Glinde. Wiederaufbau oder Abriss? Politiker, Bürger und Initiative sind gespalten. Was hat das Feuer in historischem Reetdachhaus ausgelöst?
Die Suck’sche Kate liegt in Trümmern. Große Teile des denkmalgeschützten, knapp 170 Jahre alten Reetdachhauses an der Dorfstraße in Glinde sind in der Nacht von Montag auf Dienstag dem Feuer zum Opfer gefallen. Nachdem Trauer und Bestürzung den Tag nach dem verheerenden Brand dominierten, sind es nun vor allem zwei Fragen, welche die Stadt beschäftigen: Was hat die Katastrophe ausgelöst? Und: Kann und sollte das historische Gebäude wiederaufgebaut werden?
Für Jan Schwartz von der Bürgerinitiative zur Rettung der Suck’schen Kate, die sich seit Jahren für den Erhalt des Fachwerkhauses einsetzt, ist klar, dass es wieder aufgebaut werden muss. „Der Brand ist erschütternd und ein herber Rückschlag für unsere Bemühungen, aber nicht das Ende“, sagt er. Noch immer habe er die verkohlten Balken des Dachstuhls vor Augen, doch aufgeben werde die Initiative nicht. „Die Außenmauern stehen noch“, so Schwartz.
Zukunft der Suck’schen Kate in Glinde nach verheerendem Brand ungewiss
Das Bündnis sah sich bis Montag noch auf der Zielgeraden: Nach jahrelangem Streit mit einem Geschäftsmann aus Bergedorf, der die Kate 2012 erworben hatte und verfallen ließ, zeichnete sich eine Lösung ab. Die Stadt wollte das Gebäude erwerben und sanieren. Für den Kauf stehen im Haushalt bereits 600.000 Euro bereit.
Daran müsse Glinde auch jetzt festhalten, appelliert Schwartz. „Das Ideelle dieses Ortes kann man nicht mit einem Federstrich wegwischen und sagen: abgebrannt“. Die Suck’sche Kate, benannt nach dem Schuhmacher und langjährigen Gemeindevorsteher Johann-Hinrich Suck, der hier Mitte des 19. Jahrhunderts Wohnung, Werkstatt und Büro hatte, ist eines der letzten erhaltenen historischen Gebäude in Glinde.
Bürgerinitiative macht sich für Wiederaufbau des Reetdachhauses stark
„Die Kate war jahrelang Treffpunkt und Zentrum des Ortes und dazu wollen wir sie wieder machen“, so Schwartz. Die Bürgerinitiative möchte das denkmalgeschützte Gebäude zu einer Begegnungsstätte machen, stand dafür kurz vor der Gründung eines Fördervereins. An der Idee hält das Bündnis weiterhin fest. In welcher Form das 1855 erbaute Gebäude wiederhergestellt werden könne, müsse sich zeigen. „Aber die Möglichkeit, an der Stelle einen Ort der Begegnung zu schaffen, bleibt.“
Unter den Schaulustigen, die die Brandruine betrachten, ist die Meinung gespalten. „Ein Trauerspiel ist das, ich hoffe, die Kate kann noch gerettet werden“, sagt eine Frau aus der Nachbarschaft. Ein Mann ist anderer Ansicht. „Der Zug ist vor zehn Jahren abgefahren, damals hätte die Stadt das Haus kaufen müssen“, sagt er. Nun sei es Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.
Politische Fraktionen äußern sich zurückhaltend zu Wiederaufbauplänen
Vertreter der politischen Fraktionen äußern sich zurückhaltend, was einen Wiederaufbau betrifft. Auch auf die Frage, ob Glinde an den Plänen, das Grundstück zu erwerben, festhalten sollte, gibt es keine eindeutige Antwort. „Wir werden uns darüber zeitnah unterhalten müssen, derzeit haben wir noch keine Position“, sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU, Martin Radtke.
Sein SPD-Pendant Frank Lauterbach kann sich einen Wiederaufbau grundsätzlich vorstellen. „Wenn es diese Möglichkeit gibt, sollten wir das prüfen“, sagt er. Das Heft des Handelns liege aber zunächst beim derzeitigen Eigentümer. „Zuerst gilt es zu klären, welche Pflichten auf ihn zukommen“, sagt Lauterbach und verweist darauf, dass die Ruine noch immer unter Denkmalschutz stehe. Außerdem müssten die Kosten eines Wiederaufbaus betrachtet werden.
Grüne wollen zunächst fundierte Fakten und Kostenrahmen
Das sieht Martina von Bargen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, ähnlich. „Die Suck’sche Kate ist für viele Glinderinnen und Glinder ein emotionaler Ort, der mit Erinnerungen verbunden ist“, sagt sie. Sie wolle nicht davon sprechen, dass die Kate niedergebrannt sei, denn das Gemäuer habe das Feuer überlebt.
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„Wir erwarten, dass ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, das uns fundierte Fakten dazu liefert, ob ein Wiederaufbau möglich ist und in welchem Kostenrahmen“, so von Bargen. Eine Rekonstruktion sei wünschenswert, aber nicht um jeden Preis.
FDP ist gegen eine Kostenbeteiligung durch die Stadt
FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch, dessen Partei den Kauf der Immobilie anders als CDU, SPD und Grüne aus Kostengründen entschieden ablehnt, fordert, die Stadt müsse nun endgültig Abstand nehmen von den Plänen, die Kate zu erwerben. „Es gibt dafür jetzt keinen Grund mehr“, sagt er. Ein Wiederaufbau sei zwar begrüßenswert, müsse aber rein privat finanziert werden. „Die Stadt sollte das nicht tun“, so Kopsch.
Für Glindes Bürgermeister Rainhard Zug ist aktuell „nicht der Zeitpunkt, um über einen Erwerb des Grundstücks zu diskutieren.“ Laut dem Verwaltungschef liegt der Ball zunächst bei der Denkmalschutzbehörde, die begutachten müsse, inwiefern die Überreste der Kate jetzt noch erhaltenswert seien. „Nach meiner Information steht die Behörde dazu bereits in Kontakt mit dem Eigentümer“, so Zug. Noch offen ist auch, ob dieser zu einem Wiederaufbau verpflichtet werden kann und wer ihn finanzieren müsste.
Brandursache ist weiterhin ungeklärt und wird es vielleicht auch bleiben
Ungeklärt ist weiterhin, wie es zu dem verheerenden Brand kommen konnte. Von Beginn an wurde darüber spekuliert, dass das Feuer gelegt worden sein könnte. „Der Verdacht liegt nahe“, sagt auch Jan Schwartz von der Bürgerinitiative. Bereits vor einem Jahr sei der Strom in dem Gebäude auf Betreiben des Bündnisses abgeschaltet worden.
Die Polizei schließt Brandstiftung nicht aus. Noch gebe es aber keine Erkenntnisse, sagt Sandra Kilian, Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg. Brandermittler sollen die Ruine zeitnah untersuchen. „Es ist unklar, ob überhaupt genug Substanz erhalten ist, um die Ursache eindeutig auszumachen“, sagt sie. Möglicherweise bleibt die Frage nach dem Auslöser der Katastrophe also für immer ungeklärt.