Reinbek. Hospizdienst Reinbek kümmert sich um Wünsche von schwerkranken Menschen und begleitet sie in ein würdevolles Lebensende.
Wenn das Leben definitiv zu Ende geht, dann wechseln die Prioritäten. „Viele ziehen Bilanz, wollen Beziehungskonflikte klären. Wo Jahrzehnte zuvor Ärger und Groll waren, ist plötzlich Vergeben und Verzeihen wichtig. Viele wollen dann einfach Frieden schließen“, ist die Erfahrung von Beate Neugebauer.
Und davon hat die 56-jährige Wohltorferin im Laufe ihres Lebens schon jede Menge gesammelt. Mehr als 30 Menschen hat die blonde, freundliche Frau als ehrenamtliche Sterbebegleiterin bereits am Lebensende begleitet.
Sterbebegleitung für ein würdevolles Lebensende
Der Tod kam schon früh in ihr Leben. „Als Kind habe ich meine Schwester verloren, später weitere Angehörige. Das war ein wichtiger Grund, warum ich Krankenschwester geworden bin und mich intensiv mit dem Thema Sterben auseinandergesetzt habe“, sagt Neugebauer. Sie ließ sich 2015 zur Sterbebegleiterin ausbilden. Dabei mag sie den Begriff eigentlich nicht. „Es geht ja eher um eine Begleitung bis ans Lebensende“, sagt sie.
Meist sind es die Angehörigen, die bei Neugebauer im Büro des Ambulanten Hospizdienstes Reinbek anrufen. Der Verein hat seinen Sitz im Gemeindehaus der katholischen Kirche, arbeitet aber unabhängig, überkonfessionell und ist auf Spenden angewiesen. „Viele Angehörige sind überfordert und stecken in einem Gefühlschaos“, sagt die hauptamtliche Koordinatorin.
Ihre Aufgabe sei es dann, Dinge zu ordnen und den passenden Sterbebegleiter für die Familie auszuwählen. 18 Frauen und zwei Männer unterstützen derzeit 15 todkranke Menschen zumeist höheren Alters in Reinbek und Umgebung. „Manche über Jahre, andere nur wenige Tage. Das ist nie abzusehen“, sagt Neugebauer.
Mitstreiter gesucht: Zeit ist bei der Begleitung das wertvollste Gut
Immer aber gehe es darum, den Sterbenden zu helfen, ihre Lebenssituation so angenehm wie möglich zu gestalten – würdevoll und selbstbestimmt. Dabei arbeitet der Verein eng mit anderen Hilfseinrichtungen in der Region, wie dem Netzwerk Palliative Care im Kreis Herzogtum Lauenburg zusammen. Das ist dafür da, den Schwerkranken mit Medikamenten die Schmerzen zu nehmen. „ Wir kümmern uns dann um die psychischen, sozialen und spirituellen Wünsche der Menschen“, sagt Neugebauer. Zeit ist dabei ihr wertvollstes Gut.
Je nachdem, was dem Betroffenen guttut, gehen sie zusammen spazieren, essen ein Eis, sprechen über Hobbys, schauen sich die Münzsammlung an und hören die Lieblingsmusik des Schwerstkranken.
„Leichtigkeit ins Leben zurückzuholen, das ist wichtig, und zuzuhören. Und es geht darum, den Angehörigen eine kurze Verschnaufpause in einer anstrengenden Zeit zu ermöglichen“, sagt Inken Thiele. Die Reinbekerin ist mit ihren 36 Jahren nicht nur die jüngste Sterbebegleiterin im Team, sondern auch eine von wenigen, die während der Pandemie neu dazugekommen ist. Vor der Pandemie zählte der Verein 30 Ehrenamtliche, lud einmal im Monat zum Trauercafé. Nach der Pandemie ist die Zahl etwas geschrumpft – ein Grund, warum neue Mitstreiter gesucht werden.
14. Oktober: Großer Infotag zu Themen wie Sterben, Tod und Trauer im Gemeindehaus
Neben innerer Stabilität ist es für dieses Ehrenamt unabdingbar, dass man Erfahrung mit Sterben und Tod mitbringt – „um sich in die Angehörigen einfühlen zu können“, sagt Neugebauer.
2001 wurde der Verein unter anderem von Helga Valentiner-Branth und Pfarrer Gerd Gerding in Reinbek gegründet. Ins kalte Wasser geworfen wird niemand, vor dem Einsatz steht eine sieben Monate dauernde, berufsbegleitende Ausbildung, die zum größten Teil vom Verein bezahlt wird und Anfang nächsten Jahres beginnen soll. In der Ausbildung geht es auch darum, wie man das richtige Maß an Distanz wahrt.
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Wer sich angesprochen fühlt, kann den ersten Kontakt am Sonnabend, 14. Oktober, knüpfen. Von 11 bis 15 Uhr veranstaltet der Verein im Gemeindehaus (Niels-Stensen-Weg 3) einen Informationstag über Angebote zu den Themen Lebensende, Sterben, Tod und Trauer. Zwölf Aussteller – darunter der Wünschewagen vom ASB, das Ahrensburger Hospiz oder ein Bestatter – sind vor Ort und wollen den Besuchern in ungezwungener Atmosphäre und mit Kreativangeboten ein wenig die Berührungsangst vor dem Lebensende nehmen und die Menschen dazu ermuntern, sich bewusst damit auseinander zu setzen.
Lohnenswert ist das auf jeden Fall: „Meine Erfahrung ist, wer Dinge geordnet hat, kann am Ende leichter loslassen“, sagt Neugebauer. Seitdem sie sich bewusst mit der Endlichkeit auseinandergesetzt hat, hat sich ihr Leben positiv verändert.