Kiel. Kieler Oberbürgermeister tritt bei Kommunalwahl nicht wieder an. Experten erwarten ihn als Gegner des CDU-Ministerpräsidenten.
Ist er der neue Hoffnungsträger einer darbenden SPD in Schleswig-Holstein? Der Name von Ulf Kämpfer – 52, Kieler Oberbürgermeister seit zehn Jahren, Ehemann der grünen Landesvorsitzenden im Norden – fällt, sobald über eine SPD-Zukunft jenseits der 16 Prozent wie bei der vergangenen Landtagswahl gesprochen wird. Jetzt rückt die Rolle des Daniel-Günther-Herausforderers näher: Kämpfer verkündete am Dienstag, seine Amtszeit als Kieler OB noch zu Ende bringen zu wollen, sich dann aber aus der Kommunalpolitik zu verabschieden.
Das wird im April 2026 passieren. Nur ein Jahr später wählen die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner einen neuen Landtag. Insider erwarten Ulf Kämpfer dann als Spitzenkandidaten der SPD und Herausforderer von Daniel Günther. Neben Kämpfer werden Parteichefin Serpil Midyatli und der frühere Innenminister Andreas Breitner gehandelt. Aber vor allen anderen fällt der Name Kämpfer. Selbst wenn der am Dienstag betonte, noch keine Entscheidung getroffen zu haben.
Fordert der SPD-Hoffnungsträger Ulf Kämpfer Regierungschef Daniel Günther heraus?
Die SPD im Norden – das ist die Partei von Björn Engholm und Heide Simonis. 40 Prozent und mehr haben die bundesweit bekannten Sozialdemokraten bei Landtagswahlen geholt. Inzwischen hat die SPD ihr Ergebnis mehr als halbiert. 16 Prozent bei der Landtagswahl 2022, 19,4 Prozent bei den Kommunalwahlen 2023 auf Kreisebene oder 16,7 Prozent bei der Europawahl 2024. Die SPD habe sich „auf niedrigem Niveau stabilisiert“, kommentierte der Kieler Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen das Europawahl-Ergebnis. In diese Gemengelage fällt das selbst gewählte Aus des stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Kämpfer als Kieler Oberbürgermeister.
Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa und Mitglied der SPD, hat jüngst in einer Umfrage die Beliebtheit von Ministerpräsident Daniel Günther mit der des gleichaltrigen Kieler Oberbürgermeisters vergleichen lassen. Forsa wollte wissen, für wen sich die Schleswig-Holsteiner entscheiden würden, hätten sie die Wahl. Herausgekommen ist ein für Kämpfer desillusionierendes Ergebnis: 65 Prozent würden demnach Günther wählen und nur elf Prozent den möglichen Herausforderer. Der Rest der Befragten hat sich nicht festgelegt. Selbst unter den SPD-Anhängern ist Günther deutlich beliebter: 62 der befragten SPD-Fans würden den CDU-Politiker wählen, aber nur 17 den eigenen Mann.
Kämpfer hat zweimal für die SPD Kiel gewonnen
Aber: Ulf Kämpfer hat zweimal die Großstadt Kiel mit ihren grünen studentischen Milieus mit weitem Vorsprung für die SPD gewonnen. Kämpfer, eigentlich Richter von Beruf, kann Wahlkampf. Was ebenfalls für ihn spricht: Er kann auch mit Daniel Günther. Die beiden gleichaltrigen Politiker schätzen sich. Auch wenn es noch weit hin ist, könnte sich aus Sicht der SPD so durchaus eine Machtoption ergeben, die ihr zurzeit komplett fehlt: eine Machtoption an der Seite der CDU zulasten der Grünen um deren Landesvorsitzende Anke Erdmann. Und die ist die Ehefrau von: Ulf Kämpfer.
Nach Informationen des Hamburger Abendblatts sieht Kämpfer seine Zukunft weder in der Kieler Kommunal- noch in der Bundespolitik, wenn Ende 2025 ein neuer Bundestag gewählt wird. Bleibt die Landespolitik, denn für einen Abschied aus dem Geschäft ist Kämpfer mit dann 54 Jahren zu jung – und zu politisch. Das sieht auch Parteiforscher Wilhelm Knelangen so: „Ein völliger Rückzug aus der Politik ist nicht zu erwarten. Herr Kämpfer hat in Interviews erkennen lassen, dass er für Spitzenämter im Land zur Verfügung steht. Insofern wäre eine Spitzenkandidatur keine Überraschung.“
„In Kiel strahlt Kämpfer nicht mehr so stark wie früher“
Aus Sicht Knelangens dürfte es in Teilen der SPD Zustimmung für diese Personalie geben, eine Kandidatur sei aber kein Selbstgänger. „In Kiel strahlt Kämpfer nicht mehr so stark wie früher, und in weiten Teilen des Landes ist er wenig bekannt“, sagt der Kieler Wissenschaftler.
Knelangen sieht die SPD unter Handlungsdruck. Serpil Midyatli habe als Oppositionsführerin „noch keinen sicheren Tritt gefunden“, und die Fraktion kämpfe auch nach zwei Jahren im Landtag noch um ihr Profil. „Der SPD fehlt eine Zukunftserzählung – trotz der Schwächen und inhaltlichen Defizite der schwarz-grünen Landesregierung ist nicht klar, was die SPD anders machen würde“, sagt Knelangen. Eine frühe Festlegung auf einen Spitzenkandidaten für die kommende Wahl könne aber helfen, das Profil zu schärfen.
SPD will Kandidaten frühzeitig ausrufen
Wäre Ulf Kämpfer ein guter Landtagsabgeordneter? „Auf jeden Fall!“ So hat es SPD-Chefin Midyatli vor wenigen Tagen erst im Abendblatt-Interview formuliert. Wäre er auch ein guter Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl in drei Jahren? „Anders als andere Parteien in Schleswig-Holstein haben wir viele großartige Politikerinnen und Politiker“, sagte die SPD-Chefin nicht Nein zu Kämpfer.
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Nachdem Serpil Midyatli mit Thomas Losse-Müller erst kurz vor der Landtagswahl 2022 einen SPD-Spitzenkandidaten präsentiert hatte, will sie jetzt ein gutes Stück eher mit dem Wahlkampf starten. „Die Entscheidung, wer als Spitzenkandidatin oder Spitzenkandidat antritt, werden wir dieses Mal deutlich früher treffen als vor der Wahl 2022. Ich gehe davon aus, dass wir uns bis Ende des Jahres oder Anfang des nächsten entscheiden werden“, sagte sie dem Abendblatt. Zeit für einen engagierten Wahlkampf hätte Ulf Kämpfer dann auf jeden Fall – als Ex-Oberbürgermeister von Kiel.