Hamburg. 120 Menschen postierten sich, zündeten Feuertonnen an und behinderten Ausfahrt der Zusteller. Hamburger Abendblatt stark betroffen.

Eine Blockade aller Ausfahrten der Zeitungsdruckerei von Axel Springer in Ahrensburg in der Nacht von Freitag auf Sonnabend hat die Zustellung des Hamburger Abendblatts hart getroffen. Etwa 15.000 Abendblatt-Abonnentinnen und -Abonnenten konnten aufgrund dieser Blockade am Sonnabend leider nicht mit ihrer gewohnten, gedruckten Tageszeitung versorgt werden. Laut Polizei richtete sich die Blockade, die am Freitagabend gegen 21.45 Uhr begann, gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung sowie die Berichterstattung der Medien. Etwa sechs Stunden lang war dadurch die Zufahrt zu dem Betriebsgelände versperrt.

An der Protestaktion beteiligt waren rund 120 Demonstrierende, wie ein Sprecher des Polizeilagedienstes Lübeck auf Abendblatt-Anfrage bekannt gab. Die Gruppe der Teilnehmenden war bunt gemischt und bestand neben Landwirten, Augenzeugenberichten zufolge, auch aus Handwerkern und Menschen, deren Absichten nicht bekannt waren. Die Demonstrierenden blockierten drei Zufahrten zu dem Verteilzentrum und wollten damit die Auslieferung der Zeitungen verhindern. Zwar wurden die davor wartenden Lkw und Transporter zwar auf das Firmengelände gelassen, konnten es anschließend aber nicht wieder verlassen.

Wer glaubt, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit dadurch unterdrücken zu können, dass er am Ende die Herstellung von Öffentlichkeit verhindert, der beschädigt unsere Demokratie.
Carsten Brosda - Hamburgs Kultur- und Mediensenator

„Immer häufiger sehen sich Journalistinnen und Journalisten Aggressionen und Gewalt ausgesetzt. Die Blockade der Zeitungsauslieferung, nur weil den Protestierenden die Berichterstattung nicht passt, ist ein weiterer Versuch, die Presse an ihrem demokratischen Auftrag zu behindern“, verurteilte Christoph Rüth, für die Regionalmedien verantwortlicher Konzerngeschäftsführer der Funke Mediengruppe – in der auch das Hamburger Abendblatt erscheint–, die Blockade. „Für einen konstruktiven Dialog mit den Protestierenden stehen unsere Türen offen, diese Form des Protestes lehnen wir aber ab.“

„Zwar haben unsere Logistik-Mitarbeitenden alles versucht, um die Zeitungen noch zu den Abonnenten und in den Einzelhandel zu bringen. Viele Leserinnen und Leser mussten aber leider am Sonnabend ohne ihre gewohnte Zeitungslektüre auskommen. Dafür bitten wir um Entschuldigung“, so Rüth weiter. Die E-Paper-Ausgabe des Hamburger Abendblatts steht allen Abonnentinnen und Abonnenten kostenfrei zur Verfügung.

Die Menschenmenge, in der sich überwiegend Landwirte befunden haben sollen, blockierte die Ausfahrt mit Traktoren und Pkw.
Die Menschenmenge, in der sich überwiegend Landwirte befunden haben sollen, blockierte die Ausfahrt mit Traktoren und Pkw. © Filip Schwen | Filip Schwen

Eine Sprecherin der Axel Springer SE, der die Druckerei gehört, betonte mit Blick auf die Blockade die Relevanz des Zugangs zu freier Presse: „Wir appellieren an die Behörden, die Möglichkeiten des Rechtsstaats auszuschöpfen und ein klares Zeichen zu setzen: Solche Eingriffe in die demokratischen Grundrechte durch einige Wenige sind nicht zu tolerieren.“

Hamburgs Kultur- und Mediensenator Carsten Brosda (SPD) verurteilte die Aktion ebenfalls scharf: „Wer glaubt, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit dadurch unterdrücken zu können, dass er am Ende die Herstellung von Öffentlichkeit verhindert, der beschädigt unsere Demokratie.“ Dafür dürfe es kein Verständnis geben.

Ver.di-Vorsitzende verurteilt Blockade als Angriff auf die Pressefreiheit

Sandra Goldschmidt, die Hamburger Chefin der Gewerkschaft ver.di, sprach nach der Blockade der Ahrensburger Druckerei von einem Angriff auf die Pressefreiheit: „Wir als ver.di stehen solidarisch an der Seite der Journalistinnen, die jeden Tag bunt, vielfältig und unabhängig davon berichten, was in Deutschland und in Hamburg passiert und in Kommentaren auch ihre Meinung äußern. Unsere Botschaft an die Journalistinnen heißt: Lasst euch nicht einschüchtern, eure Arbeit ist wichtig und richtig“, sagte sie dem Radiosender NDR 90,3.

Ein sofortiges Ende der Blockaden von Medienhäusern und Presseverteilzentren fordern auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und dessen Bundesvorsitzender Mika Beuster. Der Versuch, die Auslieferung von Zeitungen und Zeitschriften mit vermeintlich unbequemen Inhalten zu verzögern oder gar zu verhindern, sei der Versuch, „die Pressefreiheit einzuschränken“, so der DJV.

Demo vor Axel-Springer-Druckerei Ahrensburg: Polizei aus Hamburg unterstützte

In den frühen Morgenstunden zeigten sich die Landwirte laut Polizei kooperativ und zogen wieder ab – beendet war die Aktion damit aber noch nicht. Für Zeitungsabonnenten, darunter auch Abonnenten des Hamburger Abendblatts, kam es aufgrund der Proteste am Sonnabend zu Verzögerungen in der Auslieferung. Ebenfalls betroffen waren die Leserinnen und Leser der Springer-Titel „Bild“ und „Die Welt“ sowie der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Teilnehmenden blockierten die Ausfahrten der Druckerei in Ahrensburg.
Die Teilnehmenden blockierten die Ausfahrten der Druckerei in Ahrensburg. © Michael Arning | Michael Arning

Die Protestaktion, zu der auch zwei Trecker und Fahrzeuge mit gelben Warnleuchten gehörten, war nach Auskunft der Polizei von Sonnabend nicht angemeldet oder angekündigt. Laut Polizei sollen es sich die Demonstranten vor Ort mit Campingstühlen und Feuertonnen „gemütlich“ gemacht haben. Die Feuerwehr bereitete dem Ganzen dann allerdings ein Ende und löschte die Flammen. Die Polizei Lübeck war mit 14 Personen im Einsatz, Unterstützung bekam sie aus Hamburg. Zehn weitere Einsatzkräfte kamen ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu Hilfe.

Am Ende wurden Blockierer von der Polizei abgeführt – Personalien wurden festgestellt

Zum Ende hin waren es noch zwischen 15 und 20 Blockierer, die schließlich von der Polizei abgeführt werden mussten. Nach der Personalienfeststellung wurden alle wieder entlassen. Wer die Personen waren, konnte der Lagedienst am Sonnabendmorgen nicht sagen. Allerdings soll es sich bei den zum Ende hin noch aktiven Blockierern nicht um Landwirte gehandelt haben. Gegen 4.15 Uhr am Sonnabendmorgen konnte der Einsatz beendet werden.

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In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu Straßenblockaden in Hamburg und Demonstrationen im Norden gekommen. Bereits am Donnerstag richteten sich Bauernproteste direkt an die Presse. Landwirte und andere Demonstranten blockierten die Druckerei der „Nordsee-Zeitung“ in Bremerhaven. Mit mehreren Autos, Traktoren und Transportern versperrten die 50 Demonstranten für fast drei Stunden die Einfahrt. Außerdem luden sie Mist vor der Druckerei ab. Die Auslieferung der Zeitung sei daher zeitweise verhindert worden. Erst am vergangenen Wochenende hatten etwa 70 Menschen einen Pressegroßhändler in Hamburg-Rahlstedt blockiert und so die Auslieferung von Zeitungen verzögert.

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Die Druckerei-Blockade am Wochenende zeigt, wie wichtig es ist, sich auch digital unabhängig gut informieren zu können.

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