Reinbek. Nach 18 Jahren verlässt der Reinbeker Tomas Unglaube mit seiner Frau die Fraktion und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kollegen.
Der langjährige Reinbeker SPD-Stadtverordnete Tomas Unglaube ist am späten Donnerstagabend ebenso wie seine Frau Andrea Bachstein-Unglaube zurückgetreten. „Soeben habe ich Herrn Bürgervorsteher Christoph Kölsch und Herrn Bürgermeister Björn Warmer mitgeteilt, dass ich mein Amt als Stadtverordneter in Reinbek mit sofortiger Wirkung niederlege“, erklärte der 69-Jährige. Unglaube war seit 2003 Stadtverordneter und seit 2008 Vorsitzender des Schul- und Sozialausschusses.
Hintergrund ist offenbar ein heftiger Streit in der Fraktion. Unglaube erhebt in seiner Rücktrittserklärung schwere Vorwürfe gegen seine (ehemaligen) Kollegen. Unter anderem ist die Rede vom „Bruch zentraler Wahlversprechen“. Das Klima innerhalb der SPD-Fraktion sei „immer unerträglicher“, er spricht von „persönlichen Angriffen, Intrigen und Manipulationen“ sowie „persönlichen Animositäten“. Unglaube fühlte sich „zunehmend isoliert“.
Streit in der Reinbeker SPD-Fraktion - Stadtvertreter treten zurück
Zu Meinungsverschiedenheiten in der Fraktion kam es vor allem bei der Frage, ob das Areal Holzvogtland bebaut werden soll. Die SPD-Fraktion hatte sich laut Unglaube mehrheitlich für die Baupläne der Investoren ausgesprochen, obwohl noch im Wahlprogramm 2018 „großflächige Siedlungsgebiete“ abgelehnt worden seien. „Wir sind 2018 unter der Prämisse, dass es ein klares Programm gibt, wieder angetreten“, erklärt der Sozialdemokrat. „Die freien Flächen zwischen den Stadtteilen waren ein zentraler Punkt in meinem Wahlkampf. Wenn wir jetzt davon abrücken, sollte es einen Bürgerentscheid geben. Sonst ist das Wahlbetrug. Da kann ich nicht mehr hinter der Fraktion stehen.“
Tomas Unglaube hatte sich Ende Februar für den Fraktionsvorsitz beworben, war aber gescheitert. Gewählt wurde der 67 Jahre alte Nikolaus Kern. Der sagte in einer ersten Reaktion auf den Rücktritt gegenüber unserer Redaktion: „Aus unserer Sicht war der Rücktritt nicht notwendig.“ Dieser sei Unglaubes persönliche Entscheidung gewesen. „Die gesamte Fraktion ist der Meinung, dass seine Vorwürfe von Intrigen und Manipulation nicht zutreffen“, sagt der Fraktionsvorsitzende zur Kritik. Im Gegenteil: Zuletzt habe es nicht hinnehmbare Aktionen von Unglaube gegen ein verdientes Mitglied des Ortsvereins gegeben.
"In der Politik kann es manchmal auch laut werden"
Mit seiner politischen Position zur Bebauung des Holzvogtlandes habe er sich wohl in der Fraktion allein gesehen. Aber in der Politik müsse man sich mit verschiedenen Positionen abfinden, so Kern weiter: „Wer damit nicht zurechtkommt, ist in der Politik vielleicht an der falschen Stelle.“ Es müsse möglich sein, dass eine politische Position im Laufe der Jahre überdacht und an aktuelle Ereignisse angepasst wird. „Sonst ist Politik doch nicht mehr möglich“, sagt Kern.
Zu Unglaubes Vorwürfen, er sei so angebrüllt worden, dass Erläuterungen nicht mehr möglich gewesen seien, will sich der Fraktionschef nicht äußern. Dies seien „fraktionsinterne Dinge“. In der Politik könnte es schon mal laut werden. Auch Tomas Unglaube selbst wollte die Vorwürfe öffentlich nicht weiter erläutern.
Bürgervorsteher Kölsch bedauerte die Rücktritte
Bürgervorsteher Christoph Kölsch (CDU), der die Entscheidung nach der jüngsten Stadtverordnetenversammlung entgegennahm, bedauerte die Rücktritte. „Das finde ich sehr schade“, sagt Kölsch. „Ich habe ihr Engagement und ihre Mitarbeit immer sehr geschätzt. Andrea Bachstein-Unglaube und Tomas Unglaube waren sehr wertvolle Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung.“
Unglaube und seine Frau haben sich den Schritt nach eigenen Angaben wohl überlegt. „Die Entscheidung, jetzt von allen Ämtern zurückzutreten, fällt mir nicht leicht, zumal ich weiß, dass in den Kindertagesstätten und Schulen große Probleme einer Lösung bedürfen und Reinbeks Klimaschutzkonzept gerade in Zeiten knapperer Finanzen dringend realisiert werden muss“, sagt er.
Es sei jedoch eine bewusste Entscheidung gewesen. Sein Parteibuch allerdings behält Unglaube: „Dafür verlasse ich nach mehr als 50 Jahren nicht die Partei“, sagt er.