Schwarzenbek. Viele Jahrzehnte lang befand sich eine Apotheke in dem repräsentativen Gebäude mit zehn Zimmern. Wie viel das Schmuckstück kosten soll.
Zwischen Rathaus und Bahnhof liegen an Pröschstraße und Schefestraße Schwarzenbeks wohl eindrucksvollste Villen. An wenigen anderen Orten in der Stadt am Rand des Sachsenwalds atmet die Geschichte wie im Bereich der Amtskoppel – dem Areal, das Otto von Bismarck 1870 von Kaiser Wilhelm I. geschenkt wurde. In den 1890er-Jahren errichtete der Schwarzenbeker Bauunternehmer Prösch an der heutigen Pröschstraßen repräsentative Bauten. Ganz in der Nähe, an der Schefestraße, stehen ebenfalls bis heute zwei prachtvolle Villen. Eine davon wird nun zum Verkauf angeboten.
Auf dem Grundstück Schefestraße 8 steht die 412 Quadratmeter große Stadtvilla mit zehn Zimmern, die mutmaßlich im Jahr 1893 gebaut wurde. Zudem dürfen sich Käufer über ein großes Grundstück freuen, das fast 3000 Quadratmeter umfasst. Im Inneren der Villa ist der historische Charme an vielen Ecken spürbar. „Begeistern werden Sie die imposante Größe der Villa und die vorhandenen Stilelemente wie die Pitchpineböden, der Stuck und die Holzverkleidungen an den Wänden“, heißt es in dem Inserat der Agentur Grossmann & Berger. Auch die Kassettentürme der Villa sollen in einem tadellosen Zustand sein.
Historische Stadtvilla mit zehn Zimmern steht zum Verkauf
Ausgebaut zu einer Wohnfläche wurde in der Vergangenheit das Dachgeschoss der Villa an der Schefestraße. Im Erd- und im Obergeschoss befinden sich jeweils eine Wohnung, die sowohl über das Treppenhaus als auch über Außentreppen zu erreichen sind. „Zur Erdgeschosswohnung gehören ein geräumiger Flur, zwei Küchen, ein Windfang und eine Veranda mit Zugang in den Garten, ein Gäste-WC und ein Duschbad mit Fenster sowie drei Wohn- und Schlafräume“, so die Beschreibung. Die Obergeschosswohnung soll zwei Badezimmer, eine Küche mit Einbauzeile und eine Loggia bieten.
Die Fassade der rund 130 Jahre alten Villa ist denkmalgeschützt, ebenso wie ein Stall auf der Rückseite des Grundstücks. Und: Im Erdgeschoss befand sich für viele Jahre die einzige Apotheke des damaligen Dorfes Schwarzenbek. Ein Abbild der Villa samt Apotheke ist auf einem Fliesen-Kunstwerk zu sehen. „Bis 1836 hatte Schwarzenbek gar keine Apotheke“, berichtet Stadtarchivar Dr. Lukas Schaefer. Am 2. März des Jahres hat dann August Conrad Ludwig Block aus Pötrau nach siebenjähriger Dienstzeit als Apothekengehilfe ein Privileg erhalten, eine Apotheke in Schwarzenbek zu errichten. Das Privileg, diese zu führen, wurde dann in den Folgejahren mehrmals weitergereicht, wie es in der Chronik der Stadt Schwarzenbek von August Niebuhr nachzulesen ist.
Bismarck-Areal in Schwarzenbek war lange nicht erschlossen
Im Jahr 1890 schließlich erwarb Dr. Richard Saur das Apotheken-Privileg. Da er die Räumlichkeiten der „Alten Apotheke“ im Haus Gülzower Straße 1 als unzureichend empfand, wurde diese in die Villa an der Schefestraße verlegt. Fortan wurden Kranke aus Schwarzenbek und den umliegenden Dörfern mit Medizin aus der Apotheke versorgt. 1920 ging das Privileg an Richard Saurs Sohn Kurt über. Wie es Wolfgang Brandenberger und Nis R. Nissen in der Schriftenreihe des Heimatbund und Geschichtsvereins schreiben, wurde in der Stadt in den 1950er-Jahren der Wunsch laut, dass es eine zweite Apotheke brauche. Erst im Jahr 1959 öffnete dann an der Lauenburger Straße eine weitere Apotheke.
Wer der Bauherr der Villa Schefestraße 8 ist, ist laut Stadtarchivar Dr. Lukas Schaefer heute nicht mehr zu ermitteln. Das Gebiet der sogenannten Amtskoppel zwischen der heutigen Compestraße, Bahnhofsstraße, Seestern-Pauly-Straße und Lauenburger Straße war auch in Bismarcks Besitz lange nicht erschlossen. 1885 wurden Grundstücke an der heutigen Bahnhofsstraße aufgeteilt und an den Holzhändler Klockmann, den Töpfer Bruhns, den Maurer Schnackenbeck, den Klempner Voß und den Maurermeister Prösch verkauft.
Schwarzenbek: Bauunternehmer errichtete zahlreiche Stadtvillen
Im Jahr 1891 wurden zwei weitere private Wege angelegt, an denen Grundstücke von Prösch und dem Gemeindevorsteher Schefe gekauft wurden. „Dass Prösch auch die Villa in der Schefestraße gebaut hat, ist denkbar“, sagt Schaefer. Der Bauunternehmer soll mündlichen Überlieferungen zufolge rund 300 Mitarbeiter um die Jahrhundertwende gehabt haben. Viele Bauten aus der Zeit gehen auf Prösch zurück, unter anderem der Neubau der St.-Franziskus-Kirche.
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Bleibt die wichtigste Frage: Wie viel Geld müssen potenzielle Käufer für die Villa mit bewegter Geschichte aufwenden? Für 799.999 Euro ist sie zu haben – und damit auch knapp 3000 Quadratmeter aus dem ehemaligen Bismarck-Besitz.