Bargteheide. Bargteheide muss mehr als 500.000 Euro in die Sanierung von Kita-Dächern investieren. Gutachter nennt Baupfusch als Grund.

In den kommenden Jahren muss die Stadt Bargteheide viel Geld aufbringen, um die maroden Dächer ihrer Kitas zu stopfen. Das ergaben mehrere Gutachten, die zum baulichen Zustand einzelner Kindertagesstätten erstellt worden sind.

Nachdem vor fünf Jahren bereits ein gewaltiger Investitionsstau für die evangelische Kita Mühlentor diagnostiziert worden ist, sind nun die beiden Einrichtungen Am Maisfeld und in der Jersbeker Straße in den Fokus gerückt. In denen Wasser nicht nur aus den dafür vorgesehenen Hähnen kommt, sondern an mehreren Stellen von den Decken tropft.

Kita Bargteheide: 70 Kinder in fünf Gruppen sind betroffen

„Als ich das Problem erstmals im Speiseraum bemerkte, da glaubte ich noch, dass womöglich ein Kind sein Getränk verschüttet hat“, berichtete Philipp Haeger, Leiter der DRK-Kita Kruthorst, dem Abendblatt. Ein Blick zur Decke habe ihn dann aber rasch eines Besseren belehrt. „Dort zeigten sich gleich an mehreren Stellen dunkle Flecken, die auf eine Durchfeuchtung hindeuteten“, so Haeger.

Philipp Haeger zeigt feuchte Stellen an der Decke im Speiseraum. 
Philipp Haeger zeigt feuchte Stellen an der Decke im Speiseraum.  © HA | Lutz Kastendieck

Inzwischen gibt es Wassereinbrüche noch in vier anderen Räumen der Kita Am Maisfeld 56. Dabei ist die Einrichtung, in der aktuell 70 Kinder in fünf Gruppen betreut werden, erst 2005 erbaut und 2008 um zwei Gruppenräume erweitert worden. Für das Grundstück gibt es einen bis 2039 laufenden Erbbauvertrag, den das Deutsche Rote Kreuz als Kita-Betreiber geschlossen hat.

Dach ist nicht fachgerecht erstellt worden

Wie kann es aber sein, dass nach nicht einmal 20 Jahren das Dach nicht mehr dicht ist? Das wollte auch die Stadtverwaltung wissen und hatte Mitte vergangenen Jahres ein Gutachten in Auftrag gegeben, das dann Mitte November vorgelegt worden ist. Mit überraschenden wie eindeutigen Befunden.

Danach ist die Trockenbau-Innenverkleidung des Daches bei ihrer Erstellung „nicht fachgerecht“ eingebaut worden. „Durch diesen bauphysikalischen Mangel kommt es zu einer Wärmebrücke, also zu einem Luftaustausch ungleicher Wärmemassen“, erläuterte der Bausachverständige Henry Dudszus aus Bad Oldesloe. Die Folge: eine starke Bildung von Kondenswasser.

Partielle Reparaturen sind nicht möglich

Schlimmer noch, auch die Holzkonstruktion des Daches hat im Laufe der Zeit erheblichen Schaden genommen. Wegen des komplexen Aufbaus können partielle Reparaturen deshalb laut Gutachter nicht durchgeführt werden. Zumal die Kita dafür mindestens drei Monate hätte geschlossen werden müssen. „Als einzig sinnvolle Option kommt deshalb nur eine Komplettsanierung des Daches von außen in Betracht“, so Dudszus.

Gleichzeitig hat der Fachmann alle Hoffnungen auf eine kostenfreie Behebung des Schadens im Rahmen der Gewährleistungspflicht im Keim erstickt. Früher galten Garantiefristen von bis zu 30 Jahren. Nach einer Gesetzesnovelle 2002 sind sie aber auf höchsten fünf Jahre verkürzt worden. Was bedeutet, dass der einstige Auftragnehmer finanziell nicht mehr haftbar gemacht werden kann.

