500 Vespa-Fahrer aus ganz Deutschland trafen sich Sonnabend auf dem Kiekeberg. Ein ganzer Korso fuhr durch den Landkreis Harburg.

Hamburg. Verbote prägen oft ein Leben lang. Davon kann Olaf Sander, 40, aus Ashausen ein Lied singen. Als Teenager, mit 16, wollte er unbedingt eine Vespa haben. "Das war immer mein Jugendtraum!" Dafür hätte er mit 16 Jahren einen Führerschein machen müssen und dann eine Maschine mit 80 Kubikzentimeter Hubraum fahren können. Aber Olaf Sanders Eltern war die Sache unheimlich: Sie sagten: "Verzichte auf die Vespa, dann finanzieren wir dir mit 18 Jahren deinen Pkw-Führerschein."

24 Jahre später, mit 40 Jahren, ist Olaf Sander stolzer Besitzer einer Vespa PK 50 - Baujahr 1983 mit vielen Leuchten und Rückspiegeln, Hamburg-Flagge und Fuchsschwanz. Die Vespa hat 50 Kubikzentimeter Hubraum und "läuft gut mit" - wer nach dem 1. April 1980 seinen Führerschein gemacht hat, wie der Ashäuser, darf mit einem Pkw-Führerschein nur eine 50 Kubikzentimeter Hubraum große Maschine fahren.

Mit der fuhr Olaf Sander am Sonnabend zum großen Vespa-Treffen anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Vespa Clubs Hamburg zum Freilichtmuseum am Kiekeberg. Auch seine Frau Ulrike, 38, fuhr mit. Aber nicht, wie noch vor kurzem, auf dem Rücksitz, sondern auf ihrer eigenen Maschine: einer bildschönen Lambretta J 50, Baujahr 1963. Die hat Olaf Sander bei Ebay ersteigert - zum Hochzeitstag - und dann restaurieren lassen.

Karl-Heinz Siegmund, 68, fährt seine Vespa nur bei gutem Wetter

Die Sanders gehörten am Wochenende zu den rund 500 Vespa-Fahrern aus ganz Deutschland, die mit ihren italienischen Zweirädern auf den Kiekeberg kamen. Da blitzte ganz viel Chrom zwischen den Bauernhäusern, da war das berühmte Vespa-Rattern zu hören und da formierte sich am Sonnabendnachmittag ein wunderschöner Vespa-Corso durch den Landkreis Harburg.

Auch Karl-Heinz Siegmund, 68, aus Hamburg-Farmsen zog es am Sonnabend mit seiner hellblauen Vespa Super 125, Baujahr 1966, nach Ehestorf. Allerdings fuhr das schmucke Stück auf dem Anhänger von Sohn Bernd, 43, von Farmsen nach Ehestorf - "weil das eine zu lange Strecke ist", sagte Karl-Heinz Siegmund.

Auch den Maler im Ruhestand prägte lange Zeit ein Verbot - allerdings ein selbst auferlegtes: "Die Vespa war schon eine Leidenschaft, als ich Lehrling war. Der Lehrgeselle hatte eine Vespa GS 150 in Silber. Ich habe immer gedacht, so etwas Schönes will ich auch mal fahren. Dann habe ich ihn im dritten Lehrjahr überredet, auch mal zu fahren, ohne Führerschein."

Aber dann setzte bei Karl-Heinz Siegmund "die Vernunft" ein. "Bei fünf Kindern konnte ich mir eine Vespa geld- und zeitmäßig nicht leisten." 1999 surfte er dann im Internet und fand einen Roller, der ihm gefiel. "Ein Bekannter hat mir die Maschine aus Bayern mit seinem Anhänger mitgebracht." 1500 Mark kostete die Vespa.

Dann begann die Arbeit. "Ich habe den Roller völlig zerlegt, der lag bei mir zu Hause auf dem Tapeziertisch." Weiß war die Vespa, "aber sie musste ungedingt hellblau sein. Ich habe mir die Farbe dann hinmischen lassen, bis sie mir gefiel."

Jetzt fährt der Farmsener sein gutes Stück nicht mehr als "fünfhundert bis tausend Kilometer im Jahr. Meistens steht sie geschützt in der Garage zum Putzen. Ich fahre meine Vespa nur bei gutem Wetter."

Ein Vespa-Fahrer und -Fan der ganz harten Sorte ist der Erste Vorsitzende des Vespa Clubs Hamburgs, Hendrik Harms, 30, aus Hoopte. Der Maler- und Lackierermeister nennt neun Vespas sein eigen. Sie stehen und hängen bei ihm zu Hause: unter der Treppe im Vorflur, an der Wand, in der Werkstatt. "Die Werkstatt hat eine Hebebühne mit Fußbodenheizung, damit ich auch im Winter an meinem Maschinen arbeiten kann", sagt Hendrik Harms. "Ich habe mein Haus um die Vespas herumgebaut."

Seine erste Vespa war eine PX Lusso, Baujahr 1993. Jetzt gibt sich der Hoopter nicht mehr mit Konfektionsware zufrieden. Er sammelt Vespas aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Seine liebsten Stücke sind Vespas, die im Lizenzbau in Lintorf bei Düsseldorf bei der Firma Hoffmann gebaut wurden, von 1950 bis 1954. Die so genannten "Hoffmann-Vespas". Mit der "Hoffmann-Königin", Baujahr 1954, ist er 2007 und 2008 nach schwerer Krankheit 13 500 Kilometer durch die USA, Kanada, Mexiko und über die U.S. Virgin Islands gefahren, gemeinsam mit seinem Kumpel Christian Zander, 44, aus Hamburg. Das Durchschnittstempo lag bei 45 km/h.

Manche Fahrer geben ein paar tausend Euro für Gravuren aus.

"Jeden Tag", sagt Hendrik Harms, "waren unsere Unterarme in Öl und kohlrabenschwarz. Die Kupplung ging dauernd kaputt. Die ist sehr klein und mehr auf die italienische Hausfrau ausgerichtet und nicht für einen stattlichen jungen Mann mit Gepäck geeignet." Einmal flog der Motor auseinander - ein neuer Motor wurde aus Deutschland eingeflogen und in San Fransisco bei einem Clubkameraden eingebaut. Insgesamt, sagt der Vespa-Präsident, ist die Vespa ein "teures Hobby - da fehlt hier mal eine Chromschraube, da sollen da mal neue Chrombügel, neue Griffe und neue Chromfelgen angebaut werden. Manche Fahrer lassen sich sogar eigene Gravuren für ein paar tausend Euro auf die Gussteile machen."

Für den Sohn von Olaf und Ulrike Sander wird sich die Geschichte des Vespa-Verbots vielleicht wiederholen. Nikolai, 15, will auch einen Führerschein machen, aber seine Eltern locken, wie einst auch Olaf Sanders Eltern, mit einem Autoführerschein mit 18 Jahren. Rückblickend sagt Olaf Sander: "Wahrscheinlich ist es tatsächlich besser, dass ich als 16-Jähriger noch nicht Vespa gefahren bin. Mit der Einstellung von damals weiß ich nicht genau, ob heute noch alle meine Knochen heil wären."