Glinde. Suck‘sche Kate in Glinde war Kulturdenkmal. Feuer durchkreuzt Kauf durch Kommune. Neue Verhandlungen mit dem Eigentümer geplant.
Der Anblick ist erschreckend und für viele Menschen ein Ärgernis: Unweit vom Glinder Marktplatz entfernt an der Dorfstraße befindet sich ein Schandfleck – seit zehneinhalb Monaten. Es handelt sich um die Suck‘sche Kate. Oder besser gesagt, was davon übrig geblieben ist. Denn bei einem Brand wurde das Gebäude, ein Wahrzeichen der Stadt, zerstört. Der Eigner macht keine Anstalten, die Ruine zu beseitigen. Und das rund 2000 Quadratmeter große Grundstück ist inzwischen zugewachsen, gleicht einem Dschungel. Warum schafft er keine Ordnung?
Bürgermeister Rainhard Zug hat eine Vermutung, die er auf der jüngsten Sitzung der Stadtvertretung so kommunizierte: „Das hat wahrscheinlich strategische Gründe.“ Genauere Ausführungen musste er nicht machen. Was der Verwaltungschef damit meint, war allen Anwesenden klar. Der Geschäftsmann aus Hamburg will durch seine Untätigkeit den Druck auf die Politik erhöhen, mit dem Ziel, dass seine Preisvorstellungen akzeptiert werden. Im April 2023 sprachen sich die Entscheidungsträger mehrheitlich für den Erwerb der Kate aus, im Etat waren 600.000 Euro vermerkt. 550.000 sollte der Eigner einstreichen, der Rest war für Grunderwerbssteuer und den Notar gedacht.
Historische Immobilie: Suck‘sche Kate in Glinde stand unter Denkmalschutz
Ohne Gebäude wollten die Parteienvertreter dann doch nicht mehr so viel zahlen. „Für uns als Stadt hat das Grundstück an Wert verloren, der Eigner sieht das anders“, sagte Zug im Februar. Zuletzt hatte er nach eigenen Angaben im Herbst Kontakt mit dem Unternehmer. Ein Preisschild gab ihm die Politik seinerzeit nicht mit. Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht und möchte die Summe drücken, weil das Gelände als Grünfläche gilt. Sie müsste erst einen Bebauungsplan aufstellen, damit dort Häuser hochgezogen werden können. Für den Eigentümer hätte man das nie getan und geht davon aus, dass dieser unter den aktuellen Voraussetzungen keine weiteren Interessenten findet. Auf der anderen Seite heißt es, er sei wohlhabend und auf das Geld nicht angewiesen. „Der Eigner spielt mit uns, er hat Zeit“, sagt SPD-Fraktionsvizin Marlies Kröpke. Der Geschäftsführer einer Firma für Schadstoffsanierungen war für diese Redaktion nicht erreichbar.
Die 1855 erbaute Kate war ein ortsprägendes Gebäude im Fachwerkstil mit Reetdach und stand unter Denkmalschutz. Der ist nun erloschen. Der Politik ging es in erster Linie um den Erhalt der Immobilie, weshalb sie dem Bürgermeister ein Mandat erteilte für Verhandlungen. Als der Geschäftsmann das Haus 2012 erwarb, kündigte er eine Sanierung an, um angeblich selbst einzuziehen. Es waren leere Versprechen. Der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich. Glinder gingen auf die Straße und protestierten, es gründete sich eine Bürgerinitiative. Das alles ließ ihn kalt. Einladungen zu Ausschusssitzungen, um Stellung zu nehmen, schlug der Mann aus. Die Stadt liebäugelte mit einem Enteignungsverfahren, machte nur wegen mangelnder Erfolgsaussichten einen Rückzieher.
Gebäude war ohne Strom: Vieles deutet auf Brandstiftung hin
Auflagen der Denkmalschutzbehörde erfüllte der Eigner, brachte zum Beispiel Stützbalken an für die Standsicherheit. Er ließ aber auch mal Fristen verstreichen und kassierte dafür ein sogenanntes Zwangsgeld. Die Kosten für eine Sanierung schätzte ein Architekt auf zwei Millionen Euro. Wie Glinde das finanzieren kann, dafür gab es verschiedene Ideen. Zum Beispiel Wohnbebauung erlauben und dadurch Einnahmen generieren. Auf einen gemeinsamen Nenner kamen die Fraktionen allerdings nicht, selbst innerhalb von Parteien war man sich teilweise uneins. „Die SPD möchte an der Stelle einen Park für die Bürger und keine neuen Gebäude“, sagt Kröpke. Auch ohne ein Konzept für die künftige Nutzung des Areals hätte Glinde zugegriffen. Motto: erstmal die Immobilie sichern und danach weiter ringen um eine Lösung. Der Brand in der Nacht zum 11. Juli 2023 durchkreuzte die Pläne.
Wurde das Feuer gelegt? „Nach dem derzeitigen Stand ist die Kate stromlos gewesen. Eine technische Ursache für den Brand dürfte daher nach vorläufiger Bewertung eher auszuschließen sein. Ein Brandgutachten liegt hier allerdings bislang nicht vor“, sagt Jens Buscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck. Die Grünen halten Schäden für die Umwelt durch die Ruine für möglich, wollen Klärung, ob zum Beispiel Grundwasser und Böden in der Umgebung belastet sind. Dafür ist laut Zug nicht seine Verwaltung zuständig. Er wird jetzt der Bitte nachkommen, sich bei den entsprechenden Behörden zu informieren.
Bürgermeister soll neues Mandat für Verhandlungen erhalten
Die Grünen hatten das Thema bei der jüngsten Parlamentssitzung auf die Tagesordnung gebracht. Besucher, die einen neuen Vorstoß in Sachen Grunderwerb erwartet hatten, wurden enttäuscht. Es gab nicht eine Willenserklärung. Zug sagt, er benötige ein Mandat für weitere Gespräche mit dem Eigentümer. Das wird er wohl demnächst erhalten. Der CDU-Ortsvorsitzende Claus Peters: „Wir müssen zeitnah den nächsten Schritt gehen, um eine Lösung im Sinne der Stadt und ihrer Bürger herbeizuführen. Also Verhandlungen wieder aufnehmen und ein für beide Seiten annehmbares Ergebnis erzielen.“ Grünen-Fraktionschefin Martina von Bargen sagte im Nachgang der Stadtvertretung, ihre Partei werde sich für einen schnellen Kauf einsetzen.
Ihren Frust über den Zustand des Areals haben Unbekannte jetzt Ausdruck verliehen mit gelben Zetteln in Klarsichtfolie, die am Gartenzaun angebracht sind. Darauf steht in schwarzer Schrift unter anderem „Der Eigentümer haftet für die Kinder“ und „Lieber Eigentümer, bitte entsorgen Sie den Brandabfall!“.