Gesamtkosten sind von der Stadt zu tragen

Der Kita-Betreiber DRK hatte daraufhin eine Kostenbeteiligung seitens der Kommune beantragt. Immerhin stehen geschätzte Sanierungskosten in Höhe von 284.000 Euro im Raum. „Davon wird die Stadt Bargteheide nun laut Beschluss des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport 256.000 Euro übernehmen, die restlichen zehn Prozent muss der DRK-Kreisverband aufbringen“, so Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Der Betreiber habe nach Informationen der Stadtverwaltung bereits eine Firma beauftragt, die die Sanierung voraussichtlich Anfang kommenden Jahres in Angriff nehmen will.

Noch 40.000 Euro mehr wird Bargteheide die Sanierung des Daches der Kita in der Jersbeker Straße kosten, deren Finanzbedarf gemäß eines Dekra-Gutachtens auf mindestens 296.000 Euro geschätzt worden ist. „Anders als bei der Kita Kruthorst handelt es sich hier um ein städtisches Gebäude, weshalb die Kommune die Gesamtkosten in Gänze übernehmen muss“, so Hettwer.

Arbeiterwohlfahrt übernahm 2021 die Regie

Die Kita, in der 80 Kinder in vier Gruppen betreut werden, war bis 2021 von einem Elternverein geführt worden und ist dann erst in die Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (Awo) übergegangen. „Der bauliche Zustand wies zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche Mängel auf, der Sanierungsstau war beträchtlich“, so die Leiterin Sabine Krause.

Die Awo-Kita in der Jersbeker Straße. Auch hier ist das Dach zum Kardinalproblem geworden.
Die Awo-Kita in der Jersbeker Straße. Auch hier ist das Dach zum Kardinalproblem geworden. © HA | Lutz Kastendieck

Als besonders problematisch gilt auch hier die Eindeckung des Gebäudes. „Weil das Bitumenflachdach undicht ist, kam es wiederholt zu Wassereintritten mit starken Durchfeuchtungen, insbesondere im Bereich der Sanitäranlagen für die Kinder und im Flur“, schildert Stefanie Otremba vom Fachbereich Bürgerservice, Bildung und Soziales die unhaltbaren Zustände.

Kita Jersbeker Straße wurde 1976 gebaut

Bereits im Jahr der Kita-Übernahme durch die Arbeiterwohlfahrt war mehrfach versucht worden, die größten Löcher zu stopfen. Nachhaltigem Erfolg waren den Reparaturen indes nicht beschieden. Zu oft war in der Vergangenheit versucht worden, die prekären Stellen abzudichten, ohne dem Problem wirklich Herr zu werden. Wegen einer festgestellten Kontaminierung mit Schimmelpilzen ist im Januar 2021 sogar eine Luftreinigung mittels Raumluftwäschen veranlasst worden.

Auch in diesem Fall kam der Gutachter zu dem Schluss, dass eine Komplettsanierung des Daches der 1976 errichteten Kindertagesstätte unumgänglich sei. „Um die Dichtheit wieder herzustellen, ist mindestens ein kompletter Rückbau der obersten Dichtungslage und Dämmschicht sowie ein Wiederaufbau einer neuen Dachabdichtung inklusive aller Bauteilanschlüsse notwendig“, konstatierte Gutachter Jan Wiedemann.

Allerdings ist es damit bei Weitem noch nicht getan. Moniert werden von der Kitaleitung zudem die allzu laute Lüftungsanlage im Sanitärbereich, Verkabelungen in Reichweite der Kinder, ein nicht mehr zeitgemäßes Lichtkonzept in den Gruppenräumen, unzureichender Schall- und Wärmeschutz sowie ein zu klein bemessener Raum für die Mitarbeiter.

Die Ausschreibung für die Dachsanierung soll laut Rathaus im Mai/Juni dieses Jahres erfolgen, nachdem Möglichkeiten für das Einwerben von Fördermitteln ausgelotet worden sind. Die längst überfälligen Baumaßnahmen werden aller Voraussicht nicht vor Anfang 2024 beginnen.