Kiel. Bei größeren Veranstaltungen in Innenräumen könnte künftig die 2G-Option greifen. Günther befürwortet Impfpflicht für bestimmte Berufe.

 Schleswig-Holstein plant eine Verschärfung der Corona-Regeln. Damit regiert die Landesregierung aus CDU, Grünen und FDP auf die steigende Corona-Inzidenz und die Entwicklung in den Kliniken des Landes. Dort werden zunehmend Patienten aus Hochinzidenzgebieten wie in Bayern, Sachsen und Thüringen behandelt.

Die Spitze der Landesregierung kündigte am Donnerstag an, kommende Woche zu beraten, in welchen Innenbereichen von Ende November an das 2G-Modell (geimpft oder genesen) kommt, so Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Bis dahin setzt das Land bei Veranstaltungen drinnen weiter auf 3G (geimpft, genesen oder getestet). Günther betonte, wer größere Veranstaltungen von Ende November an plane, sollte sich besser auf 2G einstellen. Klar sei aber auch, dass die Weihnachtsmärkte stattfinden könnten.

Corona in Schleswig-Holstein: Druck auf Ungeimpfte steigt

Trotz einer verhältnismäßig hohen Impfquote und im Bundesvergleich deutlich niedrigeren Corona-Zahlen müsse das Land reagieren. „Wir haben eine Inzidenz knapp unter 90, bundesweit liegt sie bei 250. Die Quote vollständig Geimpfter liegt bei 72, und von den Zwölf- bis 17-Jährigen sind 56 Prozent geimpft. Das ist bundesweit Spitze“, sagte Günther. Die Lage zeige, dass „unsere Strategie in Schleswig-Holstein richtig ist.“ Dennoch müsse das Land jetzt handeln. Die Sieben-Tage-Inzidenz war zuletzt auf 89,4 gestiegen, und die aktuelle Corona-Verordnung läuft am Sonntag aus.

Das Regelwerk bleibt in der Neufassung bis auf einige Einschränkungen weitgehend unverändert – zunächst. Hintergrund dieser Zwischenlösung ist, dass die Ministerpräsidenten, die amtsführende und die kommende Bundesregierung nächste Woche zu einem Krisengespräch zusammenkommen, um neue Regelungen zur Pandemiebekämpfung zu finden. Diese Sitzung will die Landesregierung nutzen, um in zwei Punkten Druck zu machen: „Unsere Experten empfehlen eindeutig eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie Pflegekräfte. Und dafür setzen wir uns ein“, sagte Günther.

Einführung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz

Auch wolle man sich dafür einsetzen, am Arbeitsplatz eine 3G-Regelung einzuführen. „Wir erhöhen den Druck auf die Ungeimpften“, sagte Günther. „Mein Geduldsfaden mit den Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, ist gerissen.“ Kein Verständnis habe er für „abstruseste Begründungen“, sich nicht impfen zu lassen. „Wer Bedenken hat, sollte sich einfach mal an die Millionen Menschen wenden, die sich haben impfen lassen.“

Unterstützt wird Günther in seinen Forderungen von seinen Koalitionspartnern. Monika Heinold von den Grünen, die stellvertretende Ministerpräsidentin, sprach sich für eine Impfpflicht für Heil- und Pflegeberufe aus. Und für Heiner Garg von der FDP ist die „Hutschnur gerissen im Umgang mit den Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen.“

Montgomery plädiert für bundesweite 2G-Regelung

Auch Prof. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebunds und Ehren-Präsident der Ärztekammer Hamburg, plädiert für eine bundesweite 2G-Regelung und eine Impfpflicht: „Wir brauchen eine Impfpflicht für Gruppen, die eine besondere Garantenstellung gegenüber den ihnen anvertrauten Menschen haben, etwa Mitarbeiter im medizinischen und im Altenpflegebereich“, sagte Montgomery. „Auch bei Lehrern kann man darüber diskutieren.“

Unterdessen hat der Chef der Intensivmedizin am UKE, Prof. Stefan Kluge, davor gewarnt, dass die Krankenhäuser vielleicht bald nicht mehr alle Intensivpatienten aufnehmen können. Er habe „große Sorge davor, dass wir in eine Art latente Triage reinkommen“, sagte er auf RTL. Man müsse dann schauen, „wen können wir dann noch in welches Krankenhaus verlegen und wen können wir aufnehmen“.  

Maskenbefreiung für Kinder wird beibehalten

Trotz steigender Inzidenzen und wachsender Belastungen in den Kliniken hält Schleswig-Holstein an der nach den Herbstferien eingeführten Maskenbefreiung für Kinder im Unterricht fest. Günther räumte einen Anstieg der Inzidenz in der Altersgruppe zuletzt ein, aber es gebe „keinen Aufschluss, dass die Aufhebung der Maskenpflicht damit zu tun hat.“

Die allermeisten Ansteckungen von Kindern gingen zurück auf Kontakte im privaten Bereich, nicht in der Schule. Um aber die Beschulung, die absolute Priorität habe, nicht zu gefährden, könne es bei einer dramatischen Entwicklung der Pandemie später doch wieder zur Maskenpflicht in der Schule kommen, sagte Günther.

„Es gibt genügend Impfstoff“

Aktuell ändert sich im Norden die Besucherregelung in Pflegeheimen. Wer zu einem Angehörigen möchte, braucht künftig einen tagesaktuellen Test – auch, wer geimpft oder genesen ist. Ungeimpftes Personal müsse sich weiterhin täglich auf Corona testen lassen. Nach einigen Ausbrüchen zuletzt in Pflegeheimen, kündigte Garg an, die Einhaltung der Regeln gerade in Heimen verstärkt kontrollieren zu lassen.

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Etwa 28 Prozent der Norddeutschen seien noch nicht vollständig geimpft, sagte Günther. Die Impfquote von 72   Prozent ließe sich noch um zehn bis zwölf Prozentpunkte steigern. Deshalb plant das Land flächendeckende stationäre Impfstellen, sagte Garg. Menschen über 60 Jahren sollten dort bei Drittimpfungen zuerst drankommen. „Es gibt genügend Impfstoff.“ Ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung sei eine Auffrischung möglich. Garg dankte allen, die sich hatten impfen lassen: „Sie verhalten sich solidarisch und rücksichtsvoll.“

Midyatli kritisiert Landesregierung für Corona-Politik

SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli kommt der ankündigte Wechsel zu 2G zu spät. „Die Corona-Politik der Landesregierung ist inkonsequent und äußert sich erneut in einem Zick-Zack-Kurs“, sagte sie. Allen sei klar, dass die Infektionszahlen weiter steigen. „Deshalb wäre es konsequent, jetzt gleich auf 2G zu setzen.“ Aus anderen Staaten sei bekannt, dass konsequente 2G-Regeln für einen Schub an Impfungen sorgten. Die Forderung nach der Impfpflicht in Pflege- und Heilberufen sei nachvollziehbar.