Bargteheide. Der oft unbequeme Naturschützer ist kurz vor seinem 88. Geburtstag im Kreis seiner Familie gestorben.
Wann immer es dem Stadtgrün in Bargteheide in den vergangenen Jahrzehnten an die Wurzeln oder die Kronen ging, hat einer mahnend seine Stimme erhoben: Karl Dziomba. In unzähligen Sitzungen des Umweltausschusses, des Bau- und des Planungsausschusses hat er auf Versäumnisse und Defizite beim Umwelt- und Naturschutz hingewiesen, nachdrücklich, unbeirrt und kompromisslos. Nun ist diese wichtige Stimme im Kampf um den Erhalt der Artenvielfalt und die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie verstummt. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Karl Dziomba Anfang Juni, 19 Tage vor seinem 88. Geburtstag, daheim im Kreise seiner Familie gestorben.
Ende Februar hatte sich Dziomba noch einer Herz-Operation unterzogen, von der er sich aber nicht mehr vollständig erholen konnte. Der gebürtige Brandenburger hinterlässt Ehefrau Gabriele, die Söhne Jan und Tom sowie vier Enkelkinder, von denen das jüngste gerade erst neun Monate alt ist.
Viele Reisen in die Vereinigten Staaten
Geboren in der Niederlausitz, erlebte der Sohn eines Ingenieurs das Ende des Zweiten Weltkriegs in Wolfsburg, wo sein Vater in einem Werk arbeitete, das Flugzeuge reparierte. In den letzten Tagen des Dritten Reichs musste der Neunjährige noch den Volkssturm verstärken, kam aber mit dem Leben davon.
Nach dem Wirtschaftsgymnasium in Braunschweig begann er eine Lehre bei Volkswagen. Das war ihm aber nicht genug, weshalb Dziomba ab 1957 in Hamburg BWL studierte. Dazu gehörte unter anderem ein Auslandssemester in Detroit. Die „Motor City“ galt damals als Metropole der US-amerikanischen Autoindustrie, in der neben Ford auch andere große Marken wie General Motors (GM) und Chrysler vertreten waren.
Auto-, Marketing- und Immobilien-Experte
Als Marketingexperte kehrte Dziomba später zu VW zurück. Es zog ihn aber immer wieder nach Übersee, auch mit der Familie. „Er hat den Söhnen sein Amerika gezeigt. Aber nicht nur die schönen, schillernden Seiten, sondern auch den Niedergang, der vor allem Detroit schwer getroffen hatte“, sagt seine Ehefrau Gabi, die Ende der 1960er-Jahre selbst vier Jahre an einem US-College war.
Doch mit dem Umzug 1974 ins grüne Bargteheide wuchs Dziombas Interesse am Umwelt- und Naturschutz. Längst hatte sich der Diplomkaufmann aus der Autobranche zurückgezogen und arbeitete bis 1998 als Geschäftsführer einer Hamburger Immobilienfirma.
Schottische Highland-Rinder und Soay-Schafe gezüchtet
Auf einer fünf Hektar großen Koppel an der Déviller Straße, unweit vom Haus der Familie, begann Dziomba Anfang der 1990er-Jahre erst Rinder aus den schottischen Highlands zu züchten und dann Soay-Schafe von der gleichnamigen Insel westlich der Hebriden. Die überaus genügsamen Tiere, die von korsischen und sardischen Wildschafen abstammen, ernähren sich ebenso gern von harten Gräsern wie von Disteln und Dornenzweigen. Deshalb eignen sie sich hervorragend für eine extensive Beweidung von Grünland.
Davon profitierte nicht zuletzt das Naturschutzgebiet Höltigbaum, dem Dziomba 1998 sechs seiner Soay-Schafe verkaufte. Im Stapelfelder Moor pflegten die „Naturschützer auf vier Beinen“ die Feuchtheide, indem sie Gehölze und Gräser abfraßen und auf diese Weise auch die wertvollen Heidekrautflächen schützten.
Große Bestürzung wegen Kahlschlags am Südring
In den Folgejahren verlegte sich der engagierte Landschaftspfleger als Mitglied des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mehr und mehr auf Stellungnahmen zu Bauleitplanungen. Mit einer Gewissenhaftigkeit und großem Faktenwissen, die lange Zeit ihresgleichen suchte. In seinem Arbeitszimmer finden sich noch meterlange Ordnerreihen, in denen Dziomba die Ergebnisse seiner Recherchen und Nachweise seiner Stellungnahmen archiviert hat.
Mit großer Bestürzung und Trauer erfüllte ihn der unrechtmäßige Kahlschlag am Südring im Dezember 2020, dessen Zustandekommen bis zum heutigen Tag nicht restlos aufgeklärt worden ist. Immer wieder hatte Dziomba dazu kritische Fragen an die Verwaltung und deren Leitung gestellt. Bis ihn eine Mail der im Vorjahr abgewählten Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht dermaßen desavouierte, dass sich der BUND von ihm distanzierte.
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Schwer getroffen vom fehlenden Rückhalt hatte Karl Dziomba der Organisation im Februar vergangenen Jahres nach 22-jähriger Mitgliedschaft den Rücken gekehrt. „Er war ein Mann mit Rückgrat, beharrlich, zuverlässig und unbestechlich, der sich auch von Widerständen und Rückschlägen nicht unterkriegen ließ“, sagt sein langjähriger Mitstreiter und Wegbegleiter Carsten Schröder von der Bürgerinitiative Basta. Die Stadt Bargteheide sei Dziomba für sein unermüdliches Wirken eigentlich zu großem Dank verpflichtet. „Dass ihm diese Anerkennung im Grunde genommen versagt blieb, ist eigentlich unverzeihlich“, so Schröder.
Am Freitag, 23. Juni, wird Karl Dziomba auf einem Waldfriedhof im engsten Familien- und Freundeskreis beigesetzt. Mitten in der Natur, die ihm so viel bedeutet hat.