Reinbek. Ulrich Beckmann hat sich einen Traum erfüllt und noch einmal das Auto seiner Jugend gegönnt. Was so ein Oldtimer heute kostet.

Aus dem vorbeifahrenden Auto ruft eine Frau Ulrich Beckmann zu: „Cooles Auto! Coole Farbe!“ Derartige positive Erlebnisse hat der Reinbeker (54) immer, wenn er mit seiner himmelblauen Ente Baujahr 1987 unterwegs ist. „Ich werde überall auf die Ente angesprochen, die Leute gratulieren mir zu meinem Auto“, erzählt der Rechtsanwalt und Notar. „Viele verbinden mit diesem Auto positive Erinnerungen und Erlebnisse, sind vielleicht selbst einmal Ente ge- oder zumindest mitgefahren.“

Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ihm die Fahrten in seinem Oldtimer so viel Spaß machen. Denn nostalgische Erinnerungen fahren immer mit: Bis zu seinem 29. Lebensjahr ist der Jurist eigentlich immer nur Ente gefahren. „Meine aktuelle ist die fünfte Ente, die ich habe“, sagt er.

Citroën Ente: Dieses Exemplar ist Beckmanns fünftes

„Mit 18 Jahren bin ich noch die Ente meiner Mutter gefahren, meine letzte – oder besser vorletzte –, eine Charleston-Ente, habe ich mit 29 Jahren abgegeben. Sie war eine ähnliches Baujahr wie meine heutige.“

Als der 54-Jährige vor seinem 50. Geburtstag gefragt wurde, was er sich denn wohl wünsche, bat er um einen Anteil einer Ente. 2000 Euro seien so zusammengekommen. „Das war der Grundstock für meinen Entenfonds“, berichtet Beckmann vergnügt. Er richtete einen Dauerauftrag ein und stockte so monatlich auf. Auch der Erlös, als er den Wagen seines Vaters verkaufte, floss dort hinein. Nach drei Jahren hatte Ulrich Beckmann 13.000 Euro für seine Ente beisammen. „Der Fonds hatte sich sehr günstig entwickelt und 3000 Euro plus gemacht“, resümiert er zufrieden.

Kopffreiheit bietet sie, die Ente. Die Sitze sind, obwohl aufgearbeitet, weich.
Kopffreiheit bietet sie, die Ente. Die Sitze sind, obwohl aufgearbeitet, weich. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Bei seiner Recherchen über die steigende Wertentwicklung der Ente war er auf eine Lübecker Firma gestoßen, die sich darauf spezialisiert hatte, französische Fahrzeuge nach Deutschland zu überführen und dort zu restaurieren. Der Reinbeker fuhr nach Lübeck und trug dort seine Wünsche vor: Himmelblau sollte sie sein, runde Scheinwerfer haben und eine Anhängerkupplung. Beckmann erteilte den Auftrag und hörte ein Vierteljahr nichts mehr von seinem Traum. Er hakte nach, aber in ihrem Französischen Netzwerk war die Firma noch nicht fündig geworden. Zwei Wochen später kam der Anruf: Ein Lübecker Unternehmer verkaufte seine Ente, und Beckmann schlug im Oktober 2021 schließlich zu. 14.500 Euro habe sie gekostet – auch ohne Anhängerkupplung.

Citroën Ente ist durchaus eine Wertanlage

Doch sie steigt noch in ihrem Wert – nicht nur im monetären Sinne: „Ich habe mich hineingesetzt, und es war wie eine Zeitreise“, schwärmt der Jurist. „Als hätte ich gestern noch hinter ihrem Steuer gesessen, nicht vor mehr als 20 Jahren. Jeder Handgriff war vertraut.“ Der Oldie ist in einem Top-Zustand, war 2015 restauriert worden. Der Untergrund ist verzinkt, und die Ente hohlraumversiegelt.

Dennoch sei die Ente ein Schönwetter-Auto, Feuchtigkeit dürfe sich dort nicht einnisten. Doch als solches gebe es nichts Besseres: Das neue Vinylverdeck geöffnet, die typischen Fenster aufgeklappt – sofort stelle sich gute Laune ein. Mit seiner Schwester und einer „Sandkistenfreundin“ sei er mit der Ente schon zum Campen an der Ostsee gewesen – wie damals.

Die Scheibenwischer schrappen vernehmbar, statt eines Cockpits gibt es wenige Anzeigen und dünne Schalter.
Die Scheibenwischer schrappen vernehmbar, statt eines Cockpits gibt es wenige Anzeigen und dünne Schalter. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Das Fahrgefühl ist ein besonderes: „Man ist der Straße schon ziemlich nah. Als mich bei der ersten Autobahnfahrt die Lkw überholten, war es mir schlagartig bewusst: Ich fahre wieder eine Ente“, erzählt er lächelnd. „Man lernt, absolut defensiv zu fahren, sonst hat man keine Chance. Ich schaue immer zwei Autos voraus.“

Citroën Ente scheint bei Tempo 100 abzuheben

Viele fragen sich, wie der Hüne in die Ente passt: „Aber man genießt eine hohe Kopffreiheit, man sitzt nur eng beieinander“, erklärt Beckmann. „Ich habe sie auch schon auf 100 Kilometer pro Stunde bekommen, aber dann hat man das Gefühl, gleich hebt sie ab“, sagt der Enten-Liebhaber. Der Motor ist immer zu hören, auch die aufgearbeiteten Sitze geben nach, in den Kurven neigt sich die Ente zur Seite.

Doch die leichte Karosserie, der tiefliegende Motor mit 28 PS sowie der tiefliegende Tank verhindern mit ihrem günstigen Schwerpunkt ein Umkippen nahezu. Einem Kollgen gestand er, dass er sich einen Traum erfüllt habe. „Ah, ein Porsche?“, fragte der. Beckmann muss lachen: „Sein Gesicht nach meiner Antwort werde ich so schnell nicht vergessen.“