Kiel. 34 Bank-, 74 Fahrkarten- und 214 Zigarettenautomaten in fünf Jahren in Schleswig-Holstein in die Luft gejagt. 6,5 Millionen Euro Schaden.
Der Schaden ist hoch, die Beute fällt aber oft eher gering aus. Kriminelle haben in den vergangenen fünf Jahren 34 Bank-, 74 Fahrkarten- und 214 Zigarettenautomaten in Schleswig-Holstein gesprengt. Der Gesamtschaden liegt bei 6,5 Millionen Euro. Die Mehrzahl der Täter bei der Sprengung von Geldautomaten vermutet die Landespolizei aus den Niederlanden. Banden gingen hochprofessionell und arbeitsteilig vor. Das geht aus Fakten und Zahlen der Landesregierung hervor, die der SPD-Innenexperte Niclas Dürbrook erfragt hat.
Die Mitglieder niederländischer Banden finanzierten ihren Lebensunterhalt mit der Sprengung von Geldautomaten in Deutschland. Da die Polizei gut 40 Prozent der Fälle aufgeklärt hat, ist sie sicher: „Die Täterstrukturen sind in mehrere Arbeitsebenen unterteilt.“ An der Spitze steht der Auftraggeber, darunter sortierten sich Kundschafter, Logistiker, Sprenger und Fahrer ein.
34 Geldautomaten gesprengt – die Banden, der Schaden, die Beute
Die Kundschafter suchten die passenden Banken und Sparkassen aus, überwachten sie und dokumentierten die Automatentypen und die Sicherheitsvorkehrungen. Die Logistiker besorgten den Sprengstoff. Die Sprenger trainierten vor dem Überfall arbeitsteilige Abläufe und behielten diese bei Erfolg über eine Vielzahl an Sprengungen bei. Die Fahrer warteten in der Regel in hochmotorisierten Fluchtwagen mit laufendem Motor auf die Sprenger. Neben diesen hochprofessionellen Banden hat die schleswig-holsteinische Polizei aber auch „weniger professionell und eher örtlich agierende ( Nachahmungs-)Täter“ bei Geldautomatensprengungen ausgemacht.
Der Schaden und die Beute bei Geldautomatensprengungen in Schleswig-Holstein lagen in den vergangenen fünf Jahren laut Addition aller vom Land aufgelisteten Fälle bei mehr als vier Millionen Euro. Bei den Ticketautomaten kam es zu einem Schaden von mehr als 1,6 Millionen Euro. Und bei den gesprengten Zigarettenautomaten lag der Verlust pro Gerät im „mittleren vierstelligen Bereich“. Das sind bei 214 gesprengten Automaten rund eine Million Euro.
SPD: zumindest weniger Taten als in NRW
Während die Kriminellen bei Geldautomaten meist Gas oder Sprengstoff verwendeten, setzten sie bei Zigarettenautomaten überwiegend „illegale oder erlaubnispflichtige Pyrotechnik ein“. Die Polizei spricht deshalb auch von einem „einfachen Modus Operandi“, als Täter komme also „quasi jedermann“ infrage.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Niclas Dürbrook, der die Daten abgefragt hatte, kann der Antwort der Landesregierung noch etwas Positives abgewinnen. Zumindest seien die Zahlen geringer als in den großen Flächenländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Dürbrook vermutet den „längeren Fluchtweg der mutmaßlich niederländischen Kriminellen“ aus Schleswig-Holstein als Ursache. Der SPD-Innenexperte nennt jede einzelne Tat „hochkriminell“. Erschreckend sei, dass die Beute oftmals in keinem Verhältnis zum Sachschaden oder zur verursachten Gefahr gestanden habe.
Besonders auffällig ist das bei gesprengten Fahrkartenautomaten der Bahn. Hier liegen die Kosten pro Gerät zwischen 20.000 und 30.000 Euro, Beute waren hingegen oft nur einige Hundert bis wenige Tausend Euro.
Dürbrook: In Deutschland gibt es nach wie vor zu viele schlecht gesicherte Geldautomaten
Was noch an den Zahlen, die das Land erfasst hat, auffällt: Bis auf eine Ausnahme waren es im Jahr 2020 ausnahmslos Geldautomaten der Commerzbank, die organisierte Banden in acht verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein in die Luft gejagt hatten. Und hier lag das Diebesgut deutlich über dem angerichteten Sachschaden. Zwischen 106.000 und 240.000 Euro erbeuteten Kriminelle 2020 in Commerzbanken zwischen Maasholm und Bad Bramstedt.
„In Deutschland gibt es nach wie vor zu viele schlecht gesicherte Geldautomaten. In einigen Nachbarländern sind Farbpatronen in Geldautomaten beispielsweise flächendeckend verbaut. Auch Vernebelungssysteme oder die automatische Verklebung von Scheinen kommt noch relativ selten zum Einsatz“, sagt SPD-Experte Dürbrook. Er sieht die Banken gefordert, die „hochgefährlichen Taten schnellstmöglich so unattraktiv wie möglich“ zu machen.
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Die Zahlen aus 2024 sind im Vergleich zu den Vorjahren übrigens deutlich zurückgegangen. So meldet das Land für das laufende Jahr erst eine Geld-, drei Ticket- und 21 Zigarettenautomatensprengungen. Dürbrook wertet das als Indiz, dass der polizeiliche Fahndungsdruck hoch und erfolgreich ist.