Schwarzenbek. Weitere Läden schließen. Viele Unternehmen konzentrieren sich im Lupuspark. Kaufleute fordern mehr Mitsprache in der Stadt.
„Es ist fünf vor zwölf“ oder auch „höchste Eisenbahn“ für Schwarzenbeks Innenstadt und Wirtschaftsentwicklung. Das klang ganz deutlich am Dienstagabend beim internen Netzwerk-Imbiss der Wirtschaftlichen Vereinigung Schwarzenbek (WVS) mit rund 50 Mitgliedern im „Kleinen Kunstschützen“ an der Schützenallee an.
Die Nachrichten, die die WVS-Vorsitzende Doris Lehmann überbrachte, machen nachdenklich, wie es mit der Innenstadt weitergehen kann. Zumal sich immer mehr Unternehmen im Lupuspark und in der näheren Umgebung konzentrieren.
Viel Laufkundschaft gibt es in der Lauenburger Straße im Stadtzentrum mangels Parkplätzen ohnehin nicht, zum Verweilen lädt das Zentrum angesichts schmaler Gehwege und wenig Gastronomie auch nicht ein.
Innenstadt Schwarzenbek: Rossmann schließt, Mäc-Geiz-Filiale kommt
Nachdem bereits im vergangenen Jahr die Post geschlossen hatte und nur noch eine Agentur am Ritter-Wulf-Platz ohne Postbank-Dienstleistungen und Geldautomat zur Verfügung steht, geht der Niedergang rasant voran. „Rossmann wird schließen, dafür bekommen wir dort eine Filiale vom Euro-Shop Mäc-Geiz“, sagte die WVS-Vorsitzende Doris Lehmann.
Außerdem werde auch der Mode-Discounter Takko gleich nebenan am Eingang zum Einkaufstreff Passage schließen, sagte Doris Lehmann weiter. Der Besitzer der Takko-Immobilie, Andreas Ellermann, dementierte einen Tag später die Aussage von Lehmann. Er sagte unserer Zeitung: „Ich werde immer wieder darauf angesprochen, dass Takko schließt. Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte kommen. Der Vertrag läuft bis 2026 und es gibt zwei Optionen für eine Verlängerung bis 2036.“
Bereits mehrfach angekündigt hat Hans-Jürgen Linde die Schließung seines Kaufhauses CML an der Ecke Lauenburger Straße/Berliner Straße. Das Aus des Hauses könnte jetzt anstehen, so Lehmann.
Auch die Kreissparkasse zieht es in den Lupuspark
Der einstige sogenannte „Anker“ für den Einzelhandel ist ohnehin nur noch ein Schatten des ursprünglich vor mehr als zehn Jahren eröffneten Modekaufhauses. Mit einem Shop-in-Shop-Konzept hochwertiger Marken startete Linde auf zwei Stockwerken. Das Obergeschoss dient schon seit Längerem nur noch als Lager, die Ware sind Sonderposten von Kleidung über Accessoires bis hin zu Deko-Artikeln.
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„Mit den zu erwartenden Schließungen bekommen wir große Leerstände und möglicherweise auch unerwünschte Entwicklungen in der Innenstadt wie den Bau weiterer Seniorenwohnanlagen im Zentrum“, sagte Doris Lehmann.
Sorge bereitet ihr auch eine weitere Verlagerung von Geschäften und Dienstleistungen in den Lupuspark. Dorthin will unter anderem die Kreissparkasse (KSK) ihre Filiale aus dem Verbrüderungsring verlagern. Dort sollen auch neue Schwerpunkte gebildet werden, die laut der WVS-Chefin aus der Hauptfiliale an der Berliner Straße abgezogen werden könnten. Während der Sitzung wurde auch über eine mögliche Schließung der Filiale spekuliert.
Bisher Schließung der KSK-Filiale nicht bestätigt
Das wollte KSK-Sprecher Marc Euler so nicht bestätigen, aber auch nicht ganz dementieren. „Der Lupuspark ist ein sehr interessanter Standort. Wir freuen uns, dort noch näher an den Kundenströmen zu sein. Über Größe und genaue Ausstattung des neuen Gebäudes entscheiden wir derzeit in der Planungsphase“, sagte Euler.
Ob der Neubau Auswirkungen auf die Filiale an der Berliner Straße habe, könne dementsprechend erst nach Abschluss des Prozesses entschieden werden. „Zudem planen wir umfassende Analysen über die Nutzung und die Kundenwünsche. Diese Daten werden uns bei der zukünftigen Ausrichtung unterstützen“, sagte Euler.
Bürgermeister könnte sich neuen Wirtschaftsförderer vorstellen
Die Probleme sind dramatisch, aber Politik und Wirtschaft sprechen nicht eine Sprache: Das ist das Resümee von Doris Lehmann nach einem Austausch mit den Fraktionsvorsitzenden.
Bürgermeister Norbert Lütjens hatte die Einstellung eines neuen Wirtschaftsförderers angeregt, die WVS wollte für die Übergangszeit zumindest einen Wirtschaftsbeirat mit Rede- und Antragsrecht in den Gremien. Beide Vorstöße waren am Widerstand der Politiker gescheitert.
Der Verwaltungschef warb bei den Gewerbetreibenden für einen moderierten Dialog mit einem externen Experten. „Wir brauchen wie bei den Schulen eine Phase Null, in der wir eine Bestandsaufnahme machen und frei von Vorgaben Ideen sammeln können, wie wir die Innenstadt voranbringen“, sagte Lütjens.
Schwarzenbek: Innenstadt verödet immer weiter
Er hat zwar bereits eigene Vorstellungen entwickelt wie beispielsweise der Schaffung von zentrumsnahem Wohnraum, will aber bewusst erst einmal alle Akteure an einen Tisch bringen und Ideen sammeln.
Denn eins ist klar: Die Zeit drängt. Zum einen gibt es die Leerstände, zum anderen verödet die Innenstadt immer weiter, weil es nicht einmal mehr verkaufsoffene Sonntage oder Stadtfeste oder andere Veranstaltungen gibt, um Leben ins Zentrum zu bringen.
Petition für die Verlegung des Wochenmarktes auf alten Markt
Ein zentraler Punkt für viele Gewerbetreibende ist die Verlegung des Wochenmarkts auf den Ritter-Wulf-Platz. „Da gehört der Markt hin. Auf dem Platz mit dem 70er-Jahre-Charme stehen zehn verlorene Stände. Für mich gehört zu einem Markt eine kuschelige Atmosphäre mit Gedränge und aneinanderstoßenden Dächern“, sagt Bettina Scheumann von Blumen Scheumann.
Dann fänden die Kunden auch besser den Weg zu den Geschäften im Zentrum. 50 Gewerbetreibende haben eine entsprechende Petition unterschrieben, die an die Politiker übergeben werden soll.
Soll die Lauenburger Straße verkehrsberuhigt werden?
„Im Notfall müsste die Verlegung auch gegen den Willen der Marktbeschicker durchgesetzt werden. Es geht um das Wohl der Stadt. In Geesthacht wurde der Wochenmarkt dreimal verlegt, bis der ideale Standort gefunden wurde. Dafür benötigen wir aber ein politisches Votum“, sagte die WVS-Vorsitzende Lehmann.
Ein Kernpunkt zur Rettung der Innenstadt ist nach Ansicht vieler Kaufleute die Verkehrsberuhigung der Lauenburger Straße. „Im Idealfall bräuchten wir dort eine Fußgängerzone wie in Geesthacht mit Gastronomie, die zum Verweilen einlädt“, sagte Kim-Ole Peters, Geschäftsführer von Opa Peters Eis.