Hamburg. Analyse der Polizei zeigt: Weniger Taten, weniger Täter. Doch bei den Drogendelikten ist der Trend gegenläufig.
Die Zahlen im Bereich der Jugendkriminalität sind im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. 11.587 Tatverdächtige, die unter 21 Jahre alt waren, wurden im vergangenen Jahr von der Polizei ermittelt. Das ist ein Rückgang von 9,5 Prozent. Die meisten waren sogenannte Heranwachsende, Volljährige, die noch unter 21 Jahre alt sind. Tatverdächtige dieser Altersgruppe wurden 5114-mal ermittelt. 4630 Tatverdächtige waren von 14 bis 17 Jahre alt, 1843 Tatverdächtige waren noch im Kindesalter.
Straftaten im öffentlichen Raum, oft spontan und dilettantisch, kennzeichnen das Wesen der Jugendkriminalität in Hamburg. Daher überrascht es Experten nicht, dass die Zahl der Taten deutlich zurückging. Sie sehen auch hier einen Zusammenhang mit der Pandemie. „Jugendliche halten sich eher im öffentlichen Raum auf. Normverstöße werden dadurch eher erkannt und führen zu Konflikten mit Erwachsenen und der Polizei“, heißt es in einer Analyse.
Opfer von jungen Tätern sind oft ebenfalls jung
Und auch das wissen Experten: Opfer von jungen Tätern sind oft ebenfalls jung. Die Zahlen belegen das. Mit dem Rückgang der Tatverdächtigen ist auch die Zahl der Opfer, die zum Tatzeitpunkt unter 21 Jahre alt waren, deutlich um 11,4 Prozent auf 6170 zurückgegangen. Fast zwei Drittel von ihnen wurden Opfer von Körperverletzungsdelikten.
Eine Erklärung liegt auf der Hand. Während der Pandemie hatte es einfach weniger Tatgelegenheiten gegeben, da es im vergangenen Jahr über Monate einfach nicht möglich war sich in größeren Gruppen zu treffen. Events wurden abgesagt, Discos und Clubs mussten schließen. Das führte vor allem zu einem starken Rückgang der unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen bei den Gewaltdelikten. Die Zahl ging um 182 auf 1641 zurück. Das entspricht einem Rückgang von zehn Prozent.
Kontinuierlicher Anstieg bei Rauschgiftkriminalität
Beim Straßenraub ist nach Erkenntnissen der Polizei der Rückgang von 11,5 Prozent bei den ermittelten Tatverdächtigen nahezu ausschließlich auf die unter 21-Jährigen zurückzuführen. Weit überproportional ist der Rückgang bei den unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen bei den einfachen Diebstählen, zu denen der Ladendiebstahl zählt, mit 19,8 Prozent. Zum Vergleich: Der Rückgang bei den über 21 Jahre alten Tatverdächtigen betrug lediglich 5,8 Prozent.
Ganz anders ist die Entwicklung bei der Rauschgiftkriminalität. Hier gibt es seit Jahren einen kontinuierlichen Anstieg der unter 21-Jährigen, die im Zusammenhang mit Drogendelikten ermittelt werden. Er stieg im vergangenen Jahr auf 2187 an – 150 mehr als im Vorjahr. Die verstärkte Bekämpfung der Drogenkriminalität durch die Taskforce, die 2016 von Innensenator Andy Grote initiiert wurde, kann nicht der alleinige Grund sein.
Langzeitvergleich: Jugendliche heute viel seltener kriminell
Denn auch im Langzeitvergleich hat sich die Zahl der unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen von 1190 im Jahr 2011 um knapp über 80 Prozent erhöht. Das ist ein Anstieg, der nahezu parallel zu der Entwicklung bei den Erwachsenen Tatverdächtigen aus dem Bereich Drogenkriminalität verläuft. Ganz anders ist das Bild im Langzeitvergleich bei der Jugendkriminalität in Hamburg. In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen um 43,6 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Anteil der Jugendlichen in der Bevölkerung lange Zeit nahezu stabil geblieben und vor allem seit 2015 noch einmal angestiegen.
Auffallend hoch war im vergangenen Jahr auch der Rückgang von unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Ihre Zahl ging von 4695 um 21,4 Prozent auf 3689 zurück. Auch hier gibt es einen jahrelangen positiven Effekt, der sich im Corona-Jahr noch einmal verstärkt hat. Ein Viertel der unter 21 Jahre alten ermittelten Tatverdächtigen kommt nicht aus Hamburg. Bei dem Delikt „Beförderungserschleichung“ ist nicht einmal jeder zweite ertappte junge „Schwarzfahrer“ ein Hamburger. Die hohe Zahl hängt wohl auch damit zusammen, dass sich viele Jugendliche und Heranwachsende aus den Randgebieten nach Hamburg hinein orientieren.
Nur ein Viertel der ermittelten Tatverdächtigen sind Mädchen
Eine deutlich untergeordnete Rolle bei der Jugendkriminalität spielen Mädchen. Sie machen lediglich etwa ein Viertel aller ermittelten Tatverdächtigen unter 21-Jährigen aus. Über den Anteil der unter 21-Jährigen an der Kriminalität sagen die Zahlen nur bedingt etwas aus. Denn ein Tatverdächtiger wird pro Jahr nur einmal gezählt – unabhängig davon, wie viele Straftaten ihm zugeordnet werden. Oft fallen Täter, vor allem Jugendliche, mehrfach auf. Beruhigend: 97,6 Prozent der unter 21 Jahre alten Hamburger sind im vergangenen Jahr überhaupt nicht polizeilich aufgefallen.