Geesthacht. Wird in Geesthacht zu wenig getan, um Überflutungen in der Stadt zu vermeiden? Was Betroffene und die Verwaltung sagen.

Als am Mittwoch, 4. September, abends in Geesthacht ein Gewitter angekündigt war, legte ein Bewohner der Hansastraße lieber selbst Hand an und reinigte die Fangkörbe der Straßenabläufe vor seiner Haustür in Eigenregie. „Ich habe keine Lust, dass meine Wohnung wieder unter Wasser steht. Die Stadt tut ja nichts“, schimpfte der Geesthachter, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Aber ist das wirklich so? Welche Maßnahmen die Verwaltung ergreift, um die Folgen von Starkregen-Ereignissen abzumildern und ob diese ausreichen, soll am Montag, 9. September, Thema im Bauausschuss sein. „Die Leiter vom Abwasserbetrieb und dem Bauhof sind sowieso da“, kündigt der Vorsitzende Björn Reuter (CDU) „ein paar Fragen“ an. „Es kann nicht sein, dass Eigeninitiative von Anwohnern gefragt ist“, stellt Reuter fest.

Geesthacht: Die Angst vor dem nächsten Starkregen

Die Fangkörbe, die der Bewohner der Hansastraße leerte, waren nur einen Monat nach dem jüngsten Starkregen am 7. August jedenfalls wieder randvoll mit Laub. Bei dem Unwetter, das auch Bergedorf stark getroffen hatte, stand die Hansastraße auf einer Länge von 300 Metern zwischen Aral-Tankstelle und Hanseatenweg knietief unter Wasser. Angrenzende Wohnungen, Keller und Gärten wurden überflutet.

Kein Wunder, dass hier wenig Wasser abfließt: Dieser Fangkorb am Ablauf der Hansastraße war einen Monat nach dem Starkregen schon wieder randvoll mit Laub.
Kein Wunder, dass hier wenig Wasser abfließt: Dieser Fangkorb am Ablauf der Hansastraße war einen Monat nach dem Starkregen schon wieder randvoll mit Laub. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Nachdem die Feuerwehr die Sieleinläufe geöffnet und die sogenannten Trummeneimer herausgeholt hatte, lief das Wasser ab. „Die reinigen die zu selten“, kritisiert der Anwohner. Derweil war der Einsatz an Hansastraße nur der erste von gut 100, den die Freiwilligen Feuerwehren aus Geesthacht und Grünhof-Tesperhude binnen weniger Stunden verzeichneten.

Überschwemmte Straßen, angehobene Gullydeckel

Unter anderem stand zeitweise Wasser auf Teilen der Lauenburger Straße, der Sandstraße, der Steinstraße, der Fährstraße, des Fährstiegs, der Hansastraße, der Johannes-Ritter-Straße, des Richtweges und der Elbuferstraße. An der Berliner Straße sackte der Gehweg im Bereich des Alten Friedhofs ab und schwemmte Gehwegplatten auf. Autofahrer konnten an manchen Stellen nur noch im Schritttempo fahren.

Der sogenannte Trummeneimer an der Hansastraße nach der Reinigung.
Der sogenannte Trummeneimer an der Hansastraße nach der Reinigung. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Besonders in der Unterstadt, zum Beispiel am Freibad oder an der Bergedorfer Straße, wurden Gullydeckel aufgrund der großen Wassermengen angehoben. „Das Fassungsvermögen einiger Kanäle war überschritten und Straßenabläufe, insbesondere in Hanglagen, konnten das Regenwasser nicht aufnehmen, sodass dieses über die Oberfläche abgeflossen ist“, informierte der städtische Abwasserbetrieb.

Versicherung zahlt nicht für den Schaden

Die konkreten Folgen beschäftigt einige Betroffene bis heute. Viele von ihnen waren zum Zeitpunkt des Regens überdies im Urlaub. Wie auch Katja Schultz und Gunter Dechow, die auf Fuerteventura weilten, als ihr Keller in der Mühlenstraße, 90 Zentimeter unter Wasser stand. „Auf der Mühlenstraße und der Sandstraße gab es einen Rückstau, dann ist es in unseren Keller gelaufen“, hat Schultz gehört.

