Glinde. Klaus-Dieter Schulz ist neuer Schiedsmann in Glinde. Er hat schon den ein oder anderen kuriosen Nachbarschaftsstreit geschlichtet.
An seinen kuriosesten Fall kann Klaus-Dieter Schulz sich noch gut erinnern. Im vergangenen Jahr vermittelte er, damals noch als stellvertretender Schiedsmann für die Stadt Glinde, zwischen zwei Parteien in einem Nachbarschaftsstreit. „Es ging um einen Überbau, der auf das angrenzende Grundstück ragte“, sagt Schulz. „Der Besitzer dieses Grundstücks erklärte sich schließlich bereit, den Überbau zu akzeptieren – aber nur, wenn sein Nachbar 1000 Euro an eine wohltätige Organisation spendet. Das wollte dieser tun, aber nur unter der Bedingung, dass sein Nachbar es auch macht“, sagt der 71-Jährige. Gesagt, getan. Mit Unterstützung von Schulz einigten sich die einstigen Streithähne genau darauf – und legten nicht nur ihren Disput ad acta, sondern taten nebenbei auch noch eine Menge für den guten Zweck.
Dass ein Streit so ein schönes Ende findet, kommt nicht immer vor
Dass ein Nachbarschaftsstreit so ein schönes Ende findet, kommt zwar nicht immer vor. Die Erfolgsquote von Klaus Dieter Schulz kann sich mit 70 Prozent aber dennoch sehen lassen. Er ist seit dem 1. November Schiedsmann für den Schiedsamtsbezirk Glinde. Er wurde von der Stadtvertretung für fünf Jahre gewählt und tritt an die Stelle der bisherigen Amtsinhaberin Ingeborg Harringer, die nicht wieder zur Wahl angetreten war. Zuvor war Schulz bereits fünf Jahre lang stellvertretender Schiedsmann. An diese Stelle ist nun Rüdiger Reuter getreten.
Vor fünf Jahren, im November 2017, trat das Ehrenamt in sein Leben. „Aus Interesse“ hat er sich damals für die Tätigkeit entschieden, seitdem über 20 Fortbildungen absolviert. Einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hatte er schon immer, hat sich schon immer gerne für die Belange seiner Mitmenschen eingesetzt. „Ich bin neun Jahre lang Schöffe gewesen“, sagt Schulz. Bevor er in den Ruhestand eintrat, hat der heute 71-Jährige als Ingenieur für Satellitentechnik beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) gearbeitet, hat auch dort seine Kollegen zum Gericht begleitet oder in Suchtfragen beraten. „Meine Motivation war es, mich für das Gemeinwesen zu engagieren“, sagt der gebürtige Lauenburger.
Ziel der Schiedspersonen: Mit den Streithähnen eine außergerichtliche Einigung finden
Deshalb war das Amt des Schiedsmannes genau richtig für ihn. Denn Schiedsmänner und -frauen vermitteln, wenn Menschen sich streiten – und zwar im besten Fall ohne, dass ein Gericht eingreifen muss. Denn ein Gerichtsprozess ist meistens teuer und kostet Nerven. Wer sich an eine Schiedsperson wendet, bezahlt eine Gebühr von 70 Euro und kommt damit im Normalfall wesentlich günstiger weg. Außerdem sollen durch die Arbeit von Schiedspersonen die Gerichte entlastet werden.
„Schlichten, nicht richten“, lautet das Motto von Klaus-Dieter Schulz und seinen Kollegen. Ziel ist es, im Laufe von drei Monaten zu einer außergerichtlichen Einigung zwischen beiden Parteien zu kommen. Die Einigung ist nicht an Gesetze gebunden. Die Schiedspersonen unterliegen der Kontrolle des Amtsgerichtes.
Zehn bis zwölf Fälle pro Jahr landen bei Schulz auf dem Schreibtisch
Wer in Glinde wohnt und Hilfe in einer Streitigkeit benötigt, kann sich unter Tel. 040/711 10 26 oder per E-Mail unter klaus-dieter.schulz@schiedsmann.de an Schulz wenden. Neben seiner Tätigkeit in Glinde arbeitet Schulz auch in der Bezirksvereinigung des Schiedsverbandes Lübeck mit, ist dort für den Amtsgerichtsbezirk Reinbek zuständig. „Ich betreue neue Schiedspersonen und bringe sie regelmäßig zu einem Erfahrungsaustausch zusammen“, so Schulz.
Im Normalfall landen zehn bis zwölf Fälle pro Jahr auf dem Schreibtisch von Klaus-Dieter Schulz. „Die Anliegen betreffen hauptsächlich das Nachbarrecht“, sagt der Schiedsmann. Sowohl jüngere als auch ältere Menschen kommen zu ihm. „Die Menschen streiten sich über unklare Grundstücksgrenzen, Bäume, die über ein anderes Grundstück wachsen und Laub, das im Garten des Nachbarn landet.“
Manchmal gehen die Auseinandersetzungen über Generationen
Auch, wenn jemand sich zum Beispiel durch eine Feuerschale im Garten des Nachbarn gestört fühlt, ist das ein Fall für Schulz. „In so einem Fall kann man sich zum Beispiel darauf einigen, die Feuerschale nur ein paar Mal im Jahr zu nutzen oder rechtzeitig vorher Bescheid zu sagen.“ Auch in strafrechtlichen Angelegenheiten versucht Schulz zu schlichten: Beleidigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung. Das komme aber selten vor. „In etwa 80 Prozent der Fälle geht es um Nachbarschaftsstreit.“
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Übrigens: Anders als ein Schiedsrichter im Sport laden die Streithähne ihren Frust für gewöhnlich nicht bei Klaus-Dieter Schulz ab. Im Gegenteil: „Es kommt auch vor, dass Leute sich bedanken.“ So harmonisch wie der Fall mit den Spenden geht aber nicht jede Auseinandersetzung aus. „Ich erinnere mich an einen Fall, der über Generationen ging“, sagt der 71-Jährige. „Da ging es um Autos, die angeblich Wege blockiert haben sollen.“ Das ganze artete aus: „Auch einmal ging es auch um Kinderlärm und es wurden Kinder fotografiert, was natürlich nicht in Ordnung ist.“ In diesem Fall konnte Schulz nicht schlichten: Die Parteien zogen vor Gericht. Schulz: „Manchmal ist die Situation so verfahren, dass alles nichts nützt.“