Reinbek. Fehlende öffentliche Toiletten, mangelnde Barrierefreiheit, enge Umlaufsperren: Vieles muss besser werden, fordert das Gremium.

45 Anträge hat der Seniorenbeirat Reinbek in den vergangenen zehn Jahren für eine altersgerechte Infrastruktur gestellt. Doch nur ein geringer Teil davon ist bisher realisiert worden. Vieles sei zwar genehmigt, doch das Bauamt ist zu eng besetzt, um die Beschlüsse umzusetzen. Zudem sei es schwierig, Firmen für die kleineren Aufträge zu gewinnen. So lautet das Fazit des Seniorenbeirats im Rückblick auf 2021 und im Ausblick auf 2022. Den Sammelantrag, um zumindest ein barriereärmeres Reinbek zu schaffen, will das Gremium hartnäckig weiterverfolgen.

In ganz Reinbek fehlt es an Bänken, auf denen sich Senioren ausruhen können

Ein Weg auf dem Kopfsteinpflaster des Mühlenweges ist geschaffen worden, damit ihn Bewohner des Bismarckstifts auch mit Gehhilfe oder Rollstuhl queren können. In ganz Reinbek fehlten Bänke, damit Senioren sich einmal ausruhen können. Fünf – am Bismarckstift, nahe dem Täbyplatz und an der Sophienstraße – seien immerhin beschlossen.

Die Kritik richtet sich gegen fehlende öffentliche Toiletten, mangelnde Barrierefreiheit am Schloss oder am Jürgen-Rickertsen-Haus, fehlende Querungshilfen auf der Hermann-Körner-Straße, ein Radwegenetz oder zu enge Umlauf­sperren.

Beirat spricht sich für barrierefreie Bushaltestelle an der Wildkoppel aus

Eine einzige Bushaltestelle sei im Jahr 2022 barrierefrei, nicht wie laut UN-Konvention alle Haltestellen der Stadt. Als zentralen Busstopp in der Stadtmitte spricht sich der Seniorenbeirat gegen den angedachten Standort an der Bahnhofstraße und deutlich für die Wildkoppel aus.

Kurt Martens, Sprecher des Beirats: „Wenn man eine behindertengerechte Haltestelle ernst nimmt, kann sie nur an der Wildkoppel entstehen. Dort gibt es ausreichend Platz, im Gegensatz zu der am meisten befahrenen Straßen der Stadt mit einem belebten Bürgersteig. Außerdem fallen so keine Parkplätze weg und dadurch, dass künftig Elektro-Busse eingesetzt werden, erledigt sich auch das Gegenargument mit dem Lärm.“

Ältere Mitbürger finden keine bezahlbare Wohnung mehr in der Stadt

Ein weiterer wichtiger Punkt des Beirats ist seniorengerechtes Wohnen. Dies betrifft nicht nur die Barrierefreiheit, sondern auch die Kosten. Doch Flächen für Neubauten sind rar und umkämpft. In Sachen Holzvogtland sagt Martens für das Gremium: „Wir halten uns zurück, wenn es darum geht, ob am Kampsredder gebaut werden soll oder nicht. Das haben andere zu entscheiden. Wenn dies aber geschieht, muss es sozialverträglich, senioren- und behindertengerecht sein.“

Dr. Heinz-Dieter Weigert, Vorsitzender des Seniorenbeirats Reinbek: Reinbek ist seniorenfeindlich und nicht barrierefrei.“
Dr. Heinz-Dieter Weigert, Vorsitzender des Seniorenbeirats Reinbek: Reinbek ist seniorenfeindlich und nicht barrierefrei.“ © BGZ

Ansonsten ist es um das Wohnen in der Stadt für Senioren schlecht bestellt. Der Beiratsvorsitzende Dr. Heinz-Dieter Weigert sagt sogar: „Reinbek ist seniorenfeindlich und nicht barrierefrei.“

Pressesprecher Kurt Martens möchte das nicht in der Zeitung lesen, versucht zu beschwichtigen, doch Weigert schweigt dazu demonstrativ, führt aber an: „Für alte Menschen, die eine Eigenbedarfskündigung bekommen, heißt das in Reinbek: Sie sind weg.“

Von den heute 211 geförderten Wohnungen bleiben bald nur 74

Erst in Neumünster oder Schwarzenbek fänden sie wieder eine günstige Wohnung. Sie würden aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen. Denn von den heute 211 geförderten Wohnungen im Stadtgebiet würden bald nur noch 74 übrig bleiben. Der Mietenspiegel treibe die Wohnkosten in die Höhe. „Das ist grausam“, stellt der Beiratsvorsitzende fest.

Reinbeks Senioreneinrichtungen seien bereits heute voll und neue würden nicht gebaut. „Das ist nicht mehr finanzierbar“, sagt Weigert. „Wenn die Heime durchfinanziert sind, sind auch die Babyboomer gestorben – die Heime bleiben leer. Hinzu kommen der Mangel an Pflegekräften und die steigenden Kosten: Die Generation nach uns wird nicht mehr ausreichend gepflegt werden können.“

  • Das plant der Seniorenbeirat für 2022

Neben seinem politischen Engagement setzt sich der Seniorenbeirat auch dafür ein, der älteren Generation im Alltag zu helfen und ihnen Freude zu bereiten. Beispielsweise will er das Beratungsangebot in der Stadt verbessern und eine feste Sprechstunde des Pflegestützpunktes Stormarn im Jürgen-Rickertsen-Haus installieren.

Aktuell plant er gemeinsam mit der Stadt Reinbek auch die Messe Viva Seniores 22 im Schloss für das Wochenende, 23. und 24. April.

Die Ehrenamtlichen hoffen auch darauf, ab Februar oder März wieder ihre monatlichen Themenfrühstücke mit belegten Brötchen im Jürgen-Rickertsen-Haus anbieten zu können. Die Schwerpunkte Hörverbesserung, Vorsorge, Testament und Patientenverfügung, Augenversorgung, Sicherheit: Mit der Polizei gegen Enkeltrick und Co.. Schuldnerberatung sowie Adventsfrühstück mit Tombola und Live-Musik sind bereits in Vorbereitung.

Für jeweils zwölf Senioren möchte der Beirat wieder Stadtrundfahrten mit dem Kleinbus durch Reinbek und die Stadtteile samt Kaffeetrinken anbieten. Die Organisatoren haben bereits die vierte Tour ausgetüftelt.

Ab Juli packen die Mitglieder des Seniorenbeirats wieder etwa 500 Weihnachtspäckchen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Seniorenheime in Reinbek.

Außerdem möchte der Seniorenbeirat auch wieder Computer- und Bewegungskurse anbieten.