Kiel/Hamburg. Bußgeld bis 10.000 Euro. Erst mit einer Verordnung des Kieler Innenministeriums gilt die Regelung im kompletten HVV. Initiative der SPD.

Die tödliche Messerattacke von Brokstedt hat Schleswig-Holstein nachhaltig erschüttert. Voller Heimtücke erstach ein damals 33 Jahre alter staatenloser Palästinenser ein Teenagerpaar (17, 19) in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg und verletzte vier weitere Fahrgäste schwer. Das Mordwerkzeug: eine Alltagswaffe – ein Küchenmesser, das sich Ibrahim A. kurz vor dem Angriff in einem Kieler Supermarkt besorgt hatte.

Ob diese schreckliche Tat, die sich Ende Januar zum zweiten Mal jährt, durch ein umfassendes Messerverbot im ÖPNV hätte verhindern lassen, ist zweifelhaft. Aber die Befürworter von Waffenverboten in Bus und Bahn versprechen sich durchaus einen Rückgang an Messerattacken und eine Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Fahrgäste. Hamburg hat seit Anfang der Woche ein Messerverbot, Schleswig-Holstein bereitet es final vor. Man wolle es auf jeden Fall hinbekommen, heißt es im Kieler Innenministerium.

Messerverbot im ÖPNV: Schleswig-Holstein schaut nach Hamburg – so läuft es dort

Dass ein Verbot funktioniere, sehe man am Hauptbahnhof, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Hier gilt ein Waffenverbot schon seit einigen Monaten auf Basis einer Allgemeinverfügung. Seither wurden im Hauptbahnhof knapp 500 Messer sichergestellt. Dieses Verbot hat Hamburg jetzt auf den kompletten ÖPNV ausgerollt. In Bussen, U-Bahnen und AKN-Zügen sowie auf Bahnhöfen in der Hansestadt ist es seit dieser Woche verboten, Messer oder andere Waffen mitzuführen.

Wer trotzdem damit erwischt wird, muss mindestens 150 Euro zahlen, bei Wiederholungstätern können es sogar 10.000 Euro sein. Lückenlose Überprüfungen kann es angesichts von rund einer Million Fahrgäste im Jahr nicht geben. „Aber wir werden schon in größerem Umfang kontrollieren“, kündigte der Hamburger Innensenator an.

Nach Hamburger Vorbild: Schleswig-Holstein plant Messerverbot im ÖPNV

Für ein solches Verbot hatten Schleswig-Holstein und Hamburg nach der Bluttat von Brokstedt unter anderem in der Innenministerkonferenz gerungen. Mit dem schließlich im Herbst verschärften Waffenrecht haben Bundestag und Bundesrat den Ländern den Weg für Waffenverbotszonen im ÖPNV freigemacht.

Allerdings ist ein mögliches Verbot an Auflagen gekoppelt, die für Flächenländer offensichtlich schwieriger umzusetzen sind. Das Problem: Während sich Verbote an Kriminalitätsschwerpunkten in Kiel oder Neumünster rechtssicher argumentieren lassen, fällt die Begründung auf dem Land genauso schwer wie dessen Umsetzung und Kontrolle.

Messerverbot im ÖPNV: Warum eigene Verordnung für Schleswig-Holstein wichtig ist

Weil das Kieler Innenministerium noch nicht so weit ist, gilt das Waffenverbot bislang zwar in der U-Bahn Richtung Norderstedt, nicht aber auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Bei Waffenverbotszonen handelt es sich um räumlich abgegrenzte Gebiete. „Die von Hamburg angekündigte Waffenverbotszone kann also nicht im ganzen HVV-Gebiet gelten, sondern nur auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt“, heißt es aus dem Kieler Innenministerium. 

Das will Schleswig-Holstein jetzt mit einer eigenen Verordnung ändern. Erst ein Verbot auf schleswig-holsteinischer Seite würde für klare und einheitliche Regeln in den Bussen, AKN-Zügen und U-Bahnen im Netz des HVV sorgen.

SPD-Innenexperte fordert, dem „Hamburger Vorbild“ zu folgen

Die SPD im Kieler Landtag macht Druck, das Verbot auf Schleswig-Holstein auszuweiten. „Ich begrüße sehr, dass Hamburg als erstes Bundesland Gebrauch gemacht hat“, sagte der SPD-Innenexperte Niclas Dürbrook. Er fordert die schwarz-grüne Landtagsmehrheit auf, dem „Hamburger Vorbild“ zu folgen und kündigt an, ein Messerverbot in der Januar-Sitzung des Landtags zu beantragen. „Für uns ist klar: Messer und andere Waffen haben in Bus und Bahn nichts verloren“, sagte Dürbrook.

Der SPD-Innenpolitiker verweist auf die hohe Zahl der Messerattacken in Schleswig-Holstein. Statistisch komme es jeden Tag zu drei Angriffen. „Diese Zahl ist im Vergleich von 2022 zu 2023 um 16 Prozent gestiegen. 2023 gab es in der Folge von Messergewalt neun Tote, 47 Schwer- und 285 Leichtverletzte“, so Dürbrook.

Selbst wenn das Messerverbot nur dazu führe, dass ein einziges Messer von der Polizei einkassiert werde, mit dem sonst ein Mensch schwer verletzt oder gar getötet worden wäre, sei es den Aufwand wert.

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Auch CDU-Innenexpertin Birte Glißmann hält ein Waffenverbot im ÖPNV für wichtig, um eine Kontrollbefugnis für die Polizei zu schaffen. „Waffen und Messer haben im ÖPNV nichts zu suchen, wenn es keinen sachlichen Grund dafür gibt“, sagt sie. Glißmann rechnet damit, dass die Rechtsverordnung für ein Waffenverbot demnächst vorgelegt wird.