Kappeln. Vermieter in dem Ort an der Schlei haben Post bekommen. Einige werden den Betrieb aufgeben müssen. Warum die Briefe verschickt werden.
Bei Besitzern von Ferienwohnungen und Häusern in Kappeln herrscht derzeit Unruhe. Grund sind Briefe vom Bauamt des Kreises Schleswig-Flensburg, die einige von ihnen in den vergangenen Monaten bekommen haben. Die Behörde wirft den Betroffenen vor, ihre Ferienwohnungen illegal zu betreiben, weil sie diese nicht explizit als Ferienwohnungen ausgewiesen haben.
Die Eigentümer werden in den Briefen aufgefordert, dies unverzüglich nachzuholen, sprich eine sogenannte Nutzungsänderungsgenehmigung vorzunehmen. Anderenfalls müssten sie die Vermietung der Wohnung an Urlauber ein für alle Mal beenden.
Schlei: Amt geht gegen illegale Ferienwohnungen in Kappeln vor
Das Problem in Kappeln: Eine derartige Genehmigung zu bekommen, ist derzeit unmöglich. Denn die Stadt hat entschieden, die Zahl der Ferienwohnungen nicht weiter zu erhöhen. So soll bezahlbarer Wohnraum für die Einheimischen geschaffen werden.
Die Betroffenen sind empört. „Ich vermiete seit so vielen Jahrzehnten hier“, sagt eine Ferienwohnungsbesitzerin, die anonym bleiben will. „Und das nicht einmal heimlich. Ich habe ein Gewerbe angemeldet und habe immer die Tourismusabgabe bezahlt.“ Außerdem sei sie im Touristikverein Kappeln Mitglied. „Das hat doch nichts mit illegaler Nutzung zu tun.“
Das Bauamt arbeitet anlassbezogen, das heißt, sobald ein entsprechender Hinweis eingeht
Allein die Genehmigung des Kreises fehlt. „Und die ist leider entscheidend“, sagt Christoph Dahl, Fachdienstleiter Bau- und Denkmalschutz beim Kreis. Er und seine Kollegen sind für die Briefe, die die Vermieter erreichen, zuständig.
Dahl erklärt, wie es dazu kommt, dass derzeit nur einige wenige Vermieter die Post erhalten. „Wir arbeiten anlassbezogen“, sagt Dahl. Das heißt schlicht, nur wenn eine Beschwerde über eine entsprechende Vermietung vorliege, wird das Amt tätig. „Wenn wir ehrlich sind, sind das oftmals Nachbarn, die hier eine Meldung machen“, so der Bereichsleiter. „Unsere Aufgabe ist es in erster Linie, eine Gefahrenabwehrbehörde zu sein, dazu findet derzeit keine aktive Überprüfung ungenehmigter Nutzungen ohne Anlass statt.“
Das Bauamt überprüft vor Ort die Ferienwohnung und das gesamte Gebiet
Dieser Beschwerde folge eine Kontrolle vor Ort. „Wir fahren hin und überprüfen, ob hier wirklich an Feriengäste vermietet wird.“ Außerdem erfolge eine genaue Untersuchung der Umgebung. „Hierbei schauen wir, wie viele Ferienwohnungen in der Gegend vorhanden sind.“ Ziel sei es zu untersuchen, ob ein ausgewogenes oder dem baurechtlichen Gebietstyp entsprechendes Verhältnis von Ferienwohnungen zu Dauerwohnungen vorliege.
