Geesthacht. Der Grüner Jäger wird zur Ruine. Und das schmerzt Sascha Franke. Geesthachts bekanntester Gastronom redet jetzt Klartext.
Die Situation ist dramatisch für Geesthachts ältestes Haus. Sollte kein Wunder mehr passieren, dürften die Zukunftsperspektiven des Forsthaus Grüner Jäger feststehen. Und die sehen nicht gerade gut aus. Sie lauten: Verfall zur Ruine, am Ende vielleicht ein Abriss. Denn Denkmalschutz besteht wegen einiger Veränderungen trotz des Baujahres von 1650 nicht.
Warum nur griff kein Gastronom zu, als eine Maklerin den ruhenden Gasthof erst zum Verkauf, dann ebenso erfolglos zur Pacht anbot? Die Lage im Wald ist traumhaft, die Erreichbarkeit auch. Die Immobilie liegt direkt an der Bundesstraße 5 zwischen Geesthacht und Lauenburg, Parkplätze befinden sich gleich vor dem Haus.
Warum nur griff kein Gastronom zu – die Lage im Wald ist traumhaft
„Weil der Preis viel zu hoch ist, der ist definitiv in der momentanen Situation nicht darstellbar“, sagt Sascha Franke. Geesthachts bekanntester Gastronom und Eventveranstalter kennt sich aus in der Branche. Unter anderem verantwortet er das Landhaus Tesperhude und den Beachclub am Elbufer, ist Erfinder und Organisator des Elbfestes.
2.490.000 Euro lautete die Preisvorstellung zum Start im Mai vor einem Jahr auf der Seite der Firma Evernest Urban Real Estate. Mittlerweile sind die Versuche gestoppt, die Immobilie zu vermitteln. Das Angebot ist auf der Webseite nicht mehr zu finden.
Der Grüne Jäger war immer ein Vorbild für Sascha Franke
Das Schicksal des Grünen Jäger geht Sascha Franke besonders nahe. „Als ich 1998 hier angefangen habe mit meiner Selbstständigkeit mit dem Landhaus, da war der Grüne Jäger immer mein Vorbild, wo ich gesagt habe, das will ich beruflich auch, da will ich hin“, erzählt Sascha Franke. In dessen letztem Jahr bis zum Verkauf hatte er dem mittlerweile verstorbenen Inhaber Herbert Jürs beim Betrieb unter die Arme gegriffen.
Die größte Krise des Grünen Jäger schien da bereits überstanden – ein Irrtum, wie sich heute zeigt. 2017 brach familiärer Streit aus wegen der Nachfolge. Sohn Ingmar Jürs ging schließlich eigene Wege, und Herbert Jürs plante mit 82 Jahren, ohne ihn wieder durchzustarten. „Er hatte mich angesprochen, weil er es nicht ertragen konnte, dass sein Lebenswerk den Bach runtergeht“, erzählt Sascha Franke. „Als der Grüne Jäger dann nach seinem Tod verkauft wurde, habe ich mich zurückgezogen.“
Stimmt der Preis, würde die Nachfrage stark anziehen
Herbert Jürs hatte den Grünen Jäger 1982 gekauft. Seit Juni 2019 gehört er einer dreiköpfigen Eigentümergemeinschaft, und Per-Philipp Jaha übernahm als Geschäftsführer zunächst das Zepter. Seit den allgemeinen Einschränkungen zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ist geschlossen. Im Frühjahr 2023 begann Maklerin Isabel Maass mit der Suche nach Käufern und Pächtern.
„Ich sehe in dem Objekt sehr viel Potenzial. Wenn das Haus zum richtigen Preis angeboten werden würde, dann würde es in Sachen Nachfrage durch die Decke gehen“, ist Sascha Franke überzeugt. „Es ist eine Location, die mit guter, vernünftiger, traditioneller deutscher Küche betrieben werden kann“, ist er sich sicher.
Problem: Es gibt einen großen Sanierungsstau
„Es müsste empfindlich der Preis gesenkt werden. Ich wäre bei 1,2 Millionen Euro. Wenn der Preis stimmen würde, da würde ich als langjähriger erfahrener Unternehmer der Gastronomie nicht lange überlegen“, sagt Sascha Franke. „Aber mit diesen Konditionen ist es ein Fass ohne Boden.“
So sei der Sanierungsstau in dem Objekt einfach zu groß. „Das Problem ist, wenn ein Objekt gastronomischer Natur länger als sechs Monate stillsteht oder ein Betreiber wechselt, dann fahren die Behörden die ,große Hafenrundfahrt‘“, erklärt er. Soll heißen: Die Ämter schauen ganz genau hin.
Küche, Kühlanlagen – das alles müsste herausgerissen werden
„Weil es so lange stillgestanden hat, würde man keine Konzession mehr bekommen. Man müsste komplett die Küche einmal auf links drehen, herausreißen und neu machen“, sagt er. „Die ganzen Kühlanlagen wie Getränke- und Speisenkühlung sind bestimmt nicht mehr der Norm entsprechend, sie müssten auch alle raus.“ Sascha Franke rechnet deshalb mit Zusatzkosten von etwa einer Viertelmillion Euro, die zum Kaufpreis hinzukämen.
„Wenn man es mir auch zu einer vernünftigen Pacht anbietet, würde ich nicht lange überlegen, da würde ich zugreifen und dann würde es losgehen“, meint Sascha Franke. Die sieht er zwischen 4000 und 6000 Euro – dann aber bei saniertem Gebäude.
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Stimmt der Lohn, würden gute Leute als Fachkräfte kommen
Den Fachkräftemangel in der Gastronomie beäugt auch Sascha Franke kritisch, sieht ihn in diesem Fall aber nicht als No-Go-Kriterium. „Ich würde es nicht davon abhängig machen, das Objekt nicht wiederzueröffnen, weil ich keine Leute habe, das ist für mich nicht der Faktor. Wenn man mehr als den Mindestlohn zahlt, würden Fachkräfte herankommen. Wenn man gute Leute haben will, muss das Geld auch stimmen“, ist er überzeugt.
Der liegt derzeit bei 12,41 Euro pro Stunde. 4.500 Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg würden aktuell für diese Entlohnung arbeiten, berichtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten unter Verweis auf eine Arbeitsmarkt-Untersuchung des Pestel-Instituts.
Unter den jetzigen Voraussetzungen glaubt Sascha Franke nicht, dass der Grüne Jäger dem Verfallstod noch von der Schippe springen kann. „Ganz klar, nein. Wenn ein Umdenken stattfindet, dann kann ich mir das vorstellen. Aber so, wie es jetzt ist, ist das Aussitzen eine Katastrophe.“