Büchen. 44 von 49 Bewohnern haben sich trotz strengem Hygienekonzept infiziert. Die Heimaufsicht muss nun eine Dokumentation vorlegen.

Seit Freitagabend steht fest, dass 44 der insgesamt 49 Bewohner der Seniorenpension Büchen an Covid-19 erkrankt sind. Zwei von ihnen haben so schwere Atemprobleme, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Dazu kommen 15 der rund 50 Mitarbeiter, die ebenfalls positiv auf das Coronavirus getestet worden sind. Dabei gelten in Seniorenpension in Büchen schon lange besonders strenge Hygienekonzepte. Wie also konnte es zu solch einem dramatischen Ausbruch innerhalb weniger Tage kommen?

Ein Überblick: Bereits am Montag, 11. Januar, schlug ein Schnelltest, der laut Heimleiterin Sabine Hecht so wie vom Land verordnet regelmäßig zweimal pro Woche bei Bewohnern und Mitarbeitern in der Seniorenpension durchgeführt wird, bei einem Bewohner und einem Mitarbeiter an. Die beiden sowie ihre direkten Kontaktpersonen wurden daraufhin mittels PCR-Testungen auf das Virus untersucht.

Wie kam das Coronavirus in die Büchener Seniorenpension?

Einen Tag später, am Dienstag, 12. Januar, war das mobile Impfteam vor Ort und hat 40 Bewohnern die Erstimpfung gegen das Virus verabreicht. Die Impfungen wurden nicht verschoben. Am selben Tag noch kamen die Ergebnisse der PCR-Testungen vom Vortag: Fünf Bewohner sowie zwei Mitarbeiter waren an Covid-19 erkrankt. Daraufhin ordnete das Kreisgesundheitsamt die Testungen aller Bewohnerinnen und Bewohner sowie des Personals sowie schärfere Hygieneregeln und ein Besuchsverbot im Heim an.

Am vergangenen Donnerstag, 21. Januar, war der Corona-Testbus der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) an der Einrichtung. Am späten Freitagabend stand fest, dass 44 Bewohner und 15 Mitarbeiter sich mit Sars-CoV-2 infiziert haben.

„Offenes Verfahren“: Heimaufsicht muss Dokumentation vorlegen

Das wirft einige Fragen auf: Wie kommt es, dass die Schnelltests am 11. Januar nur zweimal anschlugen, wenn doch einen Tag später bereits sieben Infektionen vorlagen? Und wie konnten sich die Bewohner untereinander anstecken, wenn seit der ersten Infektion im Heim verschärfte Hygieneauflagen vom Gesundheitsamt verordnet wurden, um genau dieses Szenario zu vermeiden?

Heimleiterin Sabine Hecht weiß darauf keine Antworten. „Wir haben bereits in dem Moment, als die ersten Bewohner positiv getestet wurden, reagiert und die betroffenen Bewohner isoliert“, sagt sie. Alle Gelegenheiten für eine Ansteckung seien strikt vermieden, gemeinsame Essen im Speisesaal gestrichen worden. Der zuerst Erkrankte kam gleich nach der Testung mit Beschwerden ins Krankenhaus, die infizierten Mitarbeiter in Quarantäne. Insofern sei es ihr unerklärlich, wie es zu diesem gewaltigen Ausbruch kommen konnte.

Erstimpfung hat Massenansteckung in Seniorenpension Büchen nicht verhindert

„Wir haben streng auf die Einhaltung aller Hygieneregeln geachtet“, betont sie. Aber man könne auch nicht jeden Bewohner rund um die Uhr im Blick haben, vor allem, da es auch viele Demente gebe, die sich mit der Einhaltung der Regeln schwertun würden. Fest steht: Die Erstimpfung hat die Massenansteckung nicht verhindern können, da der Schutz laut Robert-Koch-Institut (RKI) erst nach sieben bis zehn Tagen zu einem Teil eintritt und erst nach der zweiten Injektion vollständig ist.

Wie das Virus in das Heim gelangt ist, ob durch Besucher oder Mitarbeiter, ist noch völlig offen. Nach Aussage von Dr. Christoph Mager, Landrat im Kreis Herzogtum Lauenburg, ist es sehr wahrscheinlich, dass die erste Ansteckung vor dem Impftermin am 12. Januar lag. Sabine Hecht ist jetzt verpflichtet, jegliche Dokumentationen, die zur Aufklärung führen können, der Heimaufsicht zur Verfügung zu stellen. „Noch ist das ein offenes Verfahren“, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert.

Weiteres Problem im Seniorenheim: Durch häusliche Quarantäne fehlt Personal

Dass dem Heim durch häusliche Quarantäne Personal fehlt, sei ein weiteres Problem. Sabine Hecht hat einige Kräfte aus ihrem Pflegeheim in Tangstedt nach Büchen holen können und erhält zudem viel Unterstützung von Freunden und Familienangehörigen. „Ich brauche ja nicht nur versierte Pflegekräfte“, sagt sie. Sie benötige auch Hilfe bei leichteren Aufgaben, wie der Ausgabe von Mahlzeiten und Getränken.

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Büchens Bürgermeister Uwe Möller habe ihr zugesagt, sich um Hilfe von der Bundeswehr zu bemühen. Und auch der Kreis habe Unterstützung und Beratung angeboten. „Die Pflege und Versorgung für die Bewohner müssen sichergestellt sein“, unterstreicht Landrat Christoph Mager.

Seit Anfang des Jahres fünf Seniorenheime im Kreis betroffen

Wie Sabine Hecht berichtet ist der Bewohner, der zuerst positiv getestet worden war, an diesem Wochenende verstorben. Zwei weitere liegen im Krankenhaus, die restlichen Bewohner hätten bisher nur leichte Symptome.Seit Anfang des Jahres waren laut Tobias Frohnert im Kreis fünf Senioreneinrichtungen betroffen, bislang jedoch keine so stark wie die Seniorenpension in Büchen.

Mit Stand von Sonnabend gab es im Kreis Herzogtum Lauenburg insgesamt 2366 bestätigte Corona-Fälle. An der Erkrankung verstarben bisher 52 Personen aus dem Kreis, als genesen gelten derzeit 1960 Personen. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Sonntag bei 93,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner.