Lauenburg. Die Berichterstattung werfe ein falsches Bild auf die Stadt, kritisieren viele. Was der Fernsehsender zu den Vorwürfen sagt.

Strahlender Sonnenschein an diesem 13. Juli auf dem Wochenmarkt in Lauenburg. Ein Fernsehteam des NDR hat sich unter die Leute gemischt. „Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Politik?“, will Redakteurin Nicola von Hollander von Händlern und Marktbesuchern wissen. Und sie fragt: „Wäre die AfD eine Alternative für Sie?“ Mehrere Stunden dreht das NDR-Team an diesem Sonnabendvormittag auf dem Markt.

Der Beitrag, der eine Woche später im Schleswig-Holstein Magazin ausgestrahlt wird, ist nur wenige Minuten lang, und doch sorgt er für mächtig Ärger in der Stadt. Der Vorwurf: Der Sender habe aus Lauenburg ausschließlich Gesprächsausschnitte mit AfD-Anhängern gezeigt und andere Meinungsäußerungen unter den Tisch fallen lassen.

NDR-Umfrage zur AfD löst Verärgerung in Lauenburg aus

„AfD im Kreis Herzogtum Lauenburg: Fraktion im Streit halbiert“, so der Beitrag, der am Sonnabend, 20. Juli, im Schleswig-Holstein Magazin ausgestrahlt wurde. Es geht um die Situation der AfD-Fraktion im Kreistag, die sich seit der Kommunalwahl im Mai vergangenen Jahres halbiert hat. Drei von sechs Mitgliedern sind aus der Fraktion und auch aus der Partei ausgetreten. Auslöser des Bruchs waren rechtsextreme Äußerungen des AfD-Abgeordneten Holger Stienen auf seinem Facebookprofil.

Bevor die Reporterin den Politiker mit seinen Äußerungen konfrontiert, gibt es eine Schaltung auf den Lauenburger Wochenmarkt. „Die Menschen hier sind frustriert über die Bundespolitik“, heißt es in der Anmoderation. Ein Blumenhändler kommt zu Wort, der „in allerhöchstem Maße“ unzufrieden sei mit der Bundespolitik. Und ja, die AfD sei die Alternative.

Eine Imbissverkäuferin findet, dass die AfD das ausspreche, was die Menschen denken, aber sich nicht zu sagen trauen. Ihre Kundin pflichtet ihr bei. Ein Mann, der bisher eher konservativ gewählt habe, wolle künftig bei der AfD sein Kreuz machen. Der Sendebeitrag aus Lauenburg endet mit den Worten eines Rentners, der kurz und bündig erklärt: „Die ganze Regierung muss weg. Nur noch AfD. Danke!“

Bürgermeister kritisiert: „Gezeigt wurden nur Aussagen pro AfD“

Als Tobias Greve den Beitrag im Fernsehen sah, glaubte er seinen Ohren nicht zu trauen. Auch er war vom Fernsehteam befragt worden. Als passionierter Fahrradfahrer sei er unzufrieden mit der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, habe er geantwortet. Und auch die Antwort auf die zweite Frage sei er nicht schuldig geblieben. „Die AfD eine Alternative? Auf keinen Fall. Die Partei bietet keinerlei Lösungen für Probleme an.“ Gut auf den Punkt gebracht, habe ihn die Reporterin noch gelobt. Gesendet wurde sein Statement aber trotzdem nicht. „Der gesamte Fernsehbeitrag hinterlässt den Eindruck, als wohnen hier nur AfD-Anhänger“, ärgert sich der Lauenburger.

Rund 300 Lauenburger protestierten am 14. Juli gegen Rassismus und Rechtsextremismus. 
Rund 300 Lauenburger protestierten am 14. Juli gegen Rassismus und Rechtsextremismus.  © bgz | Gabriele Kasdorff - Kasdorff@magenta.de

Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Bürgermeister Thorben Brackmann und Stadtpräsidentin Elif Karagöz hatten auf dem Wochenmarkt wieder ihren Stand aufgebaut, um über aktuelle Entwicklungen in Lauenburg zu informieren. „Auch ich wurde interviewt. Mein Wortbeitrag hat aber offensichtlich nicht zu dem Tenor des Beitrags gepasst“, sagt der Bürgermeister. Seiner Beobachtung nach wurden an dem Vormittag auf dem Markt viele Bürger befragt. „Gezeigt wurden leider nur die Aussagen pro AfD. Diese Darstellung ist falsch und einseitig“, ärgert er sich. Auch in einer örtlichen Facebookgruppe machen viele Lauenburger ihrem Ärger Luft.

NDR: „Es ging um die Sichtweise der Sympathisanten der AfD“

Die Lauenburger SPD hat auf den NDR-Beitrag bereits reagiert. „Wir weisen den Eindruck, dass die Lauenburger Bevölkerung scheinbar ausschließlich aus Wählerinnen und Wählern der AfD bestünde, der durch die Berichterstattung des NDR entsteht, aufs Schärfste zurück. Die auch im Beitrag zu hörende Suggestivfrage ‚Das heißt, Sie sind unzufrieden mit der aktuellen Politik?‘ deckt sich mit Berichten verschiedener Marktbesucher, dass gezielt negative Stimmungen aufgenommen worden sind“, schreibt Fraktionsvorsitzender Immo Braune.

Auf die Kritik aus Lauenburg hat der NDR auf Nachfrage unserer Redaktion reagiert. Demnach sei der Beitrag um Holger Stienen und dessen Äußerungen das zentrale Thema des Beitrages gewesen. „Außerdem bestand der journalistische Ansatz der Redaktion darin, örtliche Sympathisanten und Wähler der AfD zu Wort kommen zu lassen. Damit war ausdrücklich nicht der Anspruch verbunden, verschiedene politische Meinungen der Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises Herzogtum Lauenburg in einem repräsentativen Meinungsbild aufzuzeigen, denn es ging um die Sichtweise von Sympathisanten der AfD.“

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Demo in Lauenburg mit 300 Teilnehmern gegen Rechtsextremismus

„Die Interpretation, der Beitrag habe den Eindruck erweckt, die Gesprächspartner auf dem Marktplatz stünden stellvertretend für die Menschen im gesamten Kreisgebiet, weisen wir mit Nachdruck zurück“, heißt es vonseiten des Senders.

Am Tag der Ausstrahlung des Beitrags aus Lauenburg hatte der NDR von einem Treffen der AfD in Neumünster berichtet. Die Proteste der Gegendemonstranten seien dabei gezeigt worden, betont der Sender in seiner Stellungnahme. Einen Tag nach den Interviews auf dem Wochenmarkt hatte es auch in Lauenburg eine Demo gegeben. Etwa 300 Demonstranten waren unter dem Motto „Gestern, heute, morgen – Lauenburg bleibt bunt!“ gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen.