Reinbek. Benedikt Woll (26) ist Reinbeks neuer Kirchenmusiker. Was er vorhat und zur Ahrend-Orgel in der Nathan-Söderblom-Kirche sagt.

Die Kirchenmusik wurde ihm quasi in die Wiege gelegt: Benedikt Woll wird Reinbeks neuer Kirchenmusiker. Der 26-Jährige ist ab 1. Februar zuständig für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste in Reinbek-Mitte, in Reinbek-West und für die vier Chöre der Gemeinden. Er folgt damit auf Jörg Müller, der nach mehr als 45 Jahren, am Sonntag, 4. Februar, um 10 Uhr mit einem Festgottesdienst in den Ruhestand verabschiedet wird.

Für den jungen Mann ist die Stelle eine wahre Berufung – auch wenn er sich in verschiedenen Kirchengemeinden beworben hatte und Reinbek zuvor nicht kannte. „Tatsächlich haben meine Eltern mich sonntags schon als Baby immer mit in den Gottesdienst genommen“, erzählt Benedikt Woll. „Ich soll immer, wenn die Orgel oder der Chor erklang, meinen Kopf aus dem Kinderwagen gehoben und gestaunt haben. Sobald der Pastor seine Predigt begann, habe ich dann geschrien.“

Benedikt Woll neigt den Kopf während des Gesprächs, der Schalk blitzt aus seinen Augen. Schon im zarten Alter von fünf Jahren, so wurde ihm erzählt, habe er als Berufswunsch ‚Kirchenmusiker‘ angegeben. „Wie das bei kleinen Jungs so ist, wechselte das zwar auch mal, und Polizist oder Lokführer wurden meine Favoriten, dennoch blieb meine Liebe zur Orgelmusik“, sagt er.

Flamme der Begeisterung für Kirchenmusik entfachen

Der gebürtige Baden-Württemberger, der heute in der Näher von Buxtehude lebt, sang schon vor dem Grundschulalter im Kinderchor, erhielt mit sechs Jahren den ersten Klavierunterricht. „Eigentlich wollte ich sofort Orgelunterricht nehmen, aber das geht natürlich nicht.“ Trotzdem übte er auf der Orgel, sodass er mit elf Jahren vertretungsweise in seinem ersten Gottesdienst spielte. „Die ersten richtigen Stunden erhielt ich dann mit 14 Jahren“, erinnert er sich.

Der Klang der Ahrendorgel gefällt Benedikt Woll sehr.
Der Klang der Ahrendorgel gefällt Benedikt Woll sehr. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Seine Liebe zur Orgel habe ihn durch die gesamte Schulzeit getragen. Daran konnte auch ein dreiwöchiges Praktikum bei der Polizei nichts ändern. „Während dieser Zeit habe ich gemerkt, dass ich zwar schon gern mit Menschen arbeite, aber doch lieber präventiv dafür sorgen möchte, dass sie ausgeglichen sind“, weiß er heute.

Im Studium endlich angekommen im Leben

Seine Schulzeit sei „schrecklich“ gewesen. Er konnte kein Verständnis dafür aufbringen, wenn seine Mitschülerinnen und Mitschüler am Montagmorgen von der Disco erzählten. „Discomusik hat mich nie interessiert. Ich war eher stolz darauf, wenn ich einen Gottesdienst gespielt hatte“, erzählt der junge Mann. Damit habe er wiederum bei seinen Mitschülern angeeckt. Es sei auch vorgekommen, dass er den Sportunterricht schwänzte, weil er lieber in der Buxtehuder Kirche Orgel geübt habe.

Erst im Studium in Hamburg wurde er nicht mehr schief angeguckt. „Ich war endlich unter Gleichgesinnten und konnte das machen, was mich wirklich interessierte.“ Seinen Master-Abschluss hat er fast in der Tasche. „Das Kirchenmusikstudium ist sehr komplex, es geht nicht allein um das Orgelspielen“, erläutert Woll. Weitere Themen seien die Chorleitung, Musiktheorie und -wissenschaft, Klavier und Gesang, Orgelimprovisation, Pop- und Jazzelemente sowie Theologie und Liturgie.

Reinbek ist für Benedikt Woll noch Neuland

Dass es mit seiner Bewerbung in der Kirchengemeinde Reinbek geklappt hat, freut Benedikt Woll sehr. „Ich habe schon nach den ersten, sehr netten Begegnungen gemerkt, dass das hier gut werden kann.“ Er habe großen Respekt vor der Aufgabe, freue sich aber schon sehr auf die ersten Gottesdienste und Chorproben. Dort will er zunächst nichts ändern, sondern erst alle Gruppen, ihre Stärken und Potenziale, kennenlernen. Er wird künftig die beiden Kindergruppen, den Jugendchor und die Kantorei leiten. „Junge Stimmen sind uns willkommen, sie können sich gern per E-Mail bei mir melden“, ermuntert er.

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Für den vierten Advent plant er bereits ein Konzert mit Bachs Weihnachtsoratorium, die Kantaten 1 bis 3. Besonders gefällt ihm die Ahrend-Orgel in der Nathan-Söderblom-Kirche. „Ein wirklich schönes Instrument, das spiel sich sehr gut“, lobt er. Mit der Orgel in Reinbek-Mitte hat er sich hingegen noch nicht so recht angefreundet.

Musiker für den Taizé-Gottesdienst gesucht

Für den 3. März ist in der Nathan-Söderblom-Kirche ein Taizé-Gottesdienst geplant. „Dafür würde ich gern eine Combo aus Gitarre, Streichern und Blockflöte zusammenstellen“, sagt Benedikt Woll. „Wer eines der Instrumente spielt, kann sich gern bei mir melden. Wir können vorher zweimal proben, um den Gottesdienst zusammen zu gestalten.“ Zu erreichen ist der neue Kantor unter kirchenmusik@kirche-reinbek.de

Neben der Musik baut Benedikt Woll gern sein eigenes Gemüse an und beschäftigt sich mit Geschichte, Physik und Mathematik. „Jetzt, da ich mich nicht mehr damit befassen muss wie in der Schule, macht das Spaß“, stellt er fest. Mathematik und Physik hätten zudem viel mit Musik zu tun: „Da geht es um Akustik, Rhythmik, Metrik, Frequenzen und Schwingungen oder um das Stimmsystem. Neue Erkenntnisse schärfen das Bewusstsein für die Musik. Diese Motivation hört man und das sieht man.“ Sein Wunsch sei es, dass auch die Chormitglieder verstehen, was da los sei. „Wenn ich es schaffe, diese kleine Flamme der Begeisterung zu entfachen, ist viel gewonnen“, erklärt Benedikt Woll.