Geesthacht/Ratzeburg. Im landesweiten Vergleich schneiden Arbeitnehmer im Lauenburgischen schlecht ab. Fast doppelt so viele freie Lehrstellen wie Bewerber.
Die Arbeitslosigkeit hat sich im Juli im Kreis jahreszeittypisch entwickelt, ist gegenüber dem Vormonat leicht auf 5736 Personen gestiegen. Dies entspricht einer Quote von 5,2 Prozent nach 5,1 Prozent im Juni. Dagegen hat sich ein Trend über die vergangenen zehn Jahre gedreht: Standen noch 2014 weit mehr Bewerber einer geringen Zahl an Ausbildungsstellen gegenüber, ist es heute umgekehrt. Für das jetzt beginnende Ausbildungsjahr kamen in den vergangenen Monaten lediglich 780 Bewerber auf 1000 Lehrstellen. Ein anderer Trend bleibt: Die Einkommen im Herzogtum Lauenburg hinken denen im Land hinterher.
Nur halb so viele Bewerber wie freie Lehrstellen
Sehr auffällig sind die aktuellen Zahlen zum Beginn der Ausbildungsperiode am 1. August. Bei der Arbeitsagentur sind für das Herzogtum noch 450 freie Lehrstellen gemeldet, ihnen stehen nur 246 Bewerber gegenüber. „Der anstehende Ausbildungsbeginn bedeutet nicht, dass Jugendliche, die bislang keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche haben, jetzt aufgeben sollten“, sagt Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe.
„Etliche Unternehmen haben ihren Nachwuchs noch nicht an Bord und sind weiterhin auf der Suche nach Auszubildenden“, betont die Agenturchefin. Eine abgeschlossene Berufsausbildung helfe nicht nur bei der Suche nach einer neuen Stelle und bietet zugleich einen besseren Schutz gegen Arbeitslosigkeit. Eine Ausbildung erhöhe zugleich die Verdienstmöglichkeiten deutlich.
Ungelernte verdienen etwa 700 Euro weniger im Monat
„Im Kreis Herzogtum Lauenburg verdienen Fachkräfte mit einer Berufsausbildung mit 3331 Euro im Median deutlich mehr als Hilfskräfte mit 2659 Euro brutto.“ Beim Median handelt es sich nicht um einen rechnerischen Durchschnitt. 50 Prozent der Vollzeitbeschäftigten haben ein Einkommen unterhalb des Wertes, die andere Hälfte verdient mehr.
Mit der Qualifikation steigt auch das Einkommen: Mit einem Meisterbrief oder Techniker-Abschluss liegt der Median-Verdienst im Herzogtum bei 4330 Euro im Monat, in Stormarn beträgt er 4585 Euro. Für Tätigkeiten auf „Expertenebene“, die also eine besondere Qualifikation wie etwa ein abgeschlossenes Studium erfordern, weist die Statistik 5867 Euro aus (5923 € in Stormarn).
Im Herzogtum liegen die Einkommen niedriger
Für alle sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten liegt der Median im Herzogtum bei 3448 Euro im Monat. Das sind 248 Euro weniger als bundesweit. Auch im landesweiten Vergleich schneiden die Beschäftigten im Herzogtum schwach ab. Der Wert für Schleswig-Holstein beträgt 3526 Euro (für Stormarn 3596 €).
Der Grund ist nicht etwa, dass die im Herzogtum ansässigen Firmen einfach schlechter zahlen als die in anderen Landesteilen. Im Lauenburgischen arbeiten überdurchschnittlich viele Menschen in Branchen, in denen weniger verdient wird, bestätigt Stefan Schröder, Sprecher der Arbeitsagentur für die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Dazu zählen etwa Gastronomie und die für den Kreis wichtige Tourismuswirtschaft, ebenso Land- und Forstwirtschaft, aber auch die Lebensmittelindustrie und Teile des Handwerks.
Gastronomie und Tourismus drücken auf die Löhne
Die Fokussierung allein auf Vollzeitbeschäftigte dient der Vergleichbarkeit. In Branchen wie Gastronomie und Einzelhandel ist der Anteil Teilzeitbeschäftigter deutlich höher als etwa in Industrie oder Handwerk. Das würde ein schiefes Bild geben, so Schröder.
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Freie Lehrstellen sind weiterhin breit gestreut im Herzogtum: Die Zeit, in der rechnerisch jeweils eine Vielzahl an Bewerbern um einen einzigen Ausbildungsplatz für Büroberufe konkurrierten, sind vorbei. So sind bei der Arbeitsagentur derzeit noch 20 freie Lehrstellen für Industrie- und Büro-Kaufleute gemeldet und 31 für Handelsfachwirte. Freie Ausbildungsplätze in größerer Zahl sind auch für Kaufleute im Einzelhandel (50) und Verkäufer (41) verfügbar.
Freie Lehrstellen finden sich fast überall
Gute Chancen haben weiterhin auch Menschen, die sich für Berufe im Handwerk interessieren. Für angehende Anlagenmechaniker wie für Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik sind ebenso noch Lehrstellen verfügbar wie für künftige Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker. Weiter dringend gesucht sind angehende Berufskraftfahrer- und -fahrerinnen.