An der Fährstraße an der Elbe stand die Straße unter Wasser. Die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht aufnehmen, wie dieser Screenshot aus einem Video zeigt.
An der Fährstraße an der Elbe stand die Straße unter Wasser. Die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht aufnehmen, wie dieser Screenshot aus einem Video zeigt. © Dirk Schulz | Privat

Kühl- und Gefrierschrank sowie einige Werkzeuge waren hinüber und Lebensmittel verdorben. Auf dem Schaden, der zwischen 3000 und 4000 Euro liegt, bleiben die beiden Geesthachter indes sitzen. „In unserer Hausratsversicherung fehlte das Wort Rückstau“, weiß Dechow inzwischen. Derzeit legt ein Trocknungsgerät ihren Keller trocken. Nach dem vorangegangenen Starkregen im Juni 2019 hatten sie bereits eine kleine Mauer an der Grundstücksgrenze gezogen. Nun sollen weitere Schutzmaßnahmen folgen.

Problem an Mühlenstraße und Sandstraße häuft sich

Schultz und Dechow, die beide selbst bei der Feuerwehr sind, beobachten eine Zunahme von gestautem Regenwasser im Bereich von Sand- und Mühlenstraße. „Seitdem bei der Salvatoris-Kirche die Kanäle neu gemacht wurden, ist das so. Auch hängen jetzt mehr Häuser daran, was eine Ursache sein könnte“, rätselt Dechow. Dass in seiner Nachbarschaft Siele in Eigenregie gesäubert wurden, sei ebenfalls vorgekommen. Auch er plädiert: „Man darf die Bürger nicht allein lassen.“

Ein Feuerwehrwagen an der überspülten Einmündung von Mühlenstraße und Sandstraße.
Ein Feuerwehrwagen an der überspülten Einmündung von Mühlenstraße und Sandstraße. © Dirk Schulz | Privat

„Alle Trummeneimer werden im Stadtgebiet zweimal jährlich gereinigt, zusätzliche Reinigungen finden an bekannten Problempunkten statt“, heißt es auf Anfrage aus dem Rathaus. Wie häufig die zusätzlichen Reinigungen erfolgen, wurde nicht erläutert. Björn Reuter plädiert für einen flexiblen Ansatz. „Wenn das Regenradar Starkregen ankündigt, muss man halt mal spontan sein und die Leerung von Mülleimern auf Spielplätzen hinten anstellen“, sagt Reuter.

Rathaus wirbt für zusätzliches Reinigungsfahrzeug

Die Verwaltung gibt zu bedenken, dass zur Reinigung nur ein Fahrzeug zur Verfügung steht, das je nach anfallender Aufgabe umgerüstet werden muss und etwa im Winterbereitschaftsdienst nicht zur Verfügung steht. „Darum werben die städtischen Betriebe für den kommenden Haushalt ein spezielles Reinigungsfahrzeug für die Trummenreinigung ein, um die Entleerungsintervalle bedeutend zu verbessern“, heißt es dazu weiter.

Grundsätzlich sei das Thema „Starkregen“ der Stadtverwaltung präsent. Die Stadt hat eine Starkregenkarte für die Kernstadt erarbeitet, die Gebiete mit den zu erwartenden Aufstauhöhen zeigt, für Grünhof-Tesperhude soll dieses noch erfolgen. Bei Neubauten gebe es eine Verpflichtung zum Anlegen von Gründächern oder Rigolen (unterirdischer Wasserspeicher).

„Kanalisation in meisten Fällen ausreichend dimensioniert“

Das Thema „Starkregenereignis“ hatte nach dem Unwetter 2019 eine Ausarbeitung eines Instituts im Verbund des Helmholtz-Zentrums (Gerics) zur Folge und wurde den Lokalpolitikern präsentiert.

Die Größe der Kanalisation basiere aufgrund von Simulationsmodellen des Deutschen Wetterdienstes. Die Regenkanäle sind im Stadtgebiet Geesthacht in den meisten Fällen ausreichend dimensioniert. Schwachstellen zeigt der vorhandene Generalentwässerungsplan auf. Diese wurden und werden nach und nach abgearbeitet, zum Beispiel derzeit bei der Planung der Erneuerung der Düneberger Straße, beim Umbau der Einleitstelle in den Hafen und bei der Sanierung des Spakenbergs (Einbau eines Stauraumkanals).

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Für alle Eventualitäten könne man sich aber nicht wappnen. „Die Kanalisation, soll sie bezahlbar bleiben, wird niemals alle Extremregenereignisse ableiten können“, gibt die Verwaltung zu bedenken. „Die Menge des Regens war das Problem“, sagt auch Geesthachts Wehrführer Sascha Tönnies. In dieser Hinsicht würde ihm zumindest der Anwohner der Hansastraße widersprechen.