Reinbek. Der Freundeskreis der Volkshochschule Sachsenwald schreibt einen Brandbrief an die Politik. Es geht um die Kursgebühren.

Simon Bauer, Leiter der Volkshochschule Sachsenwald, hat sich lange mit der Neufassung der Gebührensatzung beschäftigt und einen eigenen Entwurf vorgestellt. Denn die Gültigkeit der Satzung war nach 20 Jahren ausgelaufen. Vor der Pandemie hatte die Bildungseinrichtung in Reinbek noch 7480 Teilnehmende, die Zahlen waren seit 2017 gestiegen.

Doch was der Kulturausschuss nun mehrheitlich beschlossen hat, geht Simon Bauer gehörig gegen den Strich: „Diese Erhöhung ist zu hoch“, stellt er fest. „Das wird uns Teilnehmer kosten. Die Volkshochschule sollte eigentlich ein Angebot für alle Bürgerinnen und Bürger sein. Aber je höher die Gebühren, desto mehr schließt man davon aus.“

Verwaltung hatte vorgeschlagen, den Raumanteil zu 30 Prozent mitzufinanzieren

Dr. Brigitte Oels (73), seit 20 Jahren Vorsitzende des Freundeskreises der VHS Sachsenwald und selbst seit 35 Jahren VHS-Dozentin, springt ihm mit einem Brandbrief an Bürgermeister Björn Warmer und an die Politik zur Seite.

Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, dass die Teilnehmenden den Raumanteil über ihre Gebühren jetzt zu 30 Prozent mitfinanzieren sollten. Darin war eine moderate Erhöhung enthalten. Denn für ihre Arbeit erhält die VHS jährlich einen Zuschuss von 300.000 Euro von der Stadt. Doch der FDP war dies nicht genug. Sie beantragte einen Anteil von sogar 50 Prozent. Durch die neuen, erweiterten Möglichkeiten einer Ermäßigung könnten alle Bevölkerungsgruppen teilnehmen, heißt es in ihrer Begründung.

Senioren mit kleiner Rente zahlen weiter ermäßigte Gebühren

CDU und SPD stimmten dem zu, Forum 21 und die Grünen waren dagegen. Der Spielraum bei Ermäßigungen für Geringverdiener sei vielmehr noch weiter eingeschränkt worden: Die beschlossene Präzisierung der Ermäßigungsvoraussetzungen habe den Kreis der Berechtigten weiter eingeengt. Mit Unterstützung des Seniorenbeirats setzten die Grünen durch, dass Senioren mit sehr kleiner Rente weiter ermäßigte Gebühren zahlen.

Die Verwaltung und Simon Bauer kamen danach vor der letzten Abstimmung dieses Abends nicht mehr zu Wort – vielleicht weil den Politikern durch die vorige zweistündige ermüdende Diskussion über den Satzungstext die Geduld abhanden gekommen war. Thomas Fleckenstein (Forum 21) sagte, der VHS-Leiter habe „den Moment verpasst“, wo er sich hätte zu Wort melden können. Um seine fachliche Meinung wurde er indes auch nicht mehr gefragt.

Kosten für Kurse erhöhen sich bis zu 57 Prozent

Dr. Brigitte Oels erläutert in ihrem Brief: „Der Beschluss, die Raumkosten zu 50 Prozent auf die Gebühren umzulegen, klingt im ersten Moment recht fair und unproblematisch. Bei genauer Berechnung zeigt sich jedoch, dass dies zu einer eklatanten Erhöhung der Kursgebühren führt.“ Diese Entscheidung sei für die erfolgreiche Arbeit des Teams von Simon Bauer und für die Arbeit der VHS fatal. „Das bricht der VHS das Genick“, sagt sie und führt einige Beispiele an. Die Kosten erhöhen sich von 17 (Pilates mit zehn bis zwölf Teilnehmenden und 20 Stunden) bis zu 57 Prozent (Portugiesisch mit sechs Teilnehmenden und 22 Stunden).

Amtsleiterin Kathrin Schöning kalkuliert aktuell die Folgekosten, um sie den Stadtverordneten noch einmal für deren Sitzung am 20. Mai vorzulegen. „Das ist sehr komplex“, sagt sie. Denn für jeden einzelnen Kursus machen viele einzelne Faktoren die Kosten aus: verschiedene Teilnehmerzahlen, die Dauer und der Ort des Kursus.

Viele Teilnehmer würden eine derartige Erhöhung nicht mittragen

Die von der Verwaltung vorgeschlagenen Gebührenerhöhungen seien aus Sicht Oels’ noch vertretbar gewesen. „Eine Erhöhung aber in der Größenordnung, wie sie die jetzige Beschlusslage verlangt, ist kaum vermittelbar“, scheibt sie.

Viele Kursusteilnehmer würden eine derartige Erhöhung nicht mittragen. Die Folge: Das Angebot der VHS würde ausgedünnt, Dozierende verlören ihre Arbeit, Teilnehmende Möglichkeiten der lebenslangen Weiterbildung, die Einnahmen der VHS dürften eklatant sinken und diese damit teurer für die Stadt werden.

Stadtverordnete stimmen am 20. Mai endgültig ab

Brigitte Oels appelliert an die Politiker, sich nochmals mit dem Thema auseinanderzusetzen, bevor die Stadtverordneten am 20. Mai endgültig darüber abstimmen. „Ich glaube nicht, dass es die Absicht war, die Volkshochschule zu zerstören“, sagt sie. „Ein Blick auf eine höchst problematische, rechtslastige und populistische Entwicklung in unserer Gesellschaft zeigt uns, dass wir eher zu wenig Bildung als zu viel davon genutzt haben und ihre Notwendigkeit eher noch gestiegen ist.“

Markus Linden (Grüne) sagt: „Eine Gebührenerhöhung der VHS-Sachsenwald um bis zu 52 Prozent – das ist ein Skandal! Damit wird vor allem den weniger gut situierten Bürgern in Reinbek die Möglichkeit zur Weiterbildung genommen. Zudem wird die Volkshochschule mit diesen Preisen langfristig nicht bestehen können.“ Daher will sein Parteikollege Malte Harlapp mit einem Antrag verhindern, dass die Stadtverordneten den Beschluss am 20. Mai bestätigen.