerichte von der Reform betroffen wären. Auch die Schließung aller Sozial- und Arbeitsgerichte steht im Raum. Fälle für Arbeits- und Sozialgerichte aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg werden aktuell in Lübeck verhandelt. Doch das Land plant, alle Standorte zu zentralisieren.
Hoffnungsvoll zeigt sich indes Schwarzenbeks Amtsgerichtsdirektor Suntke Aden. „Es handelt sich nur um einen Prüfauftrag“, sagt er. Heißt: Entschieden ist noch gar nichts. Daher habe ihn auch geärgert, dass durch die mediale Berichterstattung der Eindruck entstanden sei, dass Standorte sicher geschlossen würden.
Amtsgerichtsdirektor glaubt nicht an Schließung
„Ich musste in der vergangenen Woche viele Gespräche führen“, sagt er. Bei den rund 80 Mitarbeitern haben die Meldungen für Verunsicherung gesorgt, gerade bei denen, die ihren Lebensmittelpunkt in Schwarzenbek haben und möglicherweise sogar ein Haus bauen. Das Schwarzenbeker Amtsgericht stehe in Konkurrenz mit Hamburg um jede Fachkraft.
Dass nämlich einer der Standorte in Schwarzenbek oder Ratzeburg geschlossen wird, glaubt Aden nicht. Schließlich seien die Gerichtsgebäude in beiden Städten nicht groß genug, um Platz für das jeweils andere zu bieten. „Ein neuer Standort würde so viel Geld kosten, dass ein Einsparungseffekt nicht gegeben wäre“, erklärt er.
Stehen Reinbek, Elmshorn und Norderstedt vor dem Aus?
Hintergrund des Prüfauftrags ist die angespannte Haushaltslage des Landes Schleswig-Holstein. „Das Justizministerium wird im Zuge der Haushaltskonsolidierung in den kommenden Jahren im Auftrag der Landesregierung Gerichtsstrukturen in Schleswig-Holstein reformieren“, hieß es in einer am 25. September veröffentlichten Mitteilung des Ministeriums. Eine Anfrage des Hamburger Abendblatts, ob die Amtsgerichtsstandorte in Reinbek, Schwarzenbek, Norderstedt und Elmshorn geschlossen werden, wurde vom Ministerium weder bestätigt noch dementiert.
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Über den Resolutionsantrag entscheiden die Schwarzenbeker Stadtverordneten in ihrer Sitzung am Donnerstag, 17. Oktober, im Rathaus. Sollte er verabschiedet werden, wäre dies mit einer Aufforderung an das Land verbunden, die Schließung des Amtsgerichtsstandorts Schwarzenbek zu verhindern und die Strukturen so zu gestalten, dass ein wohnortnaher und barrierefreier Zugang zur Justiz weiterhin gewährleistet bleibt.