„Erst wenn wir feststellen, dass hier durchaus viele Ferienwohnungen vorhanden sind, versenden wir den Brief mit der Nutzungsuntersagung.“ Sollten Wohnungen genehmigungsfähig sein, werden in der Regel Bauvorlagen zur Einleitung eines bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens gefordert. „Eine ungenehmigte Nutzung muss eigentlich dennoch über die Dauer des Genehmigungsverfahrens ausgesetzt werden.“
Die Gemeinden unterstützen das Vorgehen des Amts, fordern es sogar ein
Der Fachdienstleiter berichtet, dass einige Gemeinden das Vorgehen unterstützen und sogar einfordern. „Das Ziel ist es, die Umwidmung in Ferienwohnungen zu beschränken. Die Gemeinden möchten die Entwicklung steuern. Das geht in der Regel über eine Bauleitplanung, nach der wir dann vorgehen.“ Grund sei die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Wohnraum nun als Ferienwohnung genutzt werde. „Es hat schlicht überhandgenommen.“
Vonseiten der Betroffenen werde ihm und seinen Kollegen allerdings viel Unverständnis entgegengebracht. „Die Vermieter sind sich keiner Schuld bewusst. Sie haben oft alles richtig gemacht, zahlen Bettensteuer, womöglich weitere Steuern, haben ihre Wohnungen angemeldet und vieles mehr. Nur eben die eine Genehmigung fehlt.“ Aber die sei leider entscheidend.
Der Bürgermeister von Kappeln bezeichnet das Thema als komplex und sensibel
Auch Kappelns Bürgermeister Joachim Stoll spricht von einem sehr komplexen und sensiblen Thema. „Wir sehen beide Seiten“, sagt er. Zum einen liege hier oftmals eine langjährige Vermietung vor, die ein wichtiger Bestandteil des touristischen Angebots darstelle. Andererseits sei es wichtig für die Gemeinde, bezahlbaren Wohnraum anzubieten, „und gegen die unbegrenzte Umwandlung von Wohnraum vorzugehen“.
Sein Ziel ist es nun, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Dazu gehöre die Behörde, genauso wie die Gemeinde und Vertreter des Tourismus.
Die Betroffenen sind die Pioniere des Tourismus, sagt der Touristikverein Kappeln
Denn die sehen naturgemäß die Briefe kritisch. „Die Betroffenen sind doch diejenigen, die den Tourismus hier in der Gegend erst angestoßen haben“, sagt beispielsweise Ingwer Hansen, Vorsitzender des Touristikvereins Kappeln. Die Anbieter der kleinen privaten Unterkünfte seien die Pioniere des Tourismus in der Region. „Deshalb ist es besonders ungerecht, dass gerade die jetzt bestraft werden.“
Und das schlicht, weil die meisten von ihnen von dieser Regelung nicht gewusst hätten. „Im Jahr 2017 wurde die Baunutzungsverordnung so geändert, dass Ferienhäuser und Ferienwohnungen in allgemeinen und reinen Wohngebieten möglich sind. Sie müssen allerdings entsprechend angemeldet werden.“ Die meisten Vermieterinnen und Vermieter hätten das aber nicht gewusst.
Der Grund für die Probleme ist das Ferienresort Olpenitz, so der Touristikverein
Das Problem: Die Betroffenen hätten in den vergangenen Jahren vermutlich ganz einfach diese Nutzungsänderung beantragen können. „Denn erst seit Kurzem ist die ja quasi unmöglich geworden.“ Nun, wo die Briefe verschickt würden, sei es für die meisten allerdings zu spät. „Und das bedeutet das Aus für die Vermietung.“
Hansen sieht vor allem den Bau des Ferienresorts Olpenitz als Grund für diese Gemengelage. „Hier sind viel zu viele Betten für die Region entstanden, deshalb muss nun gegengesteuert werden.“ Treffen würde es aber nicht die Investoren dort vor Ort, die zumeist nicht einmal in der Gegend wohnen würden, „sondern die kleinen Vermieter hier in der Stadt“. Das sei ungerecht und sorge für viel Unmut.
Bürgermeister Stoll will alle Beteiligten zu einem Gespräch zusammenrufen
Genau den möchte Bürgermeister Stoll verhindern. „Wir müssen möglichst schnell eine Bestandsaufnahme über die Ferienvermietung hier in Kappeln machen und dann das weitere Vorgehen genau abstimmen“, sagt er.
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Das wird denjenigen, die bereits einen Brief bekommen haben, allerdings nicht helfen. „Hier ist der Kreis an das geltende Recht gebunden und es können leider keine Ausnahmen gemacht werden“, so Stoll. Das heißt: Sie müssen die Vermietung beenden. Und das, obwohl bei einigen von ihnen bereits die Buchungen für das kommende Jahr eingegangen sind.