Kiel. Schwedischer Konzern will von 2026 an in Dithmarschen Batterien für E-Autos produzieren. Zeitplan wird überprüft. Land zuversichtlich.

Der Bundeskanzler ist gekommen, der Bundeswirtschaftsminister, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident. Selten zuvor gab es in Dithmarschen ein ähnliches Politiker-Stelldichein. Der erste, Olaf Scholz, schwärmt von der erwarteten Wertschöpfung, der zweite, Robert Habeck, lobt die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität, und der dritte, Daniel Günther, spricht gar von „einer der größten Industrieansiedlungen in der Geschichte unseres Landes“. Das war im März, beim Start des Baus der Batteriefabrik von Northvolt in Heide. Nur ein halbes Jahr ist das her, aber die Euphorie ist längst verflogen. Der schwedische Konzern kriselt, und die schlechten Nachrichten aus Skandinavien reißen nicht ab.

Zunächst hatte der Konzern die Erweiterung seiner Fabrik im schwedischen Skelleftea gestoppt und die Entlassung von rund 1600 Mitarbeitern angekündigt. In dieser Woche musste schließlich ein Tochterunternehmen (Northvolt Ett Expansion AB) Insolvenz anmelden. Northvolt hatte die Firma gegründet, um die ambitionierten Wachstumspläne voranzutreiben. Nach einer schmerzhaften Bestandsanalyse hat sich der Konzern jetzt entschieden, sich auf sein Kerngeschäft, den Bau der Autobatterien, zu konzentrieren und alles andere erst einmal sein zu lassen.

Northvolt kriselt – Folgen für die Heider Batteriefabrik?

Das Problem des schnellen Wachstums und der hohen Investitionen: Northvolt hängt im Kerngeschäft dem eigenen Zeitplan klar hinterher. Ein Auftrag von BMW über rund zwei Milliarden Euro ging so schon verloren. Gleichzeitig zu den konzerninternen Problemen schwächelt der Markt für Elektroautos – und damit für Batterien „made in Europe“.

Ist das Werk in Heide jetzt in Gefahr? Droht Scholz und Habeck ein ähnliches Debakel wie in Magdeburg, wo der Chiphersteller Intel trotz Milliardensubventionen den Bau einer Chipfabrik auf Eis legte? Die Kieler Landesregierung gibt sich trotz der schlechten Nachrichten entspannt. Die aktuelle Insolvenz betreffe ausschließlich ein schwedisches Tochterunternehmen, teilte der Chef der Staatskanzlei, Dirk Schrödter, mit. Northvolt habe versichert, dass die „dortigen Entwicklungen keine Auswirkungen auf den Standort Heide“ hätten, gibt er sich zuversichtlich. Der Fabrikbau in Dithmarschen gehe zudem ungebremst weiter, informierte Günthers Staatskanzleichef während einer Delegationsreise aus dem japanischen Kobe.

Northvolt-Chef: Wir brauchen diese Fabrik

Northvolt selbst verwies an diesem Mittwoch auf die Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtages vor wenigen Tagen. Hier hatte Deutschlandchef Christofer Haux, per Video zugeschaltet, ein klares Bekenntnis zur Batteriefabrik in Schleswig-Holstein abgegeben. „Wir brauchen diese Fabrik. Heide ist und bleibt ein Grundpfeiler in unserer Expansion“, versprach Haux den Abgeordneten.

Ob es aber bei dem straffen Zeitplan für Heide bleibt, erscheint zweifelhaft. Die Wachstumsstrategie für das neue Werk, „Giga-Factory“ genannt, steht auf dem Prüfstand. Bis Ende des Jahres will sich Northvolt Klarheit verschafft haben, wann genau die ersten Batterien aus Dithmarschen in die Belastungstests gehen. Es könne zu „Anpassungen im Zeitplan kommen“, heißt es.

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Northvolt wollte ursprünglich von 2026 an bis zu eine Million Autobatterien pro Jahr in Dithmarschen produzieren. 3000 Arbeitsplätze sollen im Werk entstehen, Tausende weiterer Jobs bei Dienstleistern und Zulieferern. 4,5 Milliarden Euro investieren die Schweden und ihre Geldgeber VW, Goldman Sachs und Blackrock. Die Bundesrepublik und das Bundesland schießen rund 700 Millionen Euro sowie Garantien von weiteren 200 Millionen Euro bei. Heißt: Der Steuerzahler finanziert immerhin rund 20 Prozent des Fabrikbaus.