Bad Oldesloe. Kirschlorbeer, Lupinen und Co. sind beliebt, bergen aber Risiken für die Natur. Welche das sind und welche Alternativen es gibt.
Pflanzen schaffen es nur selten in die Schlagzeilen. Eine Ausnahme aus der jüngsten Zeit ist der Kirschlorbeer. Seit die Schweiz beschlossen hat, den Verkauf und die Weitergabe der bei Gartenbesitzern beliebten Pflanze ab 1. September zu verbieten, wird auch in Deutschland über die Schattenseiten des immergrünen winterharten Strauchs diskutiert. Denn er zählt zu den invasiven Pflanzenarten.
Das sind gebietsfremde, eingeschleppte Arten, so genannte Neophyten, die aufgrund bestimmter Eigenschaften hier angesiedelt wurden, aber gravierende negative Auswirkungen auf andere Arten und Biotope haben. Mit dem heimischen Pflanzenbestand konkurrieren sie um Ressourcen und Lebensräume: So verdrängt der Kirschlorbeer andere Pflanzen und Kräuter, die ihrerseits eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel und Insekten bilden. Finden die Tiere weniger Futter, geht die Population zurück, nimmt die Biodiversität ab. Sowohl die Blütenstände als auch die Beeren sind für nahezu alle Wildtiere wertlos. Zudem geht von den Früchten und Blättern aufgrund ihres Blausäuregehalts eine gesundheitliche Gefahr für Mensch und Tier aus.
Exoten im heimischen Garten: Kirschlorbeer ist schwer loszuwerden
Aus diesen Gründen rät Janina Philipp, Leiterin der Nabu-Geschäftsstelle Schleswig-Holstein, Gartenbesitzern zumindest von einer Neupflanzung des Kirschlorbeer ab. Eine Hardlinerin ist sie jedoch nicht. Sie sagt: „Wer bereits Exemplare im Bestand hat, muss für sich die Entscheidung treffen, ob er sie ausbuddelt oder akzeptiert.“ Es sei ohnehin nicht leicht, den Kirschlorbeer loszuwerden. Philipp sagt: „Hat man ihn erst einmal, bekommt man ihn nicht einfach so weg.“
Sie weiß, wovon sie spricht, hat es selbst versucht und den Kampf gegen den Eindringling nur zum Teil gewonnen. Die Vorbesitzer ihres Gartens hatten ihr gleich mehrere Sträucher hinterlassen. „Einer war fünf Meter hoch, da musste man mit einem Bagger ran.“ Andere ließ sie stehen, sorgt aber mit regelmäßigem Beschnitt dafür, dass sich gar nicht erst Blütenstände bilden können. Selbst die Entsorgung sei problematisch, in einigen Kommunen fielen dafür extra Gebühren an. Zudem sei der Grünschnitt sehr schlecht kompostierbar. Das verführt so manchen Gartenbesitzer dazu, den Abfall im Wald abzuladen. Das ist nicht nur verboten, sondern auch in anderer Hinsicht eine ganz schlechte Idee. Philipp: „Wenn die Pflanze sich im Wald ausbreiten kann, wie sie möchte, legt sie erst so richtig los.“
In Norddeutschland beliebte Friesenwallpflanze überwuchert alles
Im schlimmsten Fall verdrängen Neophyten ganze Artengemeinschaften, verändern Standortbedingungen und somit ökologische Kreisläufe. Wie die aus Nordamerika stammende Robinie, die auch unter dem Namen Silberregen bekannt ist. Sie breitet sich auf Magerwiesen aus, wo sie den Boden mit Stickstoff anreichert. Durch die Überdüngung und die Beschattung gehen viele seltene Kräuter und Orchideen zugrunde. Anderes Beispiel: die Kartoffelrose. „Das ist die typische Friesenwallpflanze“, sagt Philipp. „Sie ist wunderschön und duftet herrlich, aber wenn sie an den Küsten unterwegs ist, bildet sie schnell eine riesige Fläche und überwuchert alles.“ Damit bedroht sie unter anderem die einheimische Bibernell-Rose in ihrem Bestand.
Dem Biologen Rainer Borcherding, Artenschutzexperte des schleswig-holsteinischen BUND, ist insbesondere der japanische Staudenknöterich ein Dorn im Auge. „Den sollte sich niemand in den Garten pflanzen“, warnt er. „Das ist die Hölle, er wächst ganze Wiesen zu, hat anderhalb Meter lange Wurzeln und wird bis zu vier Meter hoch.“ Einziger Vorteil: Die Bienen gehen an die Blüten.
Amerikanische Traubenkirsche sorgt für Probleme in Schutzgebieten
Eine noch größere Bedrohung für den Naturschutz in Schleswig-Holstein sieht der Artenschutzexperte in der Ausbreitung der Amerikanischen Traubenkirsche, der armenischen Brombeere und der Heraklesstaude (Riesen-Bärenklau). Letztere holt sich niemand freiwillig in den Garten, Traubenkirsche hingegen schon. In verschiedenen Schutzgebieten sorgt sie bereits für große Probleme. Ihr Wuchs lässt sich nur schwer eindämmen, hinzu kommt, dass sie zum Stockausschlag neigt. Das macht sie zu einer Gefahr für die ursprüngliche Kraut- und Strauchflora, wie sie in Laubwäldern und an halboffenen Standplätzen zu finden ist. Die Armenische Brombeere stammt ebenfalls aus dem Gartenbau, ist extrem robust, verwildert leicht und verbreitet sich rasend schnell. Sie hat hartnäckige Wurzeln, aus denen die Pflanze immer wieder austreiben kann.
Selbst im Gartenteich kann eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht lauern: Das Nadelkraut wird oft als ideale Wasserpflanze angepriesen, doch hat es in sich, weiß Borcherding. Er sagt: „Diese Pflanze ist die schlimmste bekannte Bedrohung für unsere heimischen Gewässer.“ Innerhalb von ein bis zwei Jahren gelinge es dem Nadelkraut, ganze Teiche und Gräben sowie alle Ufer mit einem 20 Zentimeter dicken grünen Teppich zu überziehen. „Alle kleineren Pflanzen werden überwuchert und die für Frösche, Kröten und Insekten wichtige Uferzone verschwindet unter der Nadelkrautdecke.“
Das indische oder drüsige Springkraut wurde als Zierpflanze eingeführt. „Das ist eine der Arten, die eher angenommen wird“, sagt Borcherding. Es sei einjährig und lasse sich im Garten leicht herausreißen oder jäten. An Bachtälern und Flussläufen werde es hingegen dominierend, bis es mitunter der einzige Bewuchs der Ufer sei. Positive Eigenschaften weise auch der ausbreitungsstarke Sommerflieder auf. „Ich habe auch einen in meinem Garten“, sagt der Experte. „Für die gängigen Tagfalter ist er grandios.“
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Eine hervorragende Alternative zu Kirschlorbeer-Hecken sei der Liguster. „Er ist winterfest, duftet gut, ist die einzige Nahrung für Ligusterschwärmer und die Amseln mögen die Beeren.“ Philipp nennt außerdem die Hainbuche, die ihr Laub erst im Frühjahr verliert, kurz darauf wieder austreibt und vielen Vögeln Unterschlupf bietet, die immergrüne Eibe, den duftenden Weißdorn oder die Schlehe. „An typischen Heckengewächsen gibt es ein riesiges heimisches Repertoire“, sagt sie. Hoffnung auf eine blickdichte und zugleich pflegeleichte Lösung macht sie nicht. „Das bietet höchstens eine Betonwand“, sagt sie und lacht. Borcherding legt Gartenfreunden, die sich näher mit dem Thema beschäftigen wollen, die Broschüren des Nabu über naturnahe Gärten ans Herz. Mehr Infos gibt es unter schleswig-holstein.nabu.de. Unter summende-gaerten.de gibt es eine Liste ehrenamtlicher regionaler Berater, unter anderem für Stormarn, die bei der Gestaltung insektennaher Gärten unterstützen.