Tangstedt. Koch Matthias Gfrörer stellt Karte der Gutsküche Wulksfelde komplett um. Künftig soll Fleisch nur noch eine Beilage sein.
Matthias Gfrörer hat die lange Pause in seinem Restaurant genutzt, um über das Essverhalten der Menschen und Nachhaltigkeit im Bereich Nahrungsmittel nachzudenken. Und ist zu dem Schluss gekommen, dass er sein Restaurant am 1. Juni mit einem vollkommen neuen Konzept eröffnen will.
Gutsküche Wulksfelde: Fleisch und Fisch nur als Beilage
Künftig steht vegetarische Küche im Zentrum der Speisekarte der Gutsküche in Tangstedt direkt vor den Toren Hamburgs. Fleisch und Fisch soll es nur noch auf besonderen Wunsch geben. „Wir werden ein vegetarisches Restaurant werden, in dem Fleisch oder Fisch höchstens noch die Rolle einer luxuriösen Beilage spielen soll“, sagt er.
Gfrörer plant dafür eine Extra-Speisekarte im Stil einer Weinkarte, die nur auf Wunsch gereicht werden soll. Der Gast kann dann unter einigen wenigen edlen Stücken Fleisch und Fisch wählen. „Ich möchte zu einer Kultur kommen, bei der der Gedanke vorherrscht: Ich esse zu meinem vegetarischen Gericht noch ein Stück Fleisch dazu. Nicht wie bisher, wo das Gemüse oft nur eine Alibi-Beilage für den Fleischkonsum war.“
Fleischkonsum ein Treiber der Umweltzerstörung
Für Gfrörer ist das neue Konzept eine Richtungsentscheidung. „Wenn wir nachhaltig leben wollen, müssen wir alle umdenken“, sagt er. Schließlich sei der Fleischkonsum ein wesentlicher Treiber der Umweltzerstörung. „Ganz zu schweigen von den Bedingungen, unter denen die meisten Tiere leben müssen.“ Und: „Ich möchte ein wenig zurückkehren zu Omas Küche, das aber im besten Sinne.“
Schließlich habe man früher auch maximal einmal in der Woche Fisch oder Fleisch gegessen. „Und das reicht vollkommen.“ Fleisch und Fisch sollten wieder zu einem kostbaren Gut werden, nicht zu einem eher achtlos zubereiteten Massenprodukt. „Wir sollten uns alle das ganz bewusst gönnen.“ Nach dem Motto: Du bist, was du isst.
Vegetarische Küche um Preise zu halten
Der Kurswechsel in der Gutsküche hat aber auch noch einen anderen Aspekt, den der Preisgestaltung. „Die meisten Gastronomen eröffnen jetzt mit deutlichen Aufschlägen auf der Karte“, so Gfrörer. Das sei absolut verständlich nach den harten Lockdown-Monaten.
„Durch das vegetarische Konzept können wir allerdings die Preise halten, eventuell sogar ein wenig günstiger werden.“ Nur die Produkte auf der neuen „Beilagen-Karte“ seien dann entsprechend kostspielig. „Das sind dann aber auch besonders gute Stücke Fleisch oder Fisch.“
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New Yorker Restaurant macht's vor
Gfrörer verweist nach New York. Dort hat der Schweizer Starkoch Daniel Humm gerade nach dem Lockdown einen ähnlichen Schritt angekündigt und wird sein Luxusrestaurant, das Eleven Madison Park, als rein veganes Haus im Juni wiedereröffnen. Bis auf Milch für Kaffee und Tee will er auf tierische Produkte in seinem Restaurant, das als eines der besten der Welt gilt, komplett verzichten.
Für Gfrörer ist das eine weitere Bestätigung seiner neuen Konzeptidee. Allerdings, so sagt er, wolle er sich nicht anmaßen, sich mit Humm zu vergleichen. „Ich glaube, dass dieser Schritt zeigt, dass es funktionieren kann.“
Vegetarisch zu Kochen ist anspruchsvoll
Für Gfrörer ist das neue Konzept aber auch eine echte Herausforderung. „Vegetarisch vollwertig zu kochen ist ehrlich gesagt deutlich anspruchsvoller als die klassische Küche.“ Dennoch wolle er sich dem gern gemeinsam mit seinen Kollegen stellen. Zumal er bereits vor vielen Jahren mit seinem Ausbilder und Mentor Michael Hoffmann in Berlin im Sternerestaurant Margaux schwerpunktmäßig vegetarisch gekocht habe.
Dazu kommt die Tatsache, dass sicher der eine oder andere Gast irritiert sein könne von dem Neustart. „Um dem neuen Konzept gerecht zu werden, will ich zusammen mit meiner Frau Rebecca nun bis zum Neustart gemeinsam mit dem Personal jedes Detail der neuen vegetarischen Karte erarbeiten.“ Das sei elementar, damit kein Gast irritiert sei.
Gutsküchen-Chef will Statement setzen
Ihm sei die neue Idee aber so wichtig, da würde er auch gern nach der Eröffnung die eine oder andere Diskussion in Kauf nehmen. „Ich möchte ein Statement setzen und hoffe sehr, dass unsere Gäste das neue Konzept annehmen.“ Wenn nicht jetzt, wann dann, fügt er hinzu.
Insgesamt ist der engagierte Koch verhältnismäßig gut durch die Corona-Zeit gekommen, wie er sagt. Er hat die Wochen und Monate nicht nur für neue Konzeptideen genutzt, sondern auch sein Restaurant und das Café nebenan renoviert.
Gut Wulksfelde beliebtes Ausflugsziel für Hamburger
Mitten im zweiten Lockdown eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau das Gutsdeli. Dort gibt es jetzt Waffeln, kleine Snacks, aber auch Kaffee oder Tee – natürlich alles to go. Ganz neu ist der Gutsgarten. Hier verkauft Gfrörer selbst gemachtes Eis in Bio-Qualität. Am Wochenende bilden sich nicht selten Schlangen vor den beiden Häusern, schließlich ist Gut Wulksfelde ein beliebtes Ausflugsziel in der Region.
Und dann gibt es da noch die Menüboxen, die Gfröer mit seinem Team zusammenstellt und verkauft. Zum Valentins-, Muttertag oder einfach so. Alles in allem ist es also nicht langweilig geworden in Tangstedt. Und so muss Gfrörer dann auch wieder los. Es gibt schließlich noch viel zu tun bis zur Neueröffnung.