Wentorf. Vom Jugendbeirat zum Fraktionschef: Lucas Siemers will die Fraktion mit Ruhe, Geduld und Energie führen. Erfahrung hat er schon.

 „Ich bin der Meinung, dass Politik jung sein darf und muss“, sagt Andrea Hollweg (50). Nach gut zehn Jahren gibt sie ihren Posten als SPD-Fraktionschefin an Lucas Siemers (24) ab. „Er hat schon im frühen Alter gezeigt, dass er Verantwortung tragen wollte und konnte“, so die Wentorferin, die aus beruflichen Gründen kürzer tritt. In seinen 20ern zählt Siemers zu den jüngsten Fraktionschefs im Kreis. Eine Herausforderung, der jahrelange Erfahrung vorangeht: Etwa als Vorsitzender im Wentorfer Kinder- und Jugendbeirat 2013, bei den Kreis-Jusos sowie als SPD-Ortsvereinsvorsitzender.

Politische Ämter sind eher selten mit Menschen jüngeren Jahrgangs bekleidet. „Die Aufgabe ist durchaus sehr zeitintensiv. Da muss man schon Lust drauf haben“, sagt Lucas Siemers. Termine in Morgen- und Abendstunden seien für viele beruflich nicht drin. Bei seinem Job in der Finanzabteilung der Stadt Reinbek sieht das dank Gleitzeit anders aus. Seit der Aufnahme seines dualen Studiums der öffentlichen Verwaltung 2017 arbeitet er dort.

Als Teenager war Lucas Siemers im Kinder- und Jugendbeirat aktiv

Schon immer ein Zahlenmensch und nun auch vertraut mit der Struktur und der Arbeit im Rathaus - durchaus hilfreich in der politischen Arbeit. „Aber natürlich zählt auch die Erfahrung“, sagt Siemers. In der SPD-Fraktion in Wentorf seien einige in ihrer ersten Legislaturperiode aktiv. Für ihn wiederum ist der politische Betrieb kein Neuland, er ist quasi ins Amt hineingewachsen. Wo er im Teenie-Alter noch für die Interessen der Jüngeren kämpfte, sind es heute die großen, ortsprägenden Themen wie etwa der Bau der Feuerwehr, die Sanierung des Bergedorfer Wegs, die Digitalisierung der Schulen und die Wiederbelebung des Casinoparks, die ihn politisch bewegen.

„Vieles kommt auch praktisch auf einen zu, etwa die Corona-Pandemie“, sagt er. „Mir persönlich ist es wichtig, die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen der Verwaltung und der Politik zu verbessern.“ Gefeilt werden könne sicherlich an der Umsetzung der Verfolgung und Umsetzung der politischen Beschlüsse im Rathaus. Zudem setzt Siemers sich für sozialen Wohnungsbau ein. Er erkennt die Sorge einiger Bürger, Wentorf habe sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. Auch er will den grünen Charakter erhalten, dennoch könne die Gemeinde nicht generell aufhören, zu bauen, „weil die Nachfrage ja da ist.“

Auch in Reinbek steht ein Wechsel an der SPD-Fraktionsspitze an

Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende steht Andrea Hollweg ihrem Nachfolger weiterhin zur Seite. Die gebürtige Hamburgerin ist seit 2008 kommunalpolitisch aktiv. Vor gut zehn Jahren übernahm sie den Fraktionsvorsitz von Wolfgang Warmer. „Im vergangenen Jahr wurde der berufliche Zeitaufwand höher, auch in den Abendstunden“, sagt sie. „Aber ich habe volles Vertrauen in Lucas Siemers, dass er es genauso gut machen wird.“

Lucas Siemers ist zuversichtlich, schreibt es sich auf die Fahne, stets Ruhe zu bewahren, immer den Durchblick zu behalten, geduldig zu sein, sich klar und sachlich zu positionieren und fair gegenüber seinen Mitstreitern und Widersachern zu sein. Das Ehrenamt bedeute für ihn keine Last, die Arbeit bereite ihm Spaß. Das muss wohl auch so sein, denn viel Freizeit bleibt dem 24-Jährigen nicht. Wenn er sich Zeit für sich nimmt, dann führt es ihn zum Joggen in die Lohe oder mit einem guten Buch aufs Sofa. Historische und philosophische Werke sowie Biografien verschlingt er, kann mit Unterhaltungsliteratur jedoch nur wenig anfangen. Die einzige Ausnahme in seinem Bücherregal: Die Fantasy-Saga „Das Lied von Eis und Feuer“ vom amerikanischen Autor George R. R. Martin.

Übrigens hatte auch Volker Müller mit seinem Rückzug als Fraktionschef der Reinbeker SPD angekündigt, einen Generationswechsel zu forcieren. Eine Nachfolge-Entscheidung soll im Februar fallen.