Großhansdorf. Diesjährige Porträtkünstlerin Asya Fateyeva erfindet das Saxofon neu. Wenn sie über ihre Heimat spricht, wird sie nachdenklich.

Erklingt ein Saxofon, denken die meisten wohl an Jazz und Südstaaten-Flair. Es ist dieses Klischee, gegen das Asya Fateyeva anspielt. Die 33-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Saxofon als klassisches Instrument populärer zu machen. Gelegenheit hat sie dazu in diesem Sommer: Die Großhansdorferin ist als Porträtkünstlerin das Gesicht des diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF), das vom 6. Juli bis zum 1. September stattfindet.

„Das Saxofon wurde erfunden, lange bevor der Jazz in Amerika aufkam“, sagt Fateyeva. Erdacht hatte es sein Erfinder, der Belgier Adolphe Sax, 1840 als Orchesterinstrument. Erst im 20. Jahrhundert wurde es stilbildend für die Jazz- und Swingmusik. Diese Wahrnehmung möchte die 33-Jährige aufbrechen. „Ich möchte zeigen, dass das Saxofon nicht nur cool sein kann, sondern auch sanft und schön“, sagt sie.

Das Gesicht des SHMF ist am Hamburger Stadtrand zu Hause

Geboren wurde Fateyeva auf der Krim. Verwandte der Musikerin leben noch immer auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel. „Meine Tante wohnt in Kertsch. Natürlich habe ich jeden Tag große Angst um sie“, sagt die 33-Jährige. 2015, etwa ein Jahr, nachdem Putins Truppen die Krim besetzt hatten, besuchte Fateyeva zuletzt die Heimat ihrer Familie. Es falle ihr noch immer schwer, daran zu denken, dass dort seit mittlerweile mehr als zwei Jahren Krieg herrsche, sagt sie.

Der russische Einmarsch in die Ukraine habe sie, wie die meisten Menschen, tief schockiert. „Russland und die Ukraine waren sich so nah. Dort, wo ich herkomme, gibt es viele Familien, da kommt ein Elternteil aus Russland und eins aus der Ukraine“, erzählt sie. Auch, wenn derzeit kein Ende des Krieges abzusehen sei, hoffe sie, dass der Riss zwischen den beiden Nationen irgendwann überwunden werden könne.

Fateyeva möchte mir ihrer Musik einen Beitrag zu Frieden und Gemeinschaft leisten

Einen Beitrag dazu möchte Fateyeva mit ihrer Musik leisten. „Musik bedeutet Frieden und Gemeinschaft. Sie kann Menschen miteinander verbinden“, ist die 33-Jährige überzeugt. Kontakt zur Musik hatte sie schon früh, sang von klein auf im Chor und spielte Klavier. Zum Saxofon sei sie im Alter von zehn Jahren durch Zufall gekommen.

„Mein Vater hatte sich eines angeschafft. Es war schon immer sein Traum, einmal Saxofon spielen zu lernen“, erzählt Fateyeva. Also habe sie auch einmal in das Instrument hineingeblasen. „Als dann ein Ton herauskam, war das ein Wow-Moment für mich.“ Ihre Eltern erkennen das Talent ihrer Tochter und ermöglichen ihr professionellen Unterricht. „Das Saxofon kann alle Schattierungen der menschlichen Stimme wiedergeben, das macht es so besonders“, sagt die Großhansdorferin.

Mit 14 Jahren zog Fateyeva mit ihrer Familie von der Krim nach Hamburg

Bereits nach sechs Monaten tritt Fateyeva erstmals als Solistin mit einem Orchester auf. Zwei Jahre lang lernt sie an der renommierten Gnessin-Musikakademie in Moskau. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich beruflich Musik machen möchte“, sagt sie. 2005, als Fateyeva 14 Jahre alt ist, zieht die Familie nach Hamburg. Später studiert sie Musik an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, sowie in Köln und Paris.

Inzwischen ist die 33-Jährige eine weltweit gefragte Solistin, unterrichtet selbst an den Musikhochschulen in Hamburg und Lübeck. 2014 wurde Fateyeva als erste Frau beim Concours International Adolphe Sax im belgischen Dinant ausgezeichnet, einem Wettbewerb für Saxofonisten in der Heimatstadt seines Erfinders. 2016 folgte der Echo Klassik.

Am 27. Juli gibt die 33-Jährige ein Gastspiel in ihrem Heimatort Großhansdorf

Seit mittlerweile acht Jahren ist Asya Fateyeva in Großhansdorf zu Hause. Passenderweise hat sich die Auferstehungskirche in der Waldgemeinde in den vergangenen Jahren als Spielort des Schleswig-Holstein Musik Festivals etabliert und so darf ein Gastspiel der 33-Jährigen in ihrem Heimatort nicht fehlen. „Als Schleswig-Holsteinerin ist es etwas ganz Besonderes, Porträtkünstlerin des SHMF sein zu dürfen“, sagt sie.

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Der Titel des Programms könnte nicht besser in die aktuelle Zeit passen: „Voller Hoffnung!“, ist das Konzert überschrieben, das Fateyeva am 27. Juli in Großhansdorf spielt. Mit klassischen Stücken, darunter Werke der venezianischen Barockkomponistin Barbara Strozzi, aber auch modernen Kompositionen wie „Hope is a dangerous thing“ der US-amerikanischen Singer-Songwriterin Lana Del Rey, will die 33-Jährige das Publikum nach eigenen Angaben dazu einladen, über die Kraft der Hoffnung nachzudenken. „Hoffnung meint Licht und Stärke, aber kann es vielleicht auch gefährlich sein, zu viel zu hoffen? Wie zerbrechlich werden wir, wenn wir die Hoffnung verlieren?“, fragte sie.

Nur noch für wenige Konzerte der Musikerin sind Restkarten verfügbar

Das Besondere an dem Abend: Fateyeva spielt als Teil eines Barock-Ensembles. Begleitet wird sie von Luise Enzian an der Barockharfe und Thor-Harald Johnsen mit der Laute. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, wird enttäuscht sein: Die Karten für den Abend in Großhansdorf sind bereits restlos vergriffen. Interessierte haben lediglich noch die Möglichkeit, sich auf eine Warteliste setzen zu lassen, falls aus technischen Gründen doch noch zusätzliche Tickets erhältlich sein sollten.

Für andere der insgesamt 17 Konzerte, die die SHMF-Porträtkünstlerin spielen wird, sind hingegen noch einige wenige Restkarten verfügbar, zum Beispiel für die Termine in Glückstadt, auf Föhr, in Kiel, im dänischen Sonderburg, in Lübeck, Pronstorf und Meldorf. Acht verschiedene Programme hat Fateyeva im Gepäck. Mal spielt sie mit dem Festivalorchester, dann als Teil eines Barock-Trios oder unterstützt durch das NDR-Vokalensemble.

Fateyeva verspricht dem Publikum „alles außer typisch Saxophon“

„Jedes Konzert ist eine andere Reise“, sagt die 33-Jährige. Getreu ihres Mottos „Das Saxophon kann alles!“ möchte Fateyeva alle Facetten ihres Instrumentes zeigen. Sie wolle das Publikum überraschen. Die Großhansdorferin verspricht: „Es wird alles geben außer typisch Saxofon.“

Tickets und das Programm des Schleswig-Holstein Musik Festivals gibt es unter www.shmf.de.