Barsbüttel. German Vespa Rally gastiert in Stormarn. Teilnehmer fahren zwei Tage durch den Kreis. Was den kultigen Motorroller so besonders macht.
Die Vespa ist seit mehr als 75 Jahren weltweit aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken. Besonders viele der kleinen italienischen Motorroller mit dem besonderen Charme sind am Wochenende 19. und 20. August auf den Straßen Stormarns unterwegs: Der Vespa-Club von Deutschland lädt zur zehnten Ausgabe der German Vespa Rally. Fans des schnittigen Zweirads aus ganz Europa fahren dann zwei Tage lang quer durch den Kreis.
„Mit der Vespa kauft man sich ein Stück Lebensgefühl“, sagt Bengt Lange. Der Barsbütteler ist Vorsitzender des Vespa-Clubs Hamburg, der in diesem Jahr Gastgeber ist. Vespa ist für den 54-Jährigen „Sommer, Freiheit, Dolce Vita“.
German Vespa Rally: Roller-Fans fahren von Barsbüttel aus durch Stormarn
Seinen ersten Roller hat sich Lange mit 19 zugelegt. 1988 war das. „Die meisten von uns haben jung angefangen. Und wer einmal eine Vespa gekauft hat, bleibt dabei“, sagt der Barsbütteler und lacht. Inzwischen hat er zehn Modelle bei sich in der Garage stehen, darunter historische Schmuckstücke und moderne Varianten. „Die älteste ist Baujahr 1951, die neueste von 2002“, erzählt er.
Viele hat er selbst instand gesetzt. Einige bestanden nur aus einem Blechgehäuse, als der 54-Jährige sie erwarb. Inzwischen hat der gelernte Fotograf sein Hobby zum Beruf gemacht. 2020 hat Lange in Hamburg eine Vespa-Werkstatt eröffnet. „Während Corona habe ich nach einem zweiten Standbein gesucht“, sagt er.
Die Altersspanne der Clubmitlieder reicht von 18 bis 86
Den Hamburger Vespa-Club gibt es schon seit 1950. Die aktuell mehr als 75 Mitglieder – die Altersspanne reicht von 18 bis 86 Jahre – treffen sich jeden Dienstag im Vereinshaus an der Heinrich-Hertz-Straße 131 in Mundsburg.
Dann geht es um Beratung beim An- oder Verkauf, technische Hilfe, gemeinsames Herumschrauben oder auch nur den Austausch von Anekdoten. Außerdem organisiert der Club regelmäßig Ausfahrten und Reisen. „Bei uns ist jeder Vespa-Freund willkommen“, sagt Lange.
Viele Roller-Liebhaber sind bereits ordentlich rumgekommen
Viele Mitglieder sind schon seit Jahrzehnten dabei. So wie Manfred Henning aus Wilhelmsburg. „Mit 16 hatte ich meinen ersten Roller“, erzählt er. „Damals brauchte ich einen fahrbaren Untersatz, um von Wandsbek nach Altona zu kommen.“ Sofort habe ihn das Vespa-Fieber gepackt. Mittlerweile ist er seit mehr als 40 Jahren im Club. „Wenn die Begeisterung einmal überspringt, wird man sie nicht mehr wieder los“, sagt der heute 63-Jährige.
Auf seiner Vespa ist Henning schon ordentlich herumgekommen. St. Tropez, Barcelona, Portugal, Italien, San Marino, Dänemark – es gibt kaum Ecken in Europa, wo der Wilhelmsburger noch nicht gewesen ist. „Es gibt ein Mitglied, der war schon in Kapstadt“, erzählt er. Ein anderer sei mit dem Roller rund um die USA gefahren.
Das schnellste Modell schafft maximal Tempo 120
„Man ist natürlich eine Weile unterwegs“, gesteht er. Das leistungsstärkste Modell Vespa 300 schafft maximal Tempo 120. Die meisten Roller bleiben aber unter der Marke von 100 Kilometern pro Stunde. Für Henning ist das Tempo sowieso zweitrangig. „Es geht darum, Land und Leute kennenzulernen. Für mich ist das Urlaub“, sagt er.
Henning war schon mehrfach bei den Vespa World Days dabei, zuletzt vor der Corona-Pandemie in London. Bei der Veranstaltung kommen Liebhaber des Kultrollers aus aller Welt zusammen. „Man trifft Gleichgesinnte und versteht sich sofort. Das ist etwas ganz Besonderes“, schwärmt er.
Die meisten Vespa-Fans kauften im Jugendalter ihren ersten Roller
Auch Jost Lebrecht aus Kirchsteinbek ist schon seit knapp vier Jahrzehnten dabei. Die Geschichte, wie er zu seiner ersten Vespa kam, ist ganz ähnlich wie die von Manfred Henning. „Ich habe mir meinen ersten Roller 1983 zugelegt, um von Hamburg zur Bundeswehr nach Neumünster zu kommen“, erzählt der 60-Jährige. „Das ist der klassische Weg, wie die meisten angefangen haben“, sagt Clubchef Lange.
So gesehen ist Christian Bernier eine Ausnahme. Er ist erst vor vier Monaten zum Club dazugestoßen. „Meine erste Vespa hatte ich 1986 mit 16, habe sie dann aber verkauft“, erzählt er. Erst vor zweieinhalb Jahren habe er sich dann wieder einen Roller zugelegt. „Die Affinität war immer da“, sagt Bernier. „Vielleicht auch, weil mein Vater Franzose ist und ich dieses Lebensgefühl irgendwie aus Frankreich mitgebracht habe.“
Die Maschinen transportieren das Lebensgefühl der Nachkriegsjahre
Doch was macht die Vespa so besonders? „Das Design“, sagten alle vier unisono. Der unverwechselbare Look, vorne flach, hinten rund, dazwischen eine Wespentaille, sei untrennbar verbunden mit der Lebenseinstellung der Nachkriegsjahre. Freiheit und Aufbruch zwischen Mädchen in Petticoats und der Musik von Elvis Presley.
Doch auch baulich könne die Vespa überzeugen, sagt Bengt Lange. „Die Technik ist extrem simpel, Komponenten können einfach ausgetauscht werden“. Gleichzeitig sei sie sehr langlebig. „Viele fahren 40 Jahre, wechseln ein Teil und fahren weiter.“
Neue Führerscheinklasse führt 2020 zu einem regelrechten Boom
Aber ist Kultroller bei all der Konkurrenz durch E-Scooter auch bei jungen Leuten noch gefragt? Ja, ist Bengt Lange sicher. „Das kann man gar nicht vergleichen, eine Vespa ist immer noch etwas Besonderes. Das zeigen auch die Verkaufszahlen.“
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Der zum Januar 2020 eingeführte B196-Führerschein, der es Inhabern einer Fahrerlaubnis für Pkw gestattet, nach einer theoretischen und praktischen Schulung ohne amtliche Prüfung Motorräder oder Roller mit bis zu 125 Kubikzentimeter Hubraum zu fahren, habe sogar zu einem regelrechten Boom geführt. Laut Kraftfahrtbundesamt nutzten Ende 2020 bereits 78.000 Menschen diese Möglichkeit.
Die Idee für eine Rally entstand im Jahr 2012
Die Idee einer Rundfahrt mit Vespas nach dem Vorbild der beliebten Oldtimer-Rallyes entstand 2012 beim übergeordneten Vespa-Club von Deutschland. Seit der Premiere im bayerischen Straubing 2013 gastierte die Veranstaltung bereits in sieben Bundesländern.
„Die Rally ist eine touristische Veranstaltung, es geht nicht darum, wer der Schnellste ist, sondern darum, die Landschaft zu entdecken“, sagt Organisator Lange. Es handele sich um eine sogenannte Gleichmäßigkeits- oder Zuverlässigkeitsfahrt. Die Teilnehmer müssen vor dem Start und nach der Zieleinfahrt auch eine festgelegte Strecke zwischen zwei Lichtschranken in möglichst genau zehn Sekunden zurücklegen.
Start ist am Sonnabend vor dem Barsbütteler Bürgerhaus
Zwischendurch müssen anhand eines Roadbooks acht Stempelstellen angefahren und vier Sonderprüfungen absolviert werden. „Die Teilnehmer kommen aus ganz Europa“, sagt der Barsbütteler. Die meisten stammten zwar aus dem Bundesgebiet, aber auch Vespa-Freunde aus Italien, Österreich, England und sogar Zypern hätten sich angemeldet. Insgesamt gibt es 60 Startplätze, einige wenige sind noch frei.
Die Teilnehmer starten ab 10 Uhr im Abstand einiger Minuten vor dem Bürgerhaus in Barsbüttel (Soltausredder 20). Anschließend geht es in der ersten Etappe über Glinde, Lütjensee, Bad Oldesloe und Sülfeld nach Tangstedt und von dort über Bargteheide, Ahrensburg, Großhansdorf und Trittau zurück nach Barsbüttel. Der Zieleinlauf ist zwischen 18 und 19 Uhr geplant.
Die Route führt auf 160 Kilometern durch Stormarn und Umgebung
Die zweite Etappe – Start ist am Sonntag um 9 Uhr vor dem Barsbütteler Bürgerhaus – führt durch den Sachsenwald und Dassendorf nach Geesthacht und zurück. Zwischen 12 und 13 Uhr werden die Vespa-Fans wieder in Barsbüttel erwartet. Insgesamt ist die Route rund 160 Kilometer lang. „Die Zeitspanne ist bewusst großzügig gewählt, damit die Teilnehmer Zeit haben, zwischendurch zu pausieren und die Umgebung zu erkunden“, sagt Lange. Ab 16 Uhr ist am Sonntag die Siegerehrung geplant.
Anmeldung und weitere Infos zur Rally: www.vcvd.de/anmeldung, Nenngeld 98 Euro (Mitglieder) und 115 Euro (Nichtmitglieder)