Reinbek/Wentorf. Fehlende Radwege, zu viel Autoverkehr auf engen Straßen: Ein Mobilitätsmanager sollte die Probleme angehen. Die Politik lehnt dies ab.
Gerade hat der ADFC demonstriert, um auf die Relevanz der Fahrradwege zwischen Bergedorf, Wentorf, Reinbek und Glinde für die Verkehrswende aufmerksam zu machen. Etwa 50 waren auf der Demonstration dabei, radelten von einem Rathaus zum nächsten. Ihr Ziel: Den Zustand der Radwege in der Region zu verbessern. Nach ihrer Überzeugung bewältigt man Verkehrsprobleme am besten gemeinsam und überregional. Den Verkehr in und zwischen Wentorf, Reinbek und Glinde umwelt- und sozialverträglicher sowie auch effizienter zu gestalten – das sollte auch durch ein gemeinsames Mobilitätsmanagement im Mittelzentrum auf den Weg gebracht werden.
Die Idee der Klimaschutzmanagerinnen aus Wentorf und Glinde sowie ihres Kollegen aus Reinbek dafür eine gemeinsame neue Stelle zu schaffen, wurde jetzt jedoch vom Reinbeker Umwelt- und Verkehrsausschuss ausgebremst: Die Politiker haben nicht nur diesen Vorschlag, sondern auch den Änderungsantrag der Reinbeker Grünen rundweg abgelehnt. Darin wurde eine ganze Stelle allein für Reinbek gefordert. Günther Herder-Alpen, Fraktionschef der Reinbeker Grünen und Vorsitzender des Gremiums, erläutert die ablehnende Haltung des Ausschusses: „Man ist der Überzeugung, in Reinbek fehle es nicht an Köpfen, sondern an den Händen, die die Ideen umsetzen“, sagt er. Das Bauamt leide unter eklatantem Personalmangel.
Verkehrswende im Mittelzentrum: Reinbek lehnt Mobilitätsmanager ab
Dass die neue Stelle eher als Entlastung für den Tiefbau und das Klimaschutzmanagement zu verstehen sei, versuchte Bürgermeister Björn Warmer vergeblich zu erklären: „Es geht nicht um die reine Planung, es geht vor allem ums Machen, um die Realisierung“, so Warmer. „Da ist es hochgradig sinnvoll, gemeinsame Sache zu machen.“
Denn auch die Verkehrslage im Mittelzentrum hat Entspannung nötig: Sei es, wenn es um das stark befahrene Nadelöhr zwischen Reinbek und Wentorf – Reinbeker Weg, Schlossstraße und Bahnhofstraße – geht, wo kaum Raum für Alternativen neben dem Autoverkehr bleibt. Sei es, wenn es darum geht, Glinde, die Gewerbegebiete oder auch das Krankenhaus besser anzubinden. „Wir brauchen einen gemeinsamen Ansprechpartner für Moja, ioki, Lime und Co.“, erklärt Warmer. „Diese verschiedenen Mobilitätskonzepte werden nun einmal nachgefragt – beispielsweise von den ansässigen Firmen.“ Als Einzelkämpfer hätten die Kommunen aber keine Chance.
Enttäuschung bei Wentorfs Grünen
Denkbar wären auch Velo-Routen zwischen Billtal und K80, durch die Glinder Feldmark oder entlang der Lohbrügger Landstraße am Feldrand. Ideen dazu gibt es bereits viele. „Wir haben doch viele der Punkte in der Aufgabenbeschreibung aus der Beschlussvorlage schon längst beschlossen“, stellt Herder-Alpen fest. „Allein, es fehlt uns an den Kräften in der Verwaltung, die dies umsetzen.“
Sein Kollege aus Wentorf, der Grünen-Fraktionschef und Vize des Planungs- und Umweltausschusses Torsten Dreyer, bedauert die Reinbeker Entscheidung sehr – zumal jetzt auch die CDU in Wentorf ihre Zustimmung in der Angelegenheit zurückgezogen und die Gemeindevertreter das Thema in den Fachausschuss zurückverwiesen haben. „Die haben jetzt kalte Füße bekommen“, stellt Dreyer enttäuscht fest. „Obwohl Bürgermeisterin Kathrin Schöning sogar vorgeschlagen hatte, dass wir erst einmal allein mit Glinde eine 70-Prozent-Stelle einrichten sollten. Wir hätten uns hier eine klare Entscheidung für ein besseres Mobilitätsmanagement gewünscht. Schade, dass wir nur eine weitere Fraktion an unserer Seite hatten.“
Jetzt nimmt auch Wentorfs CDU Abstand von der neuen Stelle
Dabei war man sich in Wentorf fast einig über das Thema. „Eigentlich war alles klar, und im Planungs- und Umweltausschuss nur gegen eine Stimme der FDP mit großer Mehrheit vorgeschlagen“, heißt es in einer Pressemitteilung der CDU Wentorf, die weiter an die neue Stelle glaubt. Denn im Verkehr beständen noch große Potenziale, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren. Und die Klimaschutz-Managerinnen müssten entlastet werden, weil sie sich vor allem um die Wärmewende kümmern müssten: „Aber ohne Einigkeit über das Konzept oder als Insellösung ohne Reinbek macht das gar keinen Sinn“, heißt es in der Mitteilung weiter. Wie in Reinbek wünsche man sich mehr konkrete Umsetzung und weniger Konzepterstellung.
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„Wir sind sehr bemüht um das Thema nachhaltige Mobilität“, erklärt Wentorfs Klimaschutzmanagerin Yvonne Hargita, die gerade noch die Europäische Mobilitätswoche an den Schulen begleitet und nächste Woche wieder den runden Tisch Verkehr moderiert. „Ein Mobilitätsmanager könnte beispielsweise Förderanträge im Bereich Rad- und nachhaltiger Verkehr stellen und viele andere Themen vorantreiben.“ Denn sie und ihre Kollegen müssten sich jetzt verstärkt um die Wärmeplanung kümmern.
Der Vorschlag stammt vom runden Tisch Verkehr
Der ADFC fordert attraktive Fuß- und Radverkehrsnetze, geeignete Fahrradabstellanlagen an Schnittstellen zum öffentlichen Verkehr und in den Betrieben sowie einen leistungsfähigen ÖPNV, der auch zu Zeiten geringer Nachfrage ein Angebot bereithält, und alternative Mobilitätsangebote wie Bike- und Carsharing.
Vor diesem Hintergrund wurde seit dem runden Tisch Verkehr im November 2021 die neue Stelle für Mobilität in verschiedenen Konstellationen diskutiert. Die Verwaltungsspitzen der drei Kommunen im Mittelzentrum Sachsenwald (Reinbek, Glinde, Wentorf) hatten den Bedarf einer solchen gemeinsamen Stelle anerkannt, ebenso die Potenziale, als Mittelzentrum gemeinsam abgestimmt aufzutreten. Für jede Kommune wurden Kosten in Höhe von jeweils 36.000 Euro kalkuliert.
Mobilitätsmanagement durch Reinbeks Personalmisere ausgebremst
Das Thema wird in Reinbek noch einmal am Dienstag, 26. September, im Hauptausschuss diskutiert werden und danach in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 29. September.
Die Wentorfer Grünen wollen sich bei den jetzt wieder neu beginnenden Beratungen für die schnelle Einführung eines gemeinsamen Mobilitätsmanagements im Mittelzentrum einsetzen. In Glinde wartet man nun zunächst die Entscheidungen